Mittwoch, 31. Juli 2019

Beyond Eurovision (9): Kuwait



Kuwait - Eine wechselhafte Geschichte vom Zentrum der Perlenfischerei zum Ölboom hat das kleine Emirat Kuwait am Ende des Persischen Golfs, teilt sich eine Grenze mit Saudi-Arabien und dem Irak, der im August 1990 nach einem Streit um ein Ölfeld einmarschierte. Seit 2004 gibt es wieder diplomatische Beziehungen zwischen beiden Ländern. Mittlerweile zählt das Land zu den fortschrittlichsten und wohlhabendsten Nationen der Region und ist heute Teil neun unserer Reise um die Welt. 

Schnelle Fakten
Hauptstadt
Kuwait-Stadt
Sprachen
Arabisch
Fläche
17.818km²
Währung
Kuwait-Dinar (KWD)
Einwohner
4,1 Mio.
Internet-TLD
.kw
Zeitzone
UTC +3
Wiki-Info

Wie in vielen arabischen Ländern hört man den sehr traditionellen Klang in den modernen Musikveröffentlichungen nachhallen, Kuwait gilt als Geburtsort des Sawt, einer Stilrichtung, bei der meist mit der 'ud, einer gezupften Laute und der Mirwas, einer Trommel musiziert wird. Trotz aller Traditionen beteiligt sich das Land auch an arabischen Koproduktionen im Musikgeschäft, etwa am Arabian Idol und Star Academy. Dort schafften auch kuwaitische Künstler den Sprung nach vorn, etwa Bashar Shatti bei Star Academy.


Vorstellen möchte ich aber im Speziellen den Sänger Humood Al-Khudher (حمود عثمان الخضر), der seit 2009 aktiv Musik macht und sein Debütalbum "Fekra" im Jahr 2013 veröffentlichte. Er gehört zu den bekanntesten Vertretern zeitgemäßer arabischer Musik und stellte nur zwei Jahre später bereits sein zweites Album "Aseer ahsan" vor, alle Titel auf beiden Alben sind auf Arabisch. Er gehört zu den bekanntesten Interpreten des Landes und arbeitete auch mit anderen lokal erfolgreichen Künstlern wie Mesut Kurtis und Maher Zain zusammen.

Inzwischen steht er bei Awakening Records unter Vertrag, einer Plattenfirma, die ihren Sitz zwar in London hat, gleichzeitig aber auch einen arabischen Ableger mit Sitz in Kairo betreibt. 2016 erschien die Single "Kun anta" ("Sei du selbst"), die weniger traditionell daherkommt und eher leichte Muse ist, die zeigt, dass auch in arabischen Ländern Popmusik gemacht wird. Das Lied habe ich tatsächlich erst vor kurzer Zeit entdeckt, als ich auf der Suche nach arabischer Popmusik war. 

Humood Al-Khudher - Kun anta

Montag, 29. Juli 2019

Schweden: Inger Berggren ist tot



Schweden - ...und wieder einmal muss die Eurovisionsgemeinde von einer ehemaligen Song Contest-Vertreterin Abschied nehmen. Wie das schwedische Aftonbladet meldet, ist die Sängerin Inger Berggren im Alter von 85 Jahren in Stockholm verstorben. Berggren nahm 1962 am Eurovision Song Contest teil.

Inger Berggren auf dem Weg
zum ESC nach Luxemburg
Geboren wurde sie am 23. Februar 1934 in Stockholm und war seit den 50er Jahren musikalisch aktiv. Sie wirkte unter anderem als Sängerin im Orchester von Thore Swanerud und Åke Jelving mit und feierte bis in die 70er Jahre hinein Erfolge. 1962 vertrat sie Schweden mit dem Titel "Sol och vår" ("Sonne und Frühling") beim Eurovision Song Contest in Luxemburg.

Dort belegte sie den siebten Platz. Bereits 1960 probierte sie es mit "Alla andra får varann" beim Melodifestivalen, dort wurde sie allerdings trotz ihres Sieges durch Siw Malmkvist ersetzt. Im Anschluss an den Song Contest legte sie ihren musikalischen Schwerpunkt auf das Covern amerikanischer Rock'n'Roll-Hits. Ihr letztes Album "En helt vanlig krinna" erschien 1979. Danach widmete sie sich ihrer Tätigkeit als Musiklehrerin.

Inger Berggren - Sol och vår

Beyond Eurovision (8): Venezuela



Venezuela - Obwohl das Land auf den größten Erdölreserven der Welt sitz, hat die Bolivarische Republik Venezuela derzeit mit gewaltigen politischen und wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Korruption und Vetternwirtschaft sind an der Tagesordnung, die Rekordpreise für Klopapier dokumentieren die Hyperinflation des Bolívar, der Landeswährung. Trotz des gescheiterten Karibik-Sozialismus hat sich im Land eine große Musiklandschaft entwickelt, auch moderne Popmusik mit lateinamerikanischem Einschlag findet sich.

Schnelle Fakten
Hauptstadt
Caracas
Sprachen
Spanisch, elf Indio-Sprachen
Fläche
912.050km²
Währung
Bolívar soberano (VES)
Einwohner
31,7 Mio.
Internet-TLD
.ve
Zeitzone
UTC -4
Wiki-Info

Eine der bekanntesten Interpretinnen der jüngeren Musikgeschichte Venezuelas ist die Sängerin Andrea Martínez, die sich kurz den Künstlernamen Aneeka verpasst hat. In der Sprache der Wayuu-Indianer bedeutet Aneeka so viel wie "Glauben". Ihre eigentliche Karriere begann allerdings nicht in Venezuela sondern in Mexiko, da sie trotz stärkster Bemühungen keinen Förderer im eigenen Land gefunden hat, der die finanziellen Mittel aufbringen konnte, ihr Debütalbum zu produzieren.

Ihre Suche führte die 33jährige schließlich nach Mexiko, wo sie zunächst in Bars auftrat und schließlich mit "Ni antes, ni después" im Jahr 2013 ihr erstes Album produzierte. Maßgeblich daran beteiligt war die Grammy-Gewinnerin Mónica Vélez. Sie selbst erklärt, dass sie sehr durch amerikanische Ikonen wie Whitney Houston, Aretha Franklin und Mariah Carey inspiriert wurde. Eine Single aus diesem Album war der Titel "Ojo por ojo" ("Auge um Auge"), den ich hier heute auch vorstellen möchte.

Mit "Sin combustible", einer weiteren Single landete sie in Mexiko einen Hit, der auch in den USA die #24 der Billboard Tropical Charts erreichte. Ein Jahr später wurde sie als "Best New Artist" bei den Latin Grammy Awards nominiert, unterlag allerdings ihrer Landsfrau Mariana Vega. 2015 warf Aneeka ein weiteres Album auf den Markt, seither hält sich die Sängerin mit neuem Material bedeckt. Ähnlich ist es auch mit ihrem Land, Venezuela, krisengebeutelt und der Mangelwirtschaft ausgesetzt, macht es jungen Talenten derzeit schwer, sich zu behaupten und musikalisch Fuß zu fassen.

