Slowakei - Es war ja nun eine mehr als spontane Eingebung, die ich da hatte: meinen Sommerurlaub vorziehen und für ein paar Tage Europas Osten besichtigen. Jetzt kann ich auch behaupten, dass sich die Mühen einer zwölfstündigen Bahnfahrt durch sämtliche Provinzstädte Tschechiens gelohnt hat. Bratislava - und da wird sich die örtliche Touristikbranche freuen, ist auf jeden Fall eine Reise wert.
Vor allem kommt man von der slowakischen Hauptstadt auch problemlos nach Wien oder Budapest, was ich natürlich auch gleich ausprobieren musste, aber dazu später mehr. Da die Fahrt nach Bratislava selbst relativ unspektakulär war, ich mich unterwegs nur mit zwei japanischen Reisenden, die mit mir bis Prag im Abteil saßen, unterhalten habe, lasse ich sie einfach mal aus.
Abends am Bahnhof Bratislava hlavná stanica angekommen, habe ich mir erst einmal ein Taxi organisiert - der Taxifahrer stand schon in den Startlöchern und hat mich dann in mein Hotel in den etwas abgelegenen Stadtteil Rača gebracht, der im Katalog und auf der Website des Hotels Barónka aber als ruhig und idyllisch gelegen angepriesen wurde. Wenn man die Party im Schuppen gegenüber am Samstagabend mal außer Acht lässt, war er das auch.
Am nächsten Morgen habe ich mich an der Rezeption zunächst mal darüber informiert, wie ich aus Rača in Richtung Stadtzentrum komme. Idealerweise lag die Straßenbahnhaltestelle Detvianská unweit entfernt, den kleinen Anstieg hinunter und schon konnte man mit der Linie 3 bis zum Hauptbahnhof durchfahren. Da ich diesen Weg mehr als einmal gefahren bin, hab ich mir die City Card gekauft, mit der ich für drei Tage alle Verkehrsmittel der Stadt benutzen durfte. Und Bratislava hat ein sehr gutes Netz an Bussen und Straßenbahnen, wer nicht mag, muss also auch keine großen Distanzen zu Fuß zurücklegen.
Mein Weg führte mich dann, eher unbeabsichtigt am Präsidentenpalast (Prezidenský palác) vorbei. Nach den kürzlich abgehaltenen Wahlen in der Slowakei war ich mir aber nicht wirklich sicher, wer da nun im Augenblick drin wohnt. Wer es weiß ohne bei Wikipedia vorbeizuschauen, bitte melden. Dann bin ich zunächst ein bisschen durch die historische Altstadt getigert. Leider war ich gegen Mittag unterwegs und hatte noch kein ideales Postkartenwetter, das kam erst später, als ich wieder im Hotel war.
Daher sind alle Bilder meiner Bratislava-Tour auch ein bisschen grau geworden, aber am schönen Stadtbild ändert das nichts. Nachdem ich in der Altstadt fertig war, führte mich eine Nebenstraße (ich hatte den Aufstieg für Touristen erst auf dem Rückweg gefunden) hoch zur Burg von Bratislava (Bratislavský hrad). Eine Tafel am Eingang ließ mich wissen, dass die Burg derzeit "under construction" ist und von hässlichen Gerüsten umringt war.
Oben auf der Burg hat mich dann auch eine freundliche Chinesin, die ebenfalls auf Sightseeing-Tour war, vor dem nächsten sehenswerten Bauwerk der Stadt geknipst, dem UFO, einer raumschiffartigen Aussichtsplattform auf dem Träger der Donaubrücke Nový most, die die Stadt mit dem südlichen Stadtteil Petržalka verbindet.
Der Präsidentenpalast | Ich vor der Brücke Nový Most
Die Stadt von der Burg aus betrachtet | Die Burg von Bratislava
Nachdem ich noch ein bisschen weitergewandert bin und auch am Gebäude des slowakischen Radios (Slovenský Rozhlas) vorbeigelaufen bin, hat es mich in den nächstbesten McDonalds verschlagen. Anschließend bin ich in den gegenüberliegenden Supermarkt TESCO gelaufen und war beide Male über die niedrigen Preise erstaunt. Mit Lebensmitteln eingedeckt ging es dann zunächst ins Hotel, wo ich mich für das geplante Konzert von Tomáš Bezdeda fertig gemacht hatte.
