Sonntag, 19. Mai 2019

Eurovision 2019: Quick-Check zum Voting



Israel - Räumen wir noch ein bisschen die Statistiken rund um den 64. Eurovision Song Contest auf. Zunächst einmal werfen wir einen Blick auf den Ewigen Medaillenspiegel, in dem sich die Niederlande mit fünf Siegen nun an Luxemburg vorbei auf Rang fünf schieben. Die übrigen Top Five-Platzierungen haben keine Ränge durcheinander gewirbelt. Dafür hat Nordmazedonien sein bestes Ergebnis ever erreicht, Platz acht von Tamara Todevska relativiert den elften Platz aus dem Jahr 2006. Auch San Marino verbessert seine bisherige Bestmarke, bleibt aber trotzdem im Ranking ganz weit hinten.

Fangen wir im Finale bei Deutschland an. Die S!sters haben bekanntermaßen keinen einzigen Punkt im Televoting erhalten. Von den europäischen Juroren gab es immerhin 32 Zähler. Acht davon kamen aus Dänemark, acht weitere aus Weißrussland und sechs aus der Schweiz. Fünf Punkte gab es noch aus Litauen, drei aus Australien und die ersten Punkte des Abends für Deutschland, zwei an der Zahl, kamen von der irischen Jury. Wie genau sich allerdings das weißrussische Juryvoting zusammensetzt ist nicht bekannt.

Nachdem die dortige Jury von der EBU aufgrund von Vertragsbruch für das Finale außer Gefecht gesetzt wurde, griff ein Algorithmus, der interessanterweise Israel zwölf Punkte sicherte, Estland zehn, Deutschland acht. Selbst wenn man andere Juroren oder Zuschauer als Maßstab nimmt, kommt man nicht auf dieses Ergebnis. Alle drei Nationen landeten auf Platz 19 bzw. darunter. Das gilt es von der EBU noch aufzuklären. Die deutschen Zuschauer vergaben ihre Höchstwertung an Norwegen.

Keiino aus Norwegen gewannen auch das Gesamttelevoting, insgesamt 291 Punkte kassierte "Spirit in the sky" aus ganz Europa, darunter acht Höchstwertungen. Zum Vergleich: Duncan Laurence erhielt nur von den belgischen und rumänischen Zuschauern zwölf Punkte im Televoting. Die norwegischen Zuschauer selbst lieferten ihre Punkte beim Nachbarn aus Schweden ab, John Lundvik erhielt auch von den norwegischen Juroren acht Zähler. Der 12er vom norwegischen Publikum blieb auch die einzige Höchstwertung für Schweden im Televoting.

So stellt sich bei Schweden ein Verhältnis von 93:239 Punkten ein, was wie schon im Vorjahr deutlich macht, dass Schweden ein Juryliebling ist. Ähnlich markant ist der Unterschied zwischen Jury- und Televoting bei Tschechien. Während es von den Juroren 150 Punkte gab, kassierte das Land im Televoting nur sieben Punkte und liegt damit knapp vor dem UK, das einzig und allein drei Televoting-Punkte von Irland erhielt (scheinbar aus Dank für die drei Televoting-Punkte im Semifinale vom UK an Irland), sonst aber leer ausging. Anders liegt der Fall bei San Marino. Serhat erhielt von den Juroren nur 16 Punkte, im Televoting hingegen solide 65 Zähler.

Diese stammen, mit Ausnahme von einem Punkt aus Island, ausnahmslos aus Südosteuropa. Von den Nachbarn aus Italien gab es gar keine Punkte, auch von den Juroren nicht. Italien selbst hat seinen zweiten Platz mit einem ausgeglichenen Jury-/Televoting-Verhältnis von 212:253 Punkten erreicht. Anders sieht es bei Nordmazedonien aus, Tamara erhielt 237 Jurypunkte, beim Publikum reichte es aber nur für 58 Punkte, darin enthalten sind zwei Höchstwertungen aus Serbien und Slowenien. Für Nordmazedonien dürfte es dennoch ein zufriedenstellendes Ergebnis sein, war man doch schließlich seit 2012 nicht mehr im Finale dabei.

Werfen wir einen Blick auf die Ergebnisse im ersten Halbfinale vom Dienstag. Dort landete Finnland mit Sebastian Rejman und Darude auf dem letzten Platz, holte dabei aber dennoch eine Höchstwertung, nämlich von den estnischen Zuschauern, hinzu kommen noch zwei Punkte aus Island sowie vereinzelte Jurystimmen. Erstaunlich erfolgreich lief es im Televoting für Serhat, der drei Höchstwertungen erhielt, zwölf Punkte von Ungarn, Georgien und Tschechien und auch die Jury aus Montenegro ließ es sich nicht nehmen, Serhat mit zehn Punkten zu beschenken.

Im zweiten Halbfinale schmierte Irland ab. Es gab drei Punkte aus dem britischen Televoting, acht Punkte von den italienischen Juroren und nochmals fünf aus Moldawien. Null Punkte im Televoting kassierte Österreich im Halbfinale und geht damit wieder einmal mit Deutschland d'accord. Von den Juroren gab es 21 Punkte, einen davon steuerte Deutschland bei. Die deutsche Jury zog es im Halbfinale übrigens vor, Nordmazedonien vor den Niederlanden und der Schweiz ihre Höchstwertung zu geben. Im deutschen Televoting siegte Luca Hänni vor Norwegen und den Niederlanden.

Luca erhielt im Halbfinale übrigens dreimal zwölf Punkte von den Zuschauern, wie erwähnt aus Deutschland, sowie aus Österreich und Malta. Die Schweiz selbst votierte im Televoting für Albanien, ähnlich wie im Finale, wo nur Mahmood aus Italien noch mehr Punkte aus dem Schweizer Televoting erhielt. Was im zweiten Halbfinale übrigens wieder wenig überrascht ist, dass sich die armenischen und aserbaidschanischen Juroren gegenseitig auf den letzten Platz setzten. Im armenischen Televoting landete Aserbaidschan aber überraschend auf dem elften Platz, hätte also fast noch einen Punkt erhalten. 

Das führt uns abschließend wieder zurück ins Finale. Was die einzelnen Televoting-Ergebnisse angeht, hat Deutschland wirklich auf ganzer Linie versagt. Am besten meinten es mit uns noch die Schweizer, die die S!sters im Televoting auf den elften Platz setzten. Ansonsten reihen sich die S!sters im Regelfall jenseits der 20. ein, selbst Österreich vermochte uns nur auf die 17 im Televoting zu setzen. Was das in Hinblick auf den deutschen Vorentscheid 2020 heißen mag, bleibt abzuwarten, am Ende war es aber keine Überraschung, selbst Peter Urban und Barbara Schöneberger versuchten diplomatisch zu erklären, dass man keine Chance hatte.

In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern, die bis jetzt durchgehalten haben eine gute Nacht. Wir kümmern uns später um die Aufarbeitung des Finals. Die kompletten Detaillisten des Votings kann man sich übrigens hier auf Eurovision.tv anschauen: 

1. Semifinale | 2. Semifinale | Finale