Aneeka - Ojo por ojo

Sonntag, 28. Juli 2019

Discovery: Niederlande von A bis Z



Niederlande - Es ist dem 25jährigen Duncan Laurence zu verdanken, dass der Eurovision Song Contest 2020 nach 44jähriger Siegespause wieder in den Niederlanden Einzug hält. Während es bis zum Song Contest noch eine ganz Weile hin ist und diverse Städte zunächst um die Gunst des niederländischen Fernsehens buhlen, wagen wir einmal einen Blick über die Ems und schauen uns an, in was für ein Land die Reise nächstes Jahr geht, ob die Niederländer Weltmeister im Käse essen sind, ob man wirklich so leicht an Cannabis herankommt und wo "Holland" tatsächlich liegt.

A wie Auftakt - Wilhelm I. ließ das Vereinigte Königreich der Niederlande am 16. März 1815 ausrufen, noch bevor der Wiener Kongress zur Neuordnung Europas zu Ende ging. In seinen damaligen Grenzen konnte sich das neue Königreich aber nur bis 1830 halten, dann kam es zur Revolution in dessen Folge die südlichen Provinzen des Königreichs das heutige Belgien formten. Geblieben ist bis heute allerdings die Monarchie von Oranien, was dem Land auch seine symbolische Farbe orange eingebracht hat. 

Die Niederlande werden heute von König Willem-Alexander geführt, nachdem seine Mutter Beatrix 2013 Platz auf dem Thron machte. Seither regiert er über ein Staatsgebiet von 41.543km², von dem rund die Hälfte maximal ein Meter über dem Meeresspiegel liegt. Das niederländische Kernland mit der Hauptstadt Amsterdam gliedert sich in zwölf Provinzen und wird von rund 17,3 Millionen Menschen bevölkert. Umgerechnet sind die Niederlande damit eines der am dichtesten besiedelten Flächenstaaten der Welt.

Gesprochen wird Niederländisch, dem nachgesagt wird, es sei "lustiges Deutsch" bzw. Deutsch sei "ernstes Niederländisch". Um in die Niederlande zu kommen, braucht es für deutsche Staatsbürger einen Personalausweis oder Reisepass, für Haustiere braucht es einen EU-Heimtierausweis. Geld tauschen muss man seit 2002 nicht mehr, nach Abschaffung des Gulden wird auch hier mit dem Euro bezahlt. Zu den großen Erfindungen der Niederländer zählt u.a. der "Hollandse Kijker", den Galileo Galilei zum ersten Teleskop verbesserte. Heutzutage glänzen die Niederlande durch Erfindungen wie das Einhand-Kondom.

B wie Batavia - Im 17. Jahrhundert entwickelten sich die Niederlande zu eine bedeutenden Kolonialmacht, etwa um das Jahr 1650 war der Höhepunkt der überseeischen Besiedelung erreicht. Anders als z.B. Spanien, von dem sich die Niederlande losgesagt hatten, profilierte das Land sich durch die Gründung von Handelskompanien in Amerika und Asien. Durch Pachtverträge wurden große Gebiete erschlossen und die Niederlande schafften es ein Gewürzmonopol zu errichten. In diesen Zeitraum fällt auch die Erschließung von Manhattan, einer damals unbedeutenden Insel im Hudson River.

1626 soll ein Niederländer den einheimischen Lenni-Lenape-Indianern für 26 Gulden die Insel abgekauft haben, auf der zum Zwecke der Pelztierjagd zunächst die Siedlung Nieuw Nederland, das heutige New York entstand. Bedeutsamer war allerdings die Gründung der VOC. Die Vereinigte Niederländische Ostindien-Kompanie ging dazu über, von den Molukken ausgehend den Gewürzhandel in Südostasien zu kontrollieren. Es wurden wichtige Häfen wie Malakka, Aceh und Makassar annektiert und zu Umschlagsplätzen für Nelken, Pfeffer und anderen Gewürzen sowie Sandelholz. Niederländisch-Indien hatte seinen Verwaltungssitz in der Stadt Batavia auf der Insel Java.

Nach und nach verkleinerte sich das Kolonialgebiet aber wieder. 1796 fiel Ceylon, das zuvor für den Zimthandel unerlässlich war, an das britische Empire, zuletzt musste man sich nach dem Zweiten Weltkrieg von seiner großen Kolonie Niederländisch-Indien trennen. Batavia wurde in Jakarta umbenannt und ist seither die Hauptstadt von Indonesien. 1963 traten die Niederlande auch den Westteil der Insel Neuguinea ab, seither beschränkt sich das Überseegebiet der Niederlande auf ein paar kleine Inseln, die unter dem Punkt C vorgestellt werden.

C wie Curaçao - Heute gehören zu den Niederlanden noch sechs Inseln in der Karibik, die ein eigenständiges Überseegebiet, die Niederländischen Antillen formten. 1985 schied Aruba aus dem Verbund aus und bildet seither ein eigenes Land innerhalb des Königreichs der Niederlande. 2010 wurde ein Referendum auf den übrigen fünf Inseln veranstaltet, mit dem Ausgang, dass auch Curaçao und Sint Maarten fortan eigene "Länder" sein sollen und die übrigen Inseln Bonaire, Saba und Sint Eustatius den Status einer "Besonderen Gemeinde" der Niederlande erhalten. Die größte dieser Inseln ist Curaçao, die heute vor allem für den gleichnamigen Likör bekannt ist. 

Aus getrockneten Orangenschalen wurde er hergestellt, mittlerweile gibt es ihn in diversen Farben, am bekanntesten ist der Blue Curaçao als häufiger Bestandteil von Cocktails. Nennenswert ist auch Sint Maarten, das sich allerdings nur auf dem Südteil der Insel erstreckt. Der Nordteil zählt als Saint-Martin zu Frankreich. Nur dort teilen sich Frankreich eine gemeinsame Grenze mit den Niederlanden. Sint Maarten ist zudem für seinen Maho Beach bekannt, der insbesondere von Planespottern besucht wird, der Princess Juliana Airport liegt nur wenige Meter von der Wasserkante entfernt, sodass große Flugzeuge unmittelbar über dem Kopf der Badegäste hinwegfliegen. Ein Surfbrett am Strand informiert täglich über die Ankunftszeiten der Düsenriesen.

D wie Den Haag - Während Amsterdam als Hauptstadt der Niederlande gilt, tagt das Parlament in Den Haag (’s-Gravenhage). Die Stadt wurde im 11. Jahrhundert gegründet und dehnt sich mittlerweile bis an die Nordseeküste aus. Zum Gemeindegebiet gehört heute auch das mondäne Strandbad Scheveningen. Den Haag ist zudem Sitz des Internationalen Gerichtshof, der gemäß Artikel 93 Absatz 1 der Charta der Vereinten Nationen als rechtliche Instanz urteilen darf. Er ist im Friedenspalast, einem roten Backsteingebäude untergebracht und landet regelmäßig in den Schlagzeilen der Weltpresse. Außerdem befindet sich hier der Sitz von Europol, der Polizeibehörde der Europäischen Union.