Am PKO angekommen, hieß es dann aber plötzlich, dass dort am heutigen Abend nichts stattfinden würde und weder Tublatanka (vom ESC 1994 bekannt) noch Tomáš Bezdeda auftreten würden. Etwas deprimiert, weil ich mich doch sehr auf den Zweitplatzierten der Vorentscheidung gefreut hatte, ging es nach einer Abschlusscola zurück zum Hotel.
Der nächste Tag begann dann schon recht früh, diesmal aber immerhin sonnig. Heute stand Budapest auf dem Programm. In letzter Minute kam ich am Hauptbahnhof an, nachdem ich mich mit der Fahrzeit der Straßenbahn im Berufsverkehr etwas verspekuliert hatte und saß dort erst im falschen Zug zum Wiener Südbahnhof. Dort also wieder rausgesprungen auf das nächste Gleis gelaufen, hab ich als Letzter den Zug nach Belgrad bzw. für mich bis Budapest Keleti pályaudvar bekommen. Die zweistündige Zugfahrt ging auch rasch vorbei.
In Keleti pu. angekommen musste ich erstmal durch 'ne Passkontrolle und hab' anschließend Geld gewechselt, plötzlich hatte ich mehrere Tausend Forint im Portmonée, auch nicht schlecht. Die Touristeninfo im Bahnhof hat mir auch direkt eine Budapest Card verkauft, mit der ich sämtliche Verkehrsmittel der BKV benutzen konnte und einen Stadtplan in die Hand gedrückt. Von dort aus ging es mit der M2, für mich die wichtigste U-Bahn in der ganzen Stadt, zunächst bis zur Haltestelle Kossluth tér, an der das Parlamentsgebäude gelegen war.
Das habe ich dann umrundet und stand an der Donau, von wo aus man einen tollen Ausblick auf den Burgpalast (Budavári palota) und die Fischerbastei (Halászbástya). hatte. Dort ist mir allerdings auch direkt aufgefallen, dass die Fischerbastei ebenfalls Renovierungsarbeiten ausgesetzt war, ebenso wie ein Flügel des Parlamentsgebäudes.
Über die ebenfalls bekannte Kettenbrücke (Széchenyi Lánchíd) bin ich dann über die Donau marschiert und anschließend den Berg zum Burgpalast hochgestiegen. Ähnlich wie Bratislava ist auch Budapest eine Stadt für fußfaule Menschen, es gab reichlich Sitzgelegenheiten, wo man auch mal kurz ausruhen konnte. Nach ein paar Minuten hatte ich den Hügel aber gemeistert und hatte einen prächtigen Ausblick auf Pest.
Parlamentsgebäude | Die Kettenbrücke über die Donau
Parlament #2 | Die Fischerbastei
Dort oben habe ich mich dann auch eine ganze Weile aufgehalten und mich ausgiebig umgeschaut, bevor ich den Berg hinunter zur U-Bahnstation Moszkva tér gegangen bin, wo's auch wieder schnelles Essen von McDonalds gab. Mit der U-Bahn ging's anschließend wieder an die Donau zurück (Batthyány tér). Dort bin ich noch ein bisschen an der Donau längsspaziert und anschließend über die Kettenbrücke zurück nach Pest gegangen.
Abendstimmung an der Donau | Burgpalast, heute ungarische Nationalgalerie
Von der Unglaublicherweise wurde es dann auch recht schnell Abend. Von der Kossluth tér ging es dann wieder zurück zum Ostbahnhof, wo schon mein Zug auf der Anzeige stand. Planmäßig hätte der EuroNight-Express um 19:58 Uhr über Prag und Warschau nach Minsk losfahren sollen, tat er aber erst um halb neun. Entsprechend spät, kurz nach elf, war ich dann erst wieder im Hotel, da ich keine Lust mehr auf die Straßenbahn hatte, ging's mit dem Taxi zurück nach Rača. Sicherheitsbedenken hatte ich aber keine, auch wenn ich die ganze Zeit über allein unterwegs war, fühlte ich mich auch spätabends sicherer, als daheim am Bahnhof.
