Sonntag, 12. Mai 2019

Let’s sort it out! - Unser Quali-Tipp (2)



Wer kommt weiter, wer muss die Koffer packen? Matthias wagt eine Prognose, fürs zweite Halbfinale

Gestern habe ich hier aus den 17 Beiträgen des ersten Semifinals die neun Songs herausgefischt, die es meiner Einschätzung nach vermutlich ins Finale schaffen werden (plus zwei, die ums 10. Finalticket ringen werden). Nun das gleiche fürs zwei Halbfinale mit 18 Liedern. 

Sieben Acts, die rausfliegen
Auch wenn ich dem armen Eurofire gestern schon mit dem Verriss von D mol das Herz gebrochen habe: Jetzt muss ich hier leider auch Sarah McTernan aufs Abstellgleis schieben. So nett „22“ auch sein mag:  Irland tut sich mit dieser verkitschten „1950s American Diner“-Szenerie keinen Gefallen. Alles inklusive Backdrop ist viel zu bunt, extrem zuckrig. Und Sarah kommt auch nicht so sympathisch rüber. 

Letzte wird Sarah im Semi vermutlich nicht. Denn da gibt’s ja noch  Lettland. Mal ehrlich, wer soll für dieses verschnarchte Nichts anrufen, das sich in der letzten Minute auch noch im x-maligen Wiederholen des Refrains erschöpft? Die sehen alle auch schon so gelangweilt drein – quasi das Spiegelbild der Zuschauer. Das Carousel dreht sich nach Donnerstag nicht mehr.

 Albanien ist not amused: Offenbar macht die Technik vor Ort der geplanten Inszenierung mit Adler einen Strich durch die Rechnung. Ich finde, es sieht auch so ganz gut aus. Eine kühl und unnahbar wirkende Sängerin und ein eher sperriges Lied machen aber die Finalhoffnungen für „Ktheju tokës“ zunichte. 

Oje,  Kroatien. Hast du denn aus dem Modeunfall 2016 mit Nina Kraljić gar nichts gelernt? Gut, Nina kam immerhin noch ins Finale (trotz des Grauens). Aber Rokos goldene Engelsflügel, die auch noch lahm an seinen Seiten herunterhängen, gehen überhaupt nicht! Das Lied ist vielleicht etwas zu schmalzig-künstlich, aber Roko singt toll. Es hätte also schon was mit dem Finale werden können. Aber so macht man sich lächerlich.

 Österreich bemüht sich nach Kräften, aus „Limits“ noch was rauszuholen – und am Bildschirm sehen die Lichtspielereien auch nett aus. Das Grundproblem ist nur: So okay „Limits“ auch sein mag und so kunstvoll – es ist halt einfach kein Festivallied. Das hört man sich gern auf CD an, aber es taugt leider null für eine Unterhaltungsshow. Geht im restlichen Angebot unter.

Lettlands südlicher Nachbar  Litauen ist ja ohnehin kein ESC-Erfolgsland, und Jurij tritt leider nicht in Ievas Fußstapfen Richtung Finale. Zwar ist „Run with the Lions“ das deutlich bessere Lied verglichen mit „That Night“, aber so richtig überzeugt Jurj auf der Bühne halt auch nicht. Die warmen Farben gefallen mir, aber womöglich ist mit diesem Lied und diesem Sänger einfach nicht mehr drin als maximal Platz 12 im Semi. Aber who knows…? 

Das Abschneiden  Rumäniens ist wirklich schwer zu prognostizieren: Am Bildschirm kommt Ester Peony eher zickig rüber, aber das liegt evtl. auch einfach am Song. „On a Sunday“ ist auf der Skala zwischen mies und top auch ziemlich in der Mitte. Seit letztem Jahr ist Rumänien nicht mehr die sichere ESC-Bank, und so schätze ich, dass auch dieses Jahr das Aus im Semi kommt. 

Zwei Acts, die bangen müssen
Als bei der ersten Probe von  Moldawien plötzlich die Sandmalerin (sorry… Schneemalerin!) auftauchte, war ich hin und hergerissen: a) Die Zuschauer würden sich an Ukraine 2011 zurückerinnern und denken „Hatten wir schon mal“ – Minuspunkt also für Anna Odobescu; b) Die Zuschauer fänden das, was die Malerin da tut, trotzdem super – also Pluspunkt. Aufs Minuskonto zahlen allerdings die eher mäßige Stimmqualität und der nach Schema F (allerdings Schema F des ESC von vor 30 Jahren) gestrickte Song ein.

Dennoch würde ich „Stay“ nicht völlig abschreiben. Annas Hauptkonkurrentin um ein Finalticket dürfte Tamara Todevska aus  Nordmazedonien sein. Und die hat zumindest das etwas modernere Lied im Gepäck und singt es auch gut. Mir erschließt sich das Arsenal an Spiegeln bzw. deren gewünschte Wirkung nicht, aber dafür die Botschaft des Liedes. Und Nachbarländer werden Tamara zu Punkten verhelfen.