E wie Eurovision - Die Niederlande sind seit der ersten Stunde Teil des Eurovision Song Contests. Jetty Paerl war mit ihrem Titel "De vogels van Holland" sogar die allererste Teilnehmerin, die überhaupt auf einer Song Contest-Bühne stand. Ihre Platzierung aus dem Jahr 1956 in Lugano ist allerdings nicht bekannt. Die zweite Starterin des Abends, Corry Brokken, konnte ein Jahr später den ersten Sieg der Niederlande fix machen. 1959 holte Teddy Scholten gar den zweiten Sieg. Ein Jahr darauf trat ein Entertainer namens Rudi Carrell für die Niederlande an. Entgegen seiner erfolgreichen TV-Karriere in Deutschland wurde er mit "Wat een geluk" aber nur Zwölfter.

1966 schickten die Niederlande mit Milly Scott die erste schwarze Künstlerin zur Eurovision. Der dritte Sieg folgte 1969, wenngleich sich die Sängerin Lenny Kuhr ihn sich mit Frankreich, Großbritannien und Spanien teilen musste. Den bis 2019 letzten Sieg fuhr die Gruppe Teach-In 1975, angeführt von der österreichischen Sängerin Getty Kaspers an. Nun dauerte es bis 2014, ehe das Land wieder eine Platzierung unter den besten Drei erhielt. Die Common Linnets stellten mit ihrem Radiohit "Calm after the storm" die Konkurrenz, bis auf Conchita, in den Schatten. 

Nach der Pleitenserie im Halbfinale zwischen 2005 und 2012 sind die Niederlande mittlerweile dank interner Auswahlen wieder regelmäßig Gast im Finale der Eurovision. Duncan Laurence erzielte mit seinem "Arcade" 498 Punkte im Jury- und Televoting. Für den Eurovision Song Contest 2020 ist das niederländische Fernsehen zuständig, das seinen Sitz in der Medienstadt Hilversum hat. Unabhängig vom Contest haben zahlreiche Bands und Interpreten aus den Niederlanden international Karriere gemacht. In Deutschland kennt man u.a. die Hermes House Band, Caro Emerald oder den Sänger Jan Smit, der inzwischen mit Klubbb3 auftritt. Auch diverse Trance-, Metal- und Symphonicbands, etwa Within Temptation haben es über die Landesgrenzen hinaus geschafft.

F wie Friesland - Zwischen dem IJsselmeer und der Provinz Groningen erstreckt sich Friesland (Fryslân). Es ist die einzige Provinz, in der neben Niederländisch auch die Westfriesische Sprache offiziellen Status hat. Das Kulturgebiet der Friesen erstreckt sich jedoch über ein wesentlich weiteres Gebiet. So liegen der niederländischen Küste die Westfriesischen Inseln vorgelagert. Dem Wind der Nordsee trotzend haben sich die Friesen ihre eigene Kultur erhalten, etwa die Teezeremonie, die auch in Ostfriesland nach wie vor zum Alltag gehört. Seit 1956 existiert zudem der Interfriesische Rat, dem neben der niederländischen Provinz auch Ostfriesland und Nordfriesland angehören und die Region als Ganzes nach außen hin vertreten.

Die Teekultur entwickelte sich um 1650, nachdem die ersten niederländischen Schiffe Tee aus Übersee nach Europa brachten. Zunächst wurde Tee nur als Medizin verabreicht, später wurde aufgrund der Kontinentalsperre Napoleons reger Schwarzhandel mit Tee betrieben. Wichtig für die heutige Zeremonie ist die Zubereitung des Tees. Zunächst legt man den Kluntje, braunen oder weißen Kandiszucker in die Tasse, erst dann wird der Tee eingefüllt, sodass ein charakteristisches Knistern des Zuckers entsteht und die Süße möglichst lange in der Tasse bleibt. Danach dient ein spezieller Löffel dazu, Sahne in die Tasse zu träufeln, die typische Sahnewolke entsteht. Der Tee wird anschließlich nicht umgerührt, mindestens drei Tassen sind Pflicht, das vorzeitige Ablehnen von Tee wird als unhöflich empfunden.

G wie Gouden Eeuw - Das "Goldene Zeitalter" der Niederlande begann um das Jahr 1650 und dauerte etwa einhundert Jahre an. Zu dieser Zeit blühte die niederländische Kulturlandschaft auf, über 700 Maler waren zu dieser Zeit tätig, die Zeit von Peter Paul Rubens, der gern üppige Frauen malte war zwar schon vorbei, zu jener Zeit entstand aber beispielsweise das berühmte Gemälde vom Mädchen mit dem Perlenohrring von Jan Vermeer. Der Welthandel mit Gewürzen und Tee boomte, diverse architektonische Meisterwerke wurden geschaffen. Seinen Niedergang erlebte die Goldene Ära ab dem Jahr 1672, einem von Unruhen und politischen Schicksalsschlägen geprägten Jahr. Heute zeichnen sich Niederländer für die Erfindung des Flessentrekkers aus. Einer stabähnlichen Konstruktion, die es einem ermöglicht, die letzten Reste aus der Ketchupflasche zu pulen. 

H wie Holland - "Im 17. Jahrhundert waren Nord- und Südholland eine Grafschaft - Holland, mit Amsterdam als wichtigster Stadt. Zu dieser Zeit war Holland die wichtigste Provinz der Niederlande. Da damals Holland für die Niederlande stand, bürgerte es sich ein, das Land nach seiner dominierenden Provinz zu bezeichnen.", so Jules van der Marck vom Institut für Niederländische Philosophie. Noch heute ist es üblich, die Niederlande zu "Holland" zu degradieren, was bei den Niederländern oft zu Irritationen führt. Andererseits spornen die Niederländer ihre Fußballmannschaft mit "Hup Holland Hup" an, was auch nicht gerade konsequent ist. Heute steht Holland aber tatsächlich nur für zwei Provinzen, Zuid-Holland, die Heimat von Duncan Laurence, mit Den Haag als Hauptstadt und Noord-Holland mit Haarlem als Hauptstadt.

I wie Im Exil - Wer sich gerne mit komplizierten Grenzziehungen beschäftigt, der ist im niederländischen Baarle-Nassau genau richtig. Mittelalterliche Verträge zwischen dem Herrscher von Breda und dem Herzog von Brabant sorgten dafür, dass das Gebiet in der Nähe der belgischen Grenze heute ein Flickenteppich von Exklaven ist. Baarle-Nassau bezeichnet eine niederländische Gemeinde, die allerdings immer wieder von belgischem Territorium unterbrochen wird. Darin befinden sich widerum mehrere niederländische Exklaven. Diese Situation sorgt dafür, dass die Grenze teilweise mitten durch Wohngebäude verläuft, die Zugehörigkeit des Hauses richtet sich danach, auf welcher Seite der Grenze sich die Eingangstür befindet.

