Österreich - Im Südostflügel der Wiener Hofburg fand der 12. Eurovision Song Contest des ORF statt. Grund hierfür war der erste und bis heute auch einzige Sieg Österreichs im Wettbewerb durch Udo Jürgens im 20. Jahrhundert, ehe Conchita Wurst im Jahr 2014 für einen Aufschrei sorgen sollte. So kam es, dass insgesamt siebzehn Nationen am 8. April 1967 um den Titel sangen. Somit waren es erstmals weniger Nationen als im Vorjahr, die dem Liederwettstreit eine Ehre machten.
Nicht dabei war das dänische Fernsehen, dass eine längere Verschnaufpause einlegen sollte. Dafür begrüßte die Moderatorin des Abends, Erika Vaal, das Publikum ausführlich auf Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch und sogar auf Serbisch, entschuldigte sich zugleich aber bei allen anderen Teilnehmerländern, insbesondere den skandinavischen Nationen, dass sie entsprechende Sprachen aufgrund der Kürze an Vorbereitungszeit nicht konnte, versprach aber sie im Falle eines weiteren österreichischen Sieges zu lernen. Erstmals gab es auch Eindrücke von dem Spektakel hinter den Kulissen, da die erste Kamera aus dem Greenroom sendete.
"Ringe Dinge" hieß es als Erstes, die Niederlande schickten die Sängerin Thérèse Steinmetz nach Wien, die an die alten erfolgreichen Zeiten anschließen und den Wettbewerb zurück nach Holland holen sollte. Das Ergebnis von lediglich zwei Punkten sprach jedoch Bände. Zumindest später, im Jahr 1970 sollte sie beim rumänischen Liederfestival Cerbul de Aur jedoch den Sieg um den "Goldenen Hirsch" erringen.
Den 14. Platz teilten sich die Niederlande mit Norwegen, dass Kirsti Sparboe zum zweiten Mal nach 1965 mit ihrem Lied über einen Puppenspieler entsendete und dem Gastgeber Österreich, dessen Interpret Peter Horten, immerhin schon Teilnehmer der ersten Beatoper der Welt, darüber sang, warum es 100.000 Sterne gibt. Später probierte er es erfolglos bei der deutschen Vorentscheidung 1972 und 1975. Soweit bekannt ist sein Ziel heute, mit musik die ästhetische Sinnlichkeit zu stärken, außer jeweils einem Juroren aus Jugoslawien und Portugal verstand ihn aber niemand.
Nicht viel erfolgreicher, aber dafür auffälliger, da er der erste farbige Mann auf einer Song Contest-Bühne war, war Eduardo Nascimento. In den 60er Jahren kam er aus Angola nach Portugal um dort an Festivals teilzunehmen. Sein Titel "O vento mudou" ("Der Wind drehte sich") erreichte den 12. Platz. Dem Ergebnis geschuldet beendete er im Folgejahr seine musikalische Karriere und kehrte 1969 nach Angola zurück. Nur mäßig erfolgreicher lief es für Jugoslawien, das eine Grabeshymne auf Slowenisch vortrug.
Gleichauf mit Eduardo Nascimento lag am Ende des Abends das musikalische Schwergewicht Fredi aus Finnland. Mit einer todtraurigen Ballade namens "Varjoon-Suojaan", die ökobewusst von einem gleißenden Himmel handelte, wurde er ebenfalls Zwölfter, seinen bekannteren Auftritt sollte Fredi allerdings erst im Jahr 1976 haben. Dafür gab es bereits in diesem Jahr einiger Rückkehrer, darunter aus Italien und Spanien.
Für beide Nationen lief es besser, Claudio Villa, den aktuelle San Remo-Sieger, der sein Land fünf Jahre zuvor vertreten hatte, belegte den elften Platz, Raphael aus Spanien mit "Hablemos del amor" den sechsten Rang. Beide Beiträge waren hochdramatisch intoniert und dargeboten, scheinbar aber nicht mehr zeitgemäß, sodass sie nur im Mittelfeld landeten.
Dort endete auch der deutsche Beitrag für Wien. Vertreten wurde die Bundesrepublik durch die 1936 in Mannheim geborene Sängerin Inge Brück, die ihre Karriere mehr oder weniger beim Deutschen Jazzfestival 1956 startete und später mit Orchestern von Hazy Osterwalder und Horst Jankowski durch die Weltgeschichte fuhr. 1966 gewann sie das Songfestival von Rio de Janeiro und wurde 1967 intern für die Eurovision ausgewählt.
Komponist des Titels "Anouschka" war Hans Blum, der später als Henri Valentino bekannt wurde und auch schon den "Zigeunerjungen" auf dem Kerbholz hatte. Uraufgeführt wurde er im Rahmen der Sendung "Zum Blauen Bock" mit Heinz Schenk. Hans-Otto Grünefeldt vom Hessischen Rundfunk winkte den Titel intern bis nach Wien durch, wo der später immerhin noch einen geteilten achten Platz mit Schweden und Jugoslawien verbuchen konnte.