Vier Acts, die es schaffen
Lehne ich mich zu weit aus dem Fenster, wenn ich  Norwegen das Finalticket vorab rüberreiche? Weil „Spirit in the sky“ meine persönliche Nummer 1 ist und ich nicht glauben möchte, dass es den Weg von „Verona“ geht, also zum Fanfail 2019 wird? Angesichts des nicht völlig überzeugenden Auftritts beim Melodi Grand Prix und der Cheesy-Gefahr des Liedes sah es erst mal nicht gut aus für KEiiNO. Doch die Proben haben gezeigt: Stimmlich hat das Trio die letzten Wochen ideal genutzt. Könnte also was werden mit Finale.

Nachbar  Dänemark zählt auch zu den hard cases in diesem Jahr. Eigentlich hätte ich die Kategorie der Wackelkandidaten weiter ausdehnen müssen – denn so ganz überzeugt bin ich, offen gestanden, von Leonores Erfolg noch nicht. Finden die Zuschauer den Song zu klebrig? Den riesigen Stuhl affig? Leonore zu streng? Die Fans scheinen eher kritisch. Aber 10 Beiträge müssen ja nun mal ins Finale. 😉

Der Weg dorthin steht Srbuk offen. Die Show, die  Armenien da auf die Bühne bringt, ist echt was fürs Auge: Feuer, Pyrotechnik, scheinbar zerspringendes Glas, dazu eine Frau, die sich die Seele aus dem Leib schreit. Dynamik pur, und ein gut instrumentiertes Lied dazu! Stört sich jemand dran, dass Srbuk allein auf der Bühne ist? Ich jedenfalls nicht. 

Jedes Jahr gibt es ja 1-2 Länder, die man vor Probenbeginn kaum auf dem Zettel hatte. In diesem Jahr ist das  Malta. Was haben die denn aus diesem Lied rausgeholt?!? Vergessen sind die grottigen Inszenierungen der letzten Jahre. „Chameleon“ kann sich sehen lassen, und Michela macht die Sache auch ganz ordentlich. Leider überschatten technische Probleme das ganze. Zuletzt probte Malta den Plan B. Lassen wir uns überraschen, was wir am Ende sehen werden.

Fünf Acts, die sich gar keine Sorgen machen müssen 
Nun ja… aktuell macht sich so mancher Fan durchaus noch Sorgen. Um den Auftritt der  Niederlande nämlich. Der war bisher noch nicht in trockenen Tüchern. Die Delegation probierte munter weiter aus (wozu Proben im Grunde auch da sind), vor allem hinsichtlich dieser Lampe, die man auch weglassen könnte. Sie soll eigentlich von der Decke hängen. Mal sehen, ob man das noch hinbekommt. Daran sollte der klare Finaleinzug des Gesamtsieg-Aspiranten aber nicht scheitern. Ein starker Song, den Duncan einfach überzeugend singt.

In den Kampf um die vorderen Plätze hat sich Chingiz eingeschaltet.  Aserbaidschan könnte das erste Mal seit 2013 wieder einen Top-10-Rang im Finale ergattern. Den aktuell 4. Platz bei den Wettbüros halte ich für überzogen, aber dass wir „Truth“ am Samstag hören werden, dürfte ganz sicher sein. Die Inszenierung wirkt etwas steif angesichts des tanzbaren Songs, aber Künstliche Intelligenz das gebrochene Herz reparieren zu lassen, ist so innovativ, dass die Leute dafür anrufen werden.

Im Gesamtranking der Buchmacher für den Sieg verliert Luca Hänni derzeit an Schwung. Doch um den Finaleinzug muss die  Schweiz nicht bangen. Eine dynamische Inszenierung, eine gut abgestimmte Dance-Choreo, die Luca nicht die Stimme raubt, und ein eingängiger Song, dargeboten von einem attraktiven Charmebolzen – ein rundes Paket fürs Finale.

 Russland will unbedingt gewinnen. Sergey will die Schmach von Stockholm vergessen machen. Das merkt man dem ganzen leider ein wenig an: Der Auftritt ist halt ein wenig zu gewollt. Der achtfache Sergey könnte als Selbstverliebtheit ausgelegt werden. Aber das Gesamtpaket ist schon ein Hingucker, gesungen wird  „Scream“ auch gut. Am Ticket fürs Finale zweifelt wohl niemand.

Das gilt auch für  Schweden. Die Performance stand schon beim Melodifestivalen wie eine Eins, daran musste das Team nur noch wenig schleifen. Die Bewegungen sitzen, John und seine „Mamas“ kommen sympathisch rüber, der Refrain macht gute Laune. Das findet definitiv genügend Anhänger, die dafür anrufen werden. Too late for final? In keinem Fall!

Wie sehen eure Tipps aus? Schreibt es unten in die Kommentare! Ich bin gespannt.