Bis vor wenigen Jahren gab es zudem die Regelung, dass niederländische Restaurants und Cafés früher zu schließen hatten, als die belgischen. Dieses Problem wurde in Baarle ganz einfach dadurch umgangen, dass die Gäste eines Restaurants einfach den Tisch wechselten und so über die Grenze nach Belgien gingen. Die Gemeinde lebt heute von dieser kuriosen Stellung und hat nicht vor an diesem Zustand etwas zu ändern. Kontrollen gibt es allerdings nicht, seit der Ratifizierung des Vertrages von Maastricht, kann man ohne Grenzkontrollen von einem Teil der Gemeinde in die andere gelangen, Markierungen auf dem Boden sind allerdings vorhanden.

J wie Joppiesauce - "Was ist das für ein Land, in dem die Menschen Hagelkörner auf ihr Brot streuen, nachts Kaffee trinken, Pommes frites mit Erdnusssoße übergießen und hoch konzentriertes Salmiakpulver schlürfen?", habe ich jüngst in einem Online-Artikel gelesen. Die traditionelle niederländische Küche basiert ähnlich wie die deutsche Küche, je nach Region auf Fisch- und Fleischgerichten. Das historische Nationalgericht ist Stamppot, nichts weiter als zusammengestampfte Kartoffeln mit Gemüse. Im 20. Jahrhundert hielten Einflüsse aus der indonesischen Küche Einfluss in den Niederlanden. 

Daher stammt auch die Variante "Patat oorlog", Pommes mit Erdnusssauce und Zwiebeln zu servieren. Pommes oder auch "Frietjes" werden generell aber vorzugsweise mit Mayo und Ketchup oder der Joppiesauce, eine Mayonnaise mit Curryzusatz gegessen. An vielen Imbissbuden gibt es auch die traditionellen Poffertjes, kleine Pfannkuchen, die mit Puderzucker bestreut werden. Man wünscht "Eet smakelijk" ("Guten Appetit"). Die Niederländer gelten auch als Erfinder des, zur Weihnachtszeit beliebten, Spekulatius. Typische Getränke aus den Niederlanden sind der Genever, ein Wacholderschnäpschen mit rund 35 Umdrehungen, die Biermarke Amstel, die von der weltweit operierenden Brauerei Heinecken aufgekauft wurde und Eierlikör, der als Verpoorten auch bei uns im Spirituosenregal steht.

Das Hauptexportgut ist neben den Tomaten und Gurken, die in zahllosen Gewächshäusern vor sich hin vegetieren aber eines: Käse. Stellvertretend sei hier der Gouda aus der gleichnamigen Stadt genannt, der seit 2010 von der Europäischen Union als geschützter geographischer Markenname eingetragen ist. Heute stammen nur noch 2% der hergestellten Gouda-Laibe aus handwerklicher Produktion, Originale kann man auf den regelmäßigen Käsemarkten antreffen. Weitere Käsespezialitäten sind u.a. Maasdamer, Edamer und Leerdamer. Produziert werden jährlich rund 650 Millionen Kilogramm Käse, verzehrt pro Kopf aber nur 17kg. Im Käsekonsum stehen die Niederländer damit nur auf dem sechsten Rang. Weltmeister sind mit 26,2kg die Franzosen, gefolgt von den Deutschen, Schweizern, Italiener und Österreichern.

K wie Klompen - Heute zu Dekozwecken als Souvenir mitgenommen, früher wichtige Utensilien bei der schweren Feldarbeit, die Klompen, die typischen Holzschuhe der Niederländer. Doch gilt es diese nicht zu pauschalisieren, jede Region hat ihre eigene Form, manch eine ist rund, manch eine spitz zulaufend, einige sind halboffen, andere haben einen Lederriemen. Während die Robustheit und Beständigkeit einst die markanten Vorteile dieser Schuhe waren, bargen sie doch die Gefahr, dass man bei längerer Tragzeit verkrümmte Zehen oder Plattfüße bekam. Dennoch sind die Klompen typisch für die Niederlande, ähnlich wie Windräder und Wohnwagen mit gelben Nummernschildern. 

Weltmeister der Wohnwagen sind die Niederländer allerdings auch nicht, hier werden sie von den Schweden überholt, auf den Autobahnen Nordrhein-Westfalens dürften die Niederländer aber in der Mehrzahl sein. In Deutschland werden die Niederlande durch die käsebringende Frau Antje beworben. Sie wurde in den 60er Jahren als Werbefigur für die Molkereibranche eingeführt und repräsentiert seit über 50 Jahren als Imagefigur die Niederlande. Im eigenen Land ist sie allerdings kaum bekannt, gar umstritten, weil ihr Erscheinungsbild heutzutage als unpassend empfunden wird und nicht in das Bild der modernen Niederlande passt.

L wie Linda de Mol - Sie war in den 90er Jahren das Aushängeschild der niederländischen TV-Imperiums Endemol. Ihr Vater war Schlagersänger, ihr Bruder TV-Produzent und sie ab 1992 auf RTL bei der Traumhochzeit zu sehen, bei der junge Paare nach Spielen wie der Champagnerpyramide und der Wolkenwand eine Hochzeit im Fernsehen gewinnen konnten. Ab 1998 moderierte sie auch den Domino Day auf RTL, bei dem Robin Paul Weijers versuchte einen neuen Rekord im Umfallen von Dominosteinen zu erreichen und das simple Prozedere durch eingebaute Tricks und Effekte zu einem abendfüllenden Event aufbauschte, das in diversen europäischen Ländern live übertragen wurde.

Ihr Bruder John de Mol, Exmann von Willeke Alberti, produzierte zur gleichen Zeit auch weitere Gameshows, z.B. die "100.000 Mark Show" mit Ulla Kock am Brink, bei der vier Pärchen verschiedene Action- und Konzentrationsspiele bestehen mussten um am Ende den richtigen Code für den damals sensationellen Gewinn von 100.000 DM aus einem Zylinder zu fischen. Auch die Mini Playback Show, die bis 1998 auf RTL lief, wurde von Endemol produziert, Marijke Amado erhielt für die Show, bei der Kinder ihre Lieblingslieder vor einer Jury bei Vollplayback sangen den Preis des beleidigten Zuschauers, weil sie, so die Begründung "Kinder zu Sexobjekten herausputze". 

