Europa - Eine Woche ist seit dem Finale des Eurovision Song Contests 2023 in Liverpool bereits wieder vergangen, in Britannien wird der Sunday Roast serviert und was wurde sich in Deutschland wieder aufgeregt... angefangen von den großen Boulevardblättern, die sich fragen, warum Deutschland sich die alljährliche Schmach überhaupt noch antut, über Plagiatsvorwürfe bis hin zu selbsternannten Experten, die mit Verbesserungsvorschlägen um die Ecke kommen oder einfach mal ins Rund brüllen, dass Deutschland besser komplett zurückzieht.
Eigentlich fehlt nur noch die obligatorische Sex-Beichte, dann wäre alles in der deutschen Presselandschaft vertreten gewesen. Der NDR lässt sich davon nicht beirren, dankte Lord of the Lost und kündigte eine Verfahrensprüfung an, ohne direkt anzukündigen, dass man das komplette Vorauswahlsystem über den Haufen werfen werde. Das sollte man sich auch gründlich überlegen, sondern vielmehr darauf aufbauen und verfeinern, was man bisher zustande gebracht hat, allen Spöttern zum Trotz. Und das zumindest im Televoting ein bisschen mehr los war, als am Ende auf dem Tableau zu finden war, haben wir ja bereits direkt bei Bekanntgabe herausgefunden.
Chris Harms, Leadsänger von Lord of the Lost postete heute übrigens ein sehr schönes Statement bei Facebook in dem es heißt: "And yes, if someone asked me to do it again next year, even if I knew we'd be last: I would do it again, without hesitation. Knowing that once you have entered the magical ESC bubble, you never get out again, leaves me with a satisfied and cozy feeling. I loved being part of that world and I'm not going to leave it." Trotz aller Kritik von Außenstehenden, die sich nur rudimentär mit dem Wettbewerb beschäftigen, hat Chris Harms erkannt, dass die Eurovision mehr ist, als nur ein simpler Beliebtheitswettbewerb und die Atmosphäre dieser Veranstaltung vermutlich unvergleichbar ist.
In Schweden haben sich unterdessen die ersten Städte zu einer potentiellen Austragung im Jahr 2024 geäußert. In Stockholm besteht das Problem, dass die Globen Arena im kommenden Jahr umfassend saniert wird und die Friends Arena zwar "nice to have" wäre, sich die dort ansässigen Fußballclubs jedoch weigern, die Halle für einen so langen Zeitraum zu räumen. Die Stadt Malmö prüft derweil bereits eine ernstzunehmende Bewerbung, weitere positive Stimmen gibt es aus Jönköping und Örnsköldsvik. Loreen hat es mit "Tattoo" in die Charts diverser Länder geschafft, vom Sender SVT ist bisher noch nicht viel an die Außenwelt gedrungen.
Dafür wird Käärijä in Finnland wie ein Volksheld verehrt. Der Zweitplatzierte von Liverpool sang gestern Abend in der Helsinki Ice Hall, das Konzert wurde online und im finnischen Fernsehen übertragen. Finnlands nationaler Rundfunk YLE hat bereits eine Fortsetzung von Uuden Musiikin Kilpailu für 2024 angekündigt und sucht im Zeitraum vom 21. bis 24. August würdige Vertreter, die sich für den Song Contest im kommenden Jahr bewerben möchten. Ebenso wurde auch das Bewerbungsfenster für das Festival in Benidorm vom spanischen Rundfunk eröffnet.
Mehrere Länder haben zudem ihre Teilnahmeabsichten am Song Contest 2024 bekundet. Neben Deutschland und den skandinavischen Nationen sind dies bislang u.a. Italien, Malta, die Niederlande und Zypern. Auch das irische Fernsehen wird im kommenden Jahr wieder aktiv teilnehmen, befindet sich aber momentan in einer kleinen Schaffenskrise nach dem neuerlichen Aus im Halbfinale mit Wild Youth. RTÉ stünde nach Aussagen von Delegationsleiter Michael Kealy zu wenig Geld zur Verfügung, um eine ansprechende Unterhaltungsshow zu produzieren, die das Ziel hat, einen Kandidaten für die Eurovision zu finden.
So ähnlich argumentiert man auch in der Slowakei, der Sender RTVS, der zuletzt 2012 einen Beitrag zum Song Contest geschickt hat, ließ mitteilen, dass die Eurovision grundsätzlich ein spannendes Projekt sei, man aufgrund von chronischer Unterfinanzierung jedoch abwägen müsse, ob man die slowakische Kultur europaweit präsentiert oder zunächst ein TV-Programm für die lokale Bevölkerung macht. Die Kosten für eine Teilnahme würden hier größtenteils an den ausgewählten Interpreten hängen bleiben, was die Optionen einer Teilnahme schon extrem einschränken würde. Eine endgültige Absage ist dies zwar noch nicht, es dürfte aber äußerst unwahrscheinlich sein, dass die Slowakei zurückkehrt.
Dafür können sich die Zuschauer im nächsten Jahr auf ein Comeback von Luxemburg freuen. Selbst im Intro der Eurovision 2023 berichteten Graham Norton und Hannah Waddingham, dass das Großherzogtum nach 30 Jahren zur Eurovision zurückkehrt. RTL Télé Lëtzebuerg wurde zwar mehr von staatlicher Seite gedrängt, als das man freiwillig in den Kreis der teilnehmenden Nationen zurückkehrt, aber immerhin dürfte es angesichts dieser Ankündigungen und PR schwer zu rechtfertigen sein, sollte man doch zurückziehen und die Rückkehr abermals ausbleiben.
In den nächsten Wochen dürften mit aller Gemütlichkeit diverse weitere Bestätigungen folgen. Ansonsten bricht in den sozialen Medien nun die Meme-Saison an, ein Zeichen dafür, dass das Sommerloch ganz allmählich über uns hereinbricht und die Nachrichten zum Eurovision Song Contest stetig weniger werden. Während die neuesten Memes irgendwie auch niemanden mehr hinter dem Ofen hervorlocken, beenden wir dieses Posting mit einer Heineken-Werbung aus dem Jahr 1987, die zeigt, dass die Briten schon immer ein bisschen spöttisch auf den Song Contest und seine Beiträge geblickt hat.
Heinecken-Werbung aus dem Jahr 1987