Den Samstag hätte ich eigentlich in Wien verbringen sollen, da meine Füße nach der kilometerlangen Tour durch Budapest aber nicht mehr wollten, blieb ich zunächst im Hotel, machte später noch einige Besorgungen in Bratislava, schaute mir dort noch ein paar andere Ecken an, auch meinen Stadtteil Rača und war abends zu einem Fernsehabend mit slowakischen Knabbereien zurück im Hotel. Hab Frauke Ludowig und später DSDS geschaut. Wien war dann am nächsten Tag dran; mein Ticket Bratislava-Marchegg-Wien Südbahnhof war ja nicht zuggebunden.
Wien, und das mag von mir als Österreich-Fan wirklich überraschend kommen, fand ich tatsächlich, wie im Werbetrailer angepriesen "anders". Allerdings nicht unbedingt positiv und nachdem ich nun dort war, möchte ich ehrlich gesagt auch so schnell nicht wieder dorthin zurück. Sicherlich hat Wien tolle Ecken, das Schloss Schönbrunn mit seinen weitläufigen Garten- und Parkanlagen oder die Donauinsel, auf der es an so einem schönen Tag auch richtig voll war, aber an jeder Ecke klafften offene Straßen und Baustellen, ganze S-Bahnhöfe waren mit Abdeckplanen und Absperrungen blockiert und überhaupt fand ich die S-Bahn-Beschilderung eine Qual für jeden Nicht-Wiener. Nach langem Suchen und den Ratschlägen eines echten Wiener Originals, die mir viel über Kaffeehäuser und Co. erzählt hat, kam ich dann wieder am Südbahnhof an.
Der Platz vor dem Stephansdom und die kleinen Gassen ringsherum waren am Sonntag gut mit Touristen gefüllt, so dass ein Durchkommen kaum möglich war. Auch der penetrante Geruch, den die Fiaker absonderten machte die Szenerie nicht besser. Die Hofburg und die Herrengasse konnte ich mir leider auch nicht richtig anschauen, zumal das Wiener Stadtfest gerade an diesem Sonntag dort gastieren musste, wie ich später aus der Krone entnommen habe.
Das Schloss Schönbrunn jedoch hat mir ausgesprochen gut gefallen, auch hier war einiges los, allerdings verteilten sich die Touris auf ein größeres Gebiet. Dort habe ich es dann auch ziemlich lange ausgehalten, im Schlosshof eine Cola getrunken, das Labyrinth ausprobiert und zur Gloriette hochgestiegen. Für den Tagestouristen ist Schönbrunn einfach ein Muss!
Der Stephansdom von hinten | Schloss Schönbrunn
Mein Ziel, ein typisches Wiener Schnitzel zu essen habe ich allerdings in einem kleinen gemütlichen Restaurant in die Tat umgesetzt. Nachdem ich mein Programm also durch hatte, bin ich noch zum Praterstern gefahren um das Riesenrad, welches mich auch in jeder besseren Wien-Werbung anstrahlt anzuschauen. Auch hier gab es wieder eine Großbaustelle und der eigentlich kurze Weg von der U-Bahnhaltestelle zum Park dauerte knapp 15 Minuten. Dort habe ich noch ein wenig gesessen, die Sonne genossen und bin anschließend über Umwege (zweimal verfahren) wieder am Südbahnhof angekommen.
Hofburg | Das Riesenrad am Prater
Einen Zug früher als geplant, allerdings mit leckeren Kaisersemmeln, ging es für mich dann auch wieder über die slowakische Grenze und um halb sechs war ich wieder in Bratislava. Dort bin ich noch schnell in die Straßenbahn gesprungen und habe bei TESCO eingekauft. Wenig später war ich wieder im Hotel und hab langsam schon mit dem Packen begonnen. Abends bin ich nochmal durch Rača gegangen, hab auch endlich den Sendemast (Televízna veža) entdeckt.
Gestern morgen habe ich dann schließlich ausgecheckt, an der Rezeption meine letzten fehlenden slowakischen Euromünzen getauscht und mich dann aufgemacht zum Bahnhof. Am meisten werden mir die melodisch klingenden Stationsnamen der Straßenbahn (Černockého, železničná stanica Vinohrady, Ursínyho oder Račianske mýto) fehlen.
Nach zweimaligem Umsteigen in Prag-Holešovice und Berlin Hbf (tief) war ich dann um 21 Uhr wieder zuhause und auch ganz froh, nach einem tollen aber auch anstrengenden Kurzurlaub wieder zuhause zu sein. Fazit: Bratislava ist auf alle Fälle eine Reise wert!