Nicht von Endemol produziert, aber mit einem Niederländer besetzt war die Spielshow "Der Preis ist heiß" mit Harry Wijnvoord. Im RTL-Nachmittagsprogramm mussten Kandidaten aus dem Publikum die richtigen Preise von Produkten schätzen und konnten am Ende bis zu 1000.000 DM gewinnen. Noch heute hallte bei mir der Satz von Walter Freiwald nach: "Meine Damen und Herren… das Rad". In der Medienstadt Hilversum wurde der Familie De Mol anlässlich ihrer Verdienste um das TV-Geschäft eine eigene Straße benannt. Der größte Entertainer der Niederlande in Deutschland bleibt aber wohl Rudi Carrell, der schon ab den 70ern mit Klassikern wie "Am laufenden Band", "Rudis Tagesshow", "Herzblatt" und später "7 Tage 7 Köpfe" erfolgreiche Formate in der BRD moderierte.

M wie Must See - Auf dem Pflichtprogramm des Amsterdam-Besuchers steht sehr wahrscheinlich neben dem Besuch des Anne Frank-Hauses und der Grachten, die die gesamte Stadt durchqueren, das Van Gogh Museum, mit der größten Sammlung von Gemälden des Malers Vincent van Gogh (*1853-†1890), der sich zeitlebens um über 800 Bilder, darunter die bekannten Sonnenblumenbilder kümmerte und sich der Überlieferung nach im Streit mit Paul Gauguin ein Ohr abschnitt. Wen es aus Amsterdam herausträgt, der sollte im April zur Tulpenblüte nach Lisse fahren. 

Sehenswert und sogar Teil des Weltkulturerbe sind die 19 Windmühlen von Kinderdijk in Südholland und wer eh schon dort ist, dem sei ein Ausflug in die Moderne nach Rotterdam empfohlen. Markant für die Stadt ist der 112m hohe Euromast sowie die Erasmusbrücke über die Nieuwe Maas. Renommiert und altehrwürdig sind die Universitäten von Leiden und Eindhoven. Die Universität in Leiden wurde 1575 gegründet und ist damit die älteste Universität des Landes, die insbesondere im Bereich der Geisteswissenschaften und Medizin einen herausragenden Ruf genießt. 

N wie Nachbarschaft - 567km ist die deutsch-niederländische Grenze lang und auch wenn ein reger kultureller und wirtschaftlicher Austausch besteht, so gibt es doch einige Reibungspunkte. Schon Rudi Carrell wurde zum Opfer zahlreicher Wohnwagenwitze bei "7 Tage 7 Köpfe" auf RTL, dies zieht sich wie ein roter Faden durch die zwischenstaatlichen Beziehungen. Insbesondere beim Fußball flammt der Nachbarschaftsstreit immer wieder auf ("Ohne Holland fahr'n wir zur WM"), spätestens seit der WM 1974, wo sich beide Länder im Finale begegneten, kochen die Emotionen regelmäßig hoch. Die Länderspielbilanz spricht Deutschland 16 Siege, den Niederlanden elf Siege zu, 16x kam es zum Unentschieden.

Reibung besteht bei der Grenzziehung in der Emsmündung. Die BRD vertritt den Standpunkt, die Grenze verläuft am linken Ufer der Ems, ein Spruch erklärt: "Die Grenze verläuft da, wo ein Stein ins Wasser fällt, den ein Holländer in die Ems wirft." Das sehen die Niederländer anders, seit 1960 gibt es zumindest ein Dokument, in dem sich beide Länder "im Geiste guter Nachbarschaft" zu einer Zusammenarbeit verpflichten. Der zweite Nachbar Belgien pflegt ebenfalls freundschaftliche Beziehungen zum nördlichen Nachbarn.

O wie Oranje - Wir bleiben beim Fußball, die Erkennungsfarbe der Niederländer bei diversen Sportveranstaltungen ist seit jeher Orange. Hergeleitet ist das Ganze vom Königshaus Oranien-Nassau, deren Ursprünge in der französischen Stadt Orange liegen. Dereinst wurden die heutigen Niederlande von Frankreich aus verwaltet, ehe Prinz Wilhelm dem Ersten sie vertrieb, geblieben ist die Farbe und die Nationalhymne "Het Wilhelmus", in der von eben jenem Wilhelm gesprochen wird.

Sportlich gesehen zeigen die Niederlande also sprichwörtlich Flagge, der größte Erfolg im Tore schießen gelang 1988 als sie die Europameisterschaft gewannen. Bei der WM belegten sie dreimal den zweiten Platz, zuletzt 2010 im Finale gegen Spanien. Auch in anderen Sportarten läuft es hervorragend, sodass die Niederlande mit 130 Goldmedaillen auf dem 15. Platz des IOC-Medaillenspiegels Olympischer Wettbewerbe stehen. Im Wintersport glänzen niederländische Athleten insbesondere beim Eisschnelllauf und im Shorttrack.

P wie Pumpwerke - Schon im Mittelalter verstanden es die Niederländer aus Niedermoorgebieten fruchtbares und besiedelbares Land zu schöpfen. Landstriche wurden trockengelegt, Deiche installiert. Die Expertise mit der die Arbeiter zu Werke gingen wurde auch im Ausland geschätzt, weite Teile der Nordseeküste wurden mit niederländischer Hilfe eingedeicht und so vor schweren Stürmen und Fluten geschützt. Durch die Entwässerung mit Windmühlen gelang es sogenannte Polder, trockengelegte Flächen, landwirtschaftlich zu nutzen.

Mit einsetzender Industrialisierung geriet die Windmühle in den Hintergrund, moderne Pumpspeicherwerke entwässerten fortan die Niederlande. Im 20. Jahrhundert gelang mit der Fertigstellung des Afsluitdijks (Abschlussdeich) die größte Landgewinnungsmaßnahme der Geschichte, das IJsselmeer entstand, ebenso die neue Provinz Flevoland, die ohne Trockenlegung gar nicht existieren würde. Gäbe es die heute funktionierenden Sperren und Deiche nicht, so würde rund ein Drittel des Landes bis zu sechs Meter tief unter Wasser stehen. Apropos IJsselmeer, das IJ stellt im Niederländischen einen eigenen Buchstaben dar.

Q wie Querschnitt - Mit 1,84m sind die Niederländer die größten Männer der Welt, auch die Damen des Landes sind mit 1,71m überdurchschnittlich groß gewachsen. Maßgebliche Ursache hierfür ist die gesellschaftliche, medizinische und wirtschaftliche Situation der westlichen Welt, die dafür sorgte, dass der durchschnittliche Niederländer in den letzten 200 Jahren um rund 20cm gewachsen ist. Unterdurchschnittlich ist hingegen, wie schon erwähnt die Landfläche, die über dem Normaal Amsterdams Peil, dem nationalen Maß für den Meeresspiegel liegt. So ist der Flughafen Amsterdam-Schiphol mit 3,35 unter NAP der einzige Flughafen der Welt, der unterhalb des Meeresspiegels liegt. Rekordverdächtig ist, dass die Niederlande mit ø43 Verkehrstoten pro Million Einwohner das sicherste Land im EU-Raum sind.