Wesentlich erfolgreicher und heute noch so etwas wie ein Evergreen in der Historie des Wettbewerbs ist der monegassische Beitrag in diesem Jahr. Die junge Französin Minouche Barelli, die seit 2004 leider nicht mehr unter uns weilt, trat mit einem Beitrag von Serge Gainsbourg, dem Komponisten von "Poupée de cire, poupée de son" und "Je t'aime (moi non plus)" an. Wie in vielen Titeln aus der Feder von Gainsbourg enthielt auch dieser Titel, der schlussendlich Sechster wurde, sexuelle Anspielungen. Sinngemäß bedeutete "Boum badaboum" übrigens so viel wie "Ich lass es heute Abend krachen".
Dagegen schon fast zurückhaltend wirkte die Griechin Vassiliki Papathanassiou, die als Vicky Leandros auftrat und Luxemburg repräsentierte. Mit einer Mireille-Mathieu-Gedächtnisfrisur und starkem Silberblick sang sie sich mit "L'amour est bleu" auf den vierten Platz vor. Mit dem Titel "Les amoureux" versuchte sie es zeitgleich auch in Frankreich beim Vorentscheid, konnte sich dort jedoch nicht gegen Noëlle Cordier durchsetzen, die mit ihrem Lied ("Das Wetter muss dort gut sein") einen Platz vor Vicky landete. Aber ihr Triumph sollte nicht mehr lang auf sich warten lassen.
Die beiden vorderen Plätze gingen 1967 auf die Britischen Inseln. Seán Dunphy, der zunächst als Zimmerer arbeitete, schaffte den zweiten Platz, geschlagen wurde er jedoch von der barfuß auftretenden Sandie Shaw, die ebenfalls sexuelle Anspielungen in ihrem Lied "Puppet on a string" verbarg und thematisch an France Galls Puppenthematik anknüpfte. Dabei streikte zu Beginn sogar ihr Mikrofon.
Ihr Lied entwickelte sich in diversen Sprachen, es sind Versionen aus Hongkong, Vietnam, Ungarn und Brasilien bekannt, zu einem echten Verkaufsschlager. Die deutsche Version "Wiedehopf im Mai" blieb jedoch kommerziell hinter dem Originaltitel zurück. Sandie Shaw, die damals gerade einmal 20 Jahre alt war, siegte souverän. Sogar so souverän, dass Moderatorin Erika Vaal ihr schon vor der letzten Wertung zum Sieg gratulierte.
Insgesamt war die Punktevergabe in Österreich ein kleiner Skandal, ständig gab es Unregelmäßigkeiten auf der Wertungstafel, Erika Vaal prägte Sätze wie "I hope, our technical order, I mean disorder, will be in order in a few seconds." und quittierte das Aufrufen der letzten Wertung aus Irland, der sich schon wunderte ob man ihn auslassen würde, mit einem kleinlauten "I'm so sorry".
Die BBC konnte ihren ersten Sieg beim Eurovision Song Contest feiern, der zugleich einen erfolgreichen kommerziellen Hit darstellte. Beim Song Contest selbst hatte sie ebenfalls einen für damalige Verhältnisse unglaublichen Vorsprung von 25 Punkten, da jeder Juror eines Landes nur einen Punkt vergeben konnte. "Puppet on a string" setzte Maßstäbe für spätere Beiträge, anders als der Pausenfüller der Wiener Sängerknaben, war das Lied chartstauglich und wie schon France Gall 1965 Vorreite für spätere moderne Lieder.
Der Eurovision Song Contest 1968 sollte somit von der BBC ausgerichtet und in London stattfinden.
Die Teilnehmer:
01. - 047 - Sandie Shaw - Puppet on a string
02. - 022 - Seán Dunphy - If I could choose
03. - 020 - Noëlle Cordier - Il doit faire beau là-bas
04. - 017 - Vicky Leandros - L'amour est bleu
05. - 010 - Minouche Barelli - Boum badaboum
06. - 009 - Raphael - Hablemos del amor
07. - 008 - Louis Neefs - Ik heb zorgen
08. - 007 - Inge Brück - Anouschka
08. - 007 - Östen Warnerbring - Som en dröm
08. - 007 - Lado Leskovar - Vse rože sveta
11. - 004 - Claudio Villa - Non andare piu lontano
12. - 003 - Eduardo Nascimento - O vento mudou
12. - 003 - Fredi - Varjoon-suojaan
14. - 002 - Thérèse Steinmetz - Ringe Dinge
14. - 002 - Peter Horten - Warum es hunderttausend Sterne gibt
14. - 002 - Kirsti Sparboe - Dukkemann
17. - 001 - Géraldine - Quel cœur vas-tu briser?