R wie Rauchwaren - Im Mittelalter und bis zum Ende der Kolonialzeit waren die Niederlande eine der führenden Nationen bei der Produktion von Tabak- und Rauchwaren in den überseeischen Kolonien. Heute eilt den Niederländern der Ruf voraus, Kiffer zu sein, da die Gesetzgebung zum Erwerb von Cannabis aufgeweicht wurde. Tatsächlich sind aber alle Formen von Drogen verboten. Nur nach Einhaltung strengster Auflagen ist es möglich, bis zu fünf Gramm Cannabis in Coffeeshops für den Eigengebrauch zu kaufen. Der Konsum in Freien ist verboten, ebenso der Im- und Export sowie der Handel mit Marihuana und Haschisch. Dafür gibt es im grenznahen Verkehr aber reichlich Apotheken, bei denen man für deutsche Verhältnisse sehr günstig Tabletten wie Ibuprofen oder Aspirin erwerben kann, Obacht ist jedoch auch hier geboten.

S wie Schiphol - 1916 eröffnete ein kleiner Hangar für den militärischen Betrieb in Schiphol. Daraus entwickelte sich im Laufe der Jahrzehnte einer der größten Flughäfen Europas. Heute reisen jährlich rund 68 Millionen Menschen über das Drehkreuz der KLM in alle Welt. Die Koninklijke Luchtvaart Maatschappij, sprich die Königliche Luftfahrtgesellschaft, ist ebenfalls seit 1919 unterwegs und damit die älteste noch operierende Fluggesellschaft der Welt. Ihr wurde die Aufgabe zuteil, einen Liniendienst in die Kolonie Niederländisch-Indien aufzubauen, später entstand daraus eine der wichtigsten Fluggesellschaften der Welt, die mittlerweile mit der französischen Air France fusioniert ist.

Auch das Schienennetz ist engmaschig, die Nederlandse Spoorwegen (NS) bietet täglich rund 4.800 Zugfahren an und befördert rund 1,1 Millionen Fahrgäste am Tag. Die Gleise selbst gehören aber nicht der NS, sondern dem Infrastrukturunternehmen ProRail B.V., auch der Güterverkehr wurde ausgelagert. Die großen Städte des Landes sind durch IC-Verbindungen gut verknüpft, zwischen Amsterdam, Rotterdam und Utrecht verkehren bis zu zwölf Züge pro Stunde. Aus Deutschland heraus fahren IC- und ICE-Linien via Bad Bentheim über Hengelo und Deventer sowie über Oberhausen nach Amsterdam Centraal. An den großen Bahnhöfen gibt es Bahnsteigsperren, dafür gibt es im niederländischen Fernverkehr keine Speisewagen. Bei 30 Minuten Verspätung gibt es den halben Fahrpreis zurück, ab 60 Minuten ist die Fahrt gänzlich kostenlos. 

T wie Tulpen - Die Japaner haben ihre Kirschblüten und die Niederlande haben ihre Tulpen. Von Mitte März bis Mitte Mai verwandelt sich das Land in ein riesiges Blumenmeer, das zahllose Touristen anlockt. Durch den langen Frühling mit kühlen Nächten und die fortwährende Entwässerung in den Poldern herrschen hier ideale Bedingungen für die Tulpenzwiebeln. Am bekanntesten ist der Keukenhof in Lisse, wo die Hoflieferanten dafür sorgen, dass über 4,5 Millionen Tulpen in allen Farben erstrahlen. Der Keukenhof zählt rund 32 Hektar und 15 Kilometer Spazierwege durch die farbenfrohen Felder, öffentlich zugänglich ist der Park seit 1959.

Die Zuneigung zur Tulpe ging im 17. Jahrhundert sogar so weit, dass Zucht und Handel mit Tulpenzwiebeln einen derartigen Run auslösten und sie an der Börse zum Spekulationsobjekt wurden. In den 1630er Jahren erzielten Tulpenzwiebeln ein derart hohes Preisniveau, dass sich zahllose Menschen eine goldene Nase daran verdienten und Tulpen statt Bargeld als Einsatz bei Lotterien und Glücksspielen verwendet wurden. Die Blase platzte schließlich im Februar 1637 und endete mit einem rapiden Preisverfall. Die Tulpenmanie gilt heute als erste gut dokumentierte Spekulationsblase der Wirtschaftsgeschichte.

U wie Umsatz - Neben den Landgewinnungsmaßnahmen entstand am Ende der Maasmündung der größte Hafen Europas und einer der größten Seehäfen der Welt, Rotterdam. Im Jahr 2018 wurden hier 469 Millionen Tonnen umgeschlagen. Rund 7% des gesamten niederländischen BIP werden durch die Hafenarbeit und Containerumschlag erwirtschaftet, das Gebiet erstreckt sich über eine Fläche von etwa 100km² und dehnt sich vom Stadtzentrum Rotterdams bis an die Küste nach Hoek van Holland aus, von wo aus u.a. Fähren nach Großbritannien verkehren.

Nach den USA sind die Niederlande der zweitgrößte Exporteur landwirtschaftlicher Produkte. Dort wo noch keine Autobahn hingesetzt wurde, findet man riesige Getreide- oder Gemüseanbauflächen. 50% der landwirtschaftlichen Fläche sind Weideland, 40% dienen dem Anbau von Nutzpflanzen, 10% Schnittblumen. Auch die Nordsee-Fischerei hat eine wichtige Rolle, Forstwirtschaft wird aufgrund fehlender Waldgebiete kaum betrieben. Zum Stichwort Autobahn hält das Land den Rekord mit 57,5 Kilometern pro 1.000km², den höchsten Anteil an Autobahnkilometern in der Europäischen Union.

Keine große Rolle spielt in den Niederlanden der Bergbau, die Förderung von Steinkohle in der Provinz Limburg wurde schon 1974 eingestellt. Dafür zählt Amsterdam seit über 400 Jahren als Hauptstadt der Diamantenverarbeitung. Ehe Antwerpen ihr den Rang abgeluchst hat existierte hier eine florierende Diamantenbörse. In Europas ältester Diamantenfabrik wurden im Laufe der Jahre zahlreiche bekannte Edelsteine geschliffen, etwa der Koh-I-Noor und der Grüne Diamant, der sich im Besitz der sächsischen Kurfürsten befand. 

V wie Vaalserberg - Wer zum Wandern in die Niederlande kommt, muss kein Höhentraining absolvieren, die höchste Erhebung des Landes ist, je nachdem, welchen Maßstab man ansetzt etwa 322m hoch. Der Vaalserberg im äußersten Südosten des Landes markiert gleichzeitig das Dreiländereck zwischen den Niederlanden, Belgien und Deutschland. Von Aachen aus kann man den bewaldeten "Berg" gut sehen. Offiziell ist er seit 2010 allerdings nicht mehr der höchste Berg des Landes. Seit der Auflösung der Niederländischen Antillen und der Eingliederung der Insel Saba als "Besondere Gemeinde", ist der 877m hohe Vulkan Mount Scenery der höchste Berg des Landes.

W wie Watt - Die Niederlande verfügen über 650 Kilometer Küste, an denen sich Wattenmeer, Sandstrände und kleine Hafenstädtchen abwechseln. Für Badegäste empfehlen sich die Orte an der Küste Zeelands mit bis zu 140 Sonnenstunden sowie die pittoresk gelegenen Städte Scheveningen, Zandvoort, Haarlem und die Westfriesischen Inseln, etwa Texel, Terschelling und Ameland. In der Nähe von Bergen aan Zee befindet sich mit der Radardüne zudem die größte Sandkiste des Landes. Unweit von Den Helder befindet sich der Lange Jaap, der mit 70m höchste Leuchtturm Europas.

Auf den Sandbänken der Nordsee tummeln sich Seehunde, ansonsten findet man in den Niederlanden die mitteleuropäische Fauna, bestehend aus Hirschen, Damwild und Wildschweine. Sporadisch und immer eine Schlagzeile wert sind Sichtungen von vereinzelten Luchsen und Wölfen. 2013 war es die Sensation in den Gazetten, als es hieß, ein Wolf aus Niedersachsen sei nördlich von Arnhem aufgetaucht und ziehe dort sogar Welpen groß. In Folge dessen wurde gar eine Kommission zum Schutz vor Wolfsschäden gegründet. 

Die einzigen endemisch vorkommenden Tiere in den Niederlanden sind drei Arten der Mordellidae, der Stachelkäfer. Häufigster Fund in den Niederlanden bleiben allerdings das domestizierte Hausrind und die Milchkuh. Eine größere Artenvielfalt legen die karibischen Niederlande an den Tag. Auch die Flora in den Niederlanden ist größtenteils mit der unseren vergleichbar. Besonders hervorzuheben ist hier die Rote Johannisbeere, die zwar in ganz Europa verbreitet ist, in ihrer Wildform nur noch in Beneluxländern, den Alpenländern, Polen und im Norden Frankreichs vorkommt. 

X wie Satz mit X - Die Niederländer sind weltoffen, trotzdem lauern auch hier Fettnäpfchen. So lädt der Niederländer gerne zur "koffietijd", der Kaffeezeit. Diese findet aber nicht in den Nachmittagsstunden sondern bereits gegen elf Uhr vormittags statt. Unser Nachmittagskaffee ist dort die "theetijd", die Teezeit. Auch sollte man dem Gastgeber keinen Geiz unterstellen, wenn er zur Tasse Kaffee die "koektrommel", die Keksdose, herausholt und jedem Gast nur einen Keks hinlegt. Dies ist so Sitte und hat nichts mit Unhöflichkeit zu tun. 

Auch sollte man nicht kopfschüttelnd reagieren, wenn in den Niederlanden von Zauberkugeln und Kartenlesen gesprochen wird. Ein anerkannter Beruf, dessen Ausbildung mit 1.000 Euro vom lokalen Arbeitsamt finanziert wird, ist die Tätigkeit des Hellsehers. Ebenso wenig sollte man die deutsche Tradition des Sandburgenbauens an niederländischen Stränden ausleben, dies gilt, nicht nur in den Niederlanden, als verpönt. Ebenso ist es eine Todsünde, den niederländischen Sport zu denunzieren, auch Sportuninteressierte sollten sich mit dem Kommentar zurückhalten, dass Ajax ein Reinigungsmittel ist, schließlich handelt es sich hierbei um den 34fachen Rekordmeister der Eredivisie.

Seinem Ruf entsprechend ist das Land eine Fahrradnation, als Fußgänger sollte man Fahrradklingeln keinesfalls ignorieren, vor allem in Städten sind die Radfahrer in der Überzahl und im Zweifel die stärkeren Verkehrsteilnehmer. Wer mit dem Auto unterwegs ist, sollte es vermeiden nach Amsterdam zu fahren. Baustellen, horrende Parkgebühren und verstopfte Straßenzüge machen die Fahrt in der niederländischen Hauptstadt zur nervlichen Zerreißprobe. Innerorts gilt ein Tempolimit von 50km/h, außerorts 80km/h, auf Autobahnen 130km/h. Zu schnelles Fahren kann drakonische Bußgelder hinter sich herziehen. Telefonieren am Steuer kostet pauschal 140 Euro, bei gefährdendem Verhalten bis zu 2.000 Euro. Die Promillegrenze liegt bei 0,5.

Y wie YMCA - Seit April 2001 kann in den Niederlanden gleichgeschlechtlich geheiratet werden. Damit war der "Wet Openstelling huwelijk" das erste Gesetz, dass homosexuellen Paaren die Ehe ermöglicht, auch eine Adoption ist möglich. Seit dem Ende der Niederländischen-Antillen gilt dies auch für die Karibikinseln Bonaire, Saba und Sint Eustatius. Auf Aruba, Curaçao und Sint Maarten greift diese Regelung nicht, zwar werden gleichgeschlechtliche Ehen anerkannt, können hier aber nicht geschlossen werden. Homosexualität wird gesellschaftlich akzeptiert, insbesondere in Amsterdam hat sich eine große Szene mit vielen Diskotheken und Bars etabliert. Der Gay Pride der Stadt zählt alljährlich zu den größten in Europa.

Z wie Zwarte Piet - Das klassische Weihnachtsfest fällt in den Niederlanden kleiner aus als bei uns. Wichtiger ist hier der 5. Dezember, in der Nacht kommt Sinterklaas, der Nikolaus mit seinem Helfer, dem Mohren Zwarte Piet auf einem Dampfschiff aus Spanien angefahren und verteilt Süßigkeiten und Schokolade. Jüngst entbrannte um den Gesellen des Nikolaus eine Rassismusdiskussion, warum der Helfer denn unbedingt eine schwarze Hautfarbe haben muss. Das Kartenspiel "Schwarzer Peter" hat hiermit allerdings nichts zu tun, das stammt vom französischen Kartenspiel "Vieux garçon" ab.

Der Weihnachtsbaum wird geschmückt, sobald Sinterklaas wieder fort ist. Allerdings setzen sich hier mehr und mehr Kunsttannen durch, aus dem praktischen Grund, da diese nicht nadeln. Man wünscht sich "Prettige Kerstdagen" und verschickt üblicherweise in der Weihnachtszeit tonnenweise Grußkarten sodass die niederländische Post im Dezember regelmäßig an ihre Grenzen stößt. Die verschickten Karten werden an einem roten Band aufgehängt und verleiten zahlreiche Leute dazu, ausschweifende Reime und Verse zu dichten.

Wenige Tage später kann man auf dem Rembrandtsplein in Amsterdam die größte Silvesterparty des Landes erleben, mit einem Feuerwerk das Seinesgleichen sucht. Während bei uns nach einer halben Stunde das meiste Pulver verschossen ist, kann es hier vorkommen, dass man unentwegt zwei Stunden Raketensalven in den Himmel feuert. Zum Brauch gehört auch das Neujahrsbaden in Scheveningen, um punkt 12 Uhr stürzen sich Wagemutige in die eiskalten Fluten der Nordsee, im Anschluss an das Spektakel gibt es am Ufer heiße Erbsensuppe. 

Samstag, 27. Juli 2019

Beyond Eurovision (7): Tuvalu



Tuvalu - Die nächste Songvorstellung führt uns in die kleinste Volkswirtschaft der Welt am anderen Ende des Erdballs. Meist ist von Tuvalu nur im Zusammenhang mit dem globalen Wasseranstiegs zu hören. Dabei ist die 26km² große Inselgruppe eine hoch interessante Nation, Mitglied im Commonwealth mit etwas mehr als 10.000 Einwohnern. Die meisten davon leben auf Funafuti, einem Atoll, das gleichzeitig die Funktion der Hauptstadt übernimmt.

Schnelle Fakten
Hauptstadt
Funafuti
Sprachen
Tuvaluisch, Englisch
Fläche
26km²
Währung
Tuvaluischer (TVD) u. Australischer Dollar (AUD)
Einwohner
10.500
Internet-TLD
.tv
Zeitzone
UTC +12
Wiki-Info

Internationale Bekanntheit genießt Tuvalu zusätzlich durch die Veräußerung seiner Top-Level-Domain .tv, deren Verkauf an Rundfunkanstalten in der ganzen Welt dringend benötigte Devisen in die Staatskasse spült und mit deren Hilfe u.a. die Aufnahmegebühr für die Vereinten Nationen aufgebracht werden konnte, denen Tuvalu seit 2000 angehört. Weitere Einnahmen bescheren bei Sammeln beliebte Briefmarken und der Umstand, dass Tuvalu eine 50 Schiffe starke Handelsmarine aufgebaut hat, deren Eigner vom Status Tuvalus als Billigflagge profitieren.

...über die heutigen Interpreten kann ich gar nicht so wahnsinnig viel berichten, weil es ziemlich schwer ist, überhaupt verlässliche Informationen zur tuvaluischen Musikszene zu finden. Kulturelle Parallelen bestehen zum politisch von Neuseeland abhängigen Tokelau. Tamafine o Te Namo singen "Filoalofa", die Geschichte über ein junges und schönes Mädchen aus der Inselwelt des Südpazifik. Te Namo, so konnte ich auch noch herausfinden, ist die lokale Bezeichnung für die Lagune von Funafuti.

Eine florierende Popszene hat der Inselstaat, der übersetzt so viel wie "acht Inseln" heißt, allerdings seit dem Hinzukommen der Insel Niulakita aus neun Eilanden (Tuiva) besteht, nicht. Stattdessen findet man in den Weltmusik-Foren mehrheitlich traditionelle Melodien, die allesamt das gleiche Südsee-Gefühl vermitteln, wie schon bei der Vorstellung von Vanuatu vor ein paar Wochen und "Filoalofa" stimmt da voll und ganz ein. Wer die Inselgruppe übrigens einmal selbst sehen möchte muss vor allem Zeit mitbringen, regelmäßige internationale Flugverbindungen bestehen ausschließlich von den Fidschi-Inseln aus.

Tamafine o Te Namo - Filoalofa

Freitag, 26. Juli 2019

Serbien: RTS bestätigt Teilnahme in den Niederlanden


Serbien - Meiner Übernachtung in Greifswald geschuldet gilt es noch nachzutragen, dass Serbien ebenfalls seine Teilnahmebestätigung für den 65. Eurovision Song Contest in den Niederlanden ausgesprochen hat. Das serbische Fernsehen RTS bestätigte, auch 2020 einen Kandidaten zu entsenden.

Gegenüber ESCtoday.com wurde damit die Meldung des lokalen Song Contest-Kommentators erneuert, der sich mit den Worten "bis zum nächsten Jahr" vom Finale in Tel Aviv verabschiedete. Dort belegte die 25jährige Nevena Božović mit "Kruna" den 18. Platz im Finale. Zuvor war sie bereits 2013 als Teil der Formation Moje 3 angetreten, jedoch im Halbfinale gescheitert.

Serbien wählte seine letzten beiden Vertreter durch den nationalen Vorentscheid Beovizija, einen klassisch konstruierten Vorentscheid mit zwei Halbfinals und einer großen Finalshow aus Belgrad. Serbien ist seit 2007 als unabhängige Nation bei der Eurovision vertreten, zuvor nahm das Land als Teilrepublik von Jugoslawien bzw. später im Staatenbund Serbien-Montenegro teil.

Mittwoch, 24. Juli 2019

Beyond Eurovision (6): Sambia



Sambia - Im Zuge der Entkolonialisierung Afrikas in den 60er und 70er Jahren wurde auch das zuvor als Nordrhodesien bekannte Sambia vom Vereinigten Königreich unabhängig. Schon kurz nach der Unabhängigkeit 1964 entwickelte sich mit Hilfe des Sambischen Radiodienstes eine populäre Musikkultur im Land, Präsident Kenneth Kaunda verfügte per Dekret, das 95% der gespielten Musik sambischen Ursprungs zu sein hatten.

 Schnelle Fakten
Hauptstadt
Lusaka
Sprachen
Englisch
Fläche
752.614km²
Währung
Kwacha (K)
Einwohner
17,1 Mio.
Internet-TLD
.zm
Zeitzone
UTC +2
Wiki-Info

In den 90er Jahren wurde die sambische Popkultur durch finanzielle Probleme stark gebremst, inzwischen geht es langsam wieder aufwärts. Einer der bekanntesten Künstler des Landes ist seit geraumer Zeit Bob Mabege, der seine Karriere im Kirchenchor seiner Heimat begonnen hat. Er wurde 1981 geboren, seine Eltern stammen aus dem benachbarten Rhodesien, bzw. heute Zimbabwe.


Seit 2000 macht er kommerzielle Musik und hat eine große Anhängerschaft in Sambia, Lieder wie "Ba dadi" oder "Ndalama za masoka" machten ihn landesweit bekannt. 2005 erschien mit "Mr. True" sein erstes Album, in dem er auch gesellschaftskritische Texte überbringt und soziale Missstände besingt. Einer seiner Titel, die mir nachhaltig in Erinnerung geblieben sind, ist "Ngomwa".

Gerade dieser Musikstil ist in ganz Afrika anzutreffen und hat es durch Interpreten wie Jessy Matador auch schon zum Eurovision Song Contest geschafft. Eine weitere sambische Interpretin, die international auf sich aufmerksam machen konnte ist Towela Kaira, die sich mit ihrem Gospel-Popsong "Gold" auf den dritten Platz beim jüngsten AfriMusic Song Contest vorarbeiten konnte.

Bob Mabege - Ngomwa