Mittwoch, 27. Februar 2019
Ukraine: UA:PBC zieht sich vom Song Contest 2019 zurück!
Ukraine - Unter normalen Umständen begrüße ich ja jeden Teilnehmer beim Eurovision Song Contest, solange er sich zu benehmen weiß. In diesem Fall kann man wohl eine Ausnahme machen, angesichts des unsäglichen Verhaltens des ukrainischen Fernsehens UA:PBC. Der Sender in Kiew teilte heute Abend mit, dass man nicht nach Tel Aviv fahren wird und die Ukraine damit offiziell 2019 aussetzt.
Nachdem Maruv nach ihrem Sieg beim Vorentscheid noch rechtzeitig ihren Kopf aus der Schlinge ziehen konnte und den Knebelvertrag des öffentlichen Senders UA:PBC nicht gegenzeichnete, kontaktierte der Sender nach und nach die dahinter platzierten Interpreten des Vorentscheids. Es hagelte Absagen, sowohl Freedom Jazz, als auch Kazka und Brunettes Shoots Blondes wiegelten ab und verzichteten, wohl auch wissend was von ihnen verlangt wird, auf die Nachnominierung.
In dem Vertrag ging es u.a. darum, auf Konzerte und Auftritte in Russland zu verzichten, auf Individualität bei der Choreographie ohne Abstimmung mit den zuständigen Sendermitarbeitern zu verzichten sowie nicht mit UA:PBC abgestimmte Interview- und Presseanfragen nicht beantworten zu dürfen. Verstöße gegen diese Klauseln wären mit einer Vertragsstrafe von bis zu 65.000 Euro geahndet worden. Ferner hätte der Interpret die Auslagen für seine Song Contest-Teilnahme sowie der Visabeschaffung für Israel aus eigener Tasche zahlen müssen. Alle Einzelheiten zum Vertragsinhalt gibt es hier.
In einer uneinsichtigen Stellungnahme des Senders hieß es: "Die Verbindungen von Interpreten zum Showbusiness auf dem Gebiet des Aggressorstaates [Russland]", mit dem man sich das fünfte Jahr in Folge im militärischen Konflikt befindet, machen es unmöglich, jene Kandidaten zum Wettbewerb zu schicken. Weiter heißt es, es gäbe keine Gesetze in der Ukraine die solche Auftritte unterbinden würden, obwohl es großen öffentlichen Zuspruch für derlei Auftrittsverbote und Regelungen gäbe, gab der Sender an.
Demnach habe man sich nun in Rücksprache mit der EBU darauf verständigt, die Teilnahme in Tel Aviv abzusagen. Aus Genf hieß es lediglich, man hoffe, die Ukraine 2020 wieder beim Eurovision Song Contest willkommen heißen zu können. Angesichts der Entwicklungen in der Ukraine darf sich der öffentlich-rechtliche Sender des Landes damit aber gerne Zeit lassen, bis man sich wieder auf die Grundwerte des Eurovision Song Contests besonnen hat.
Ankündigungen, bei öffentlichen TV-Auftritten von Interpreten, die auch in Russland auftreten, große Einblendungen mit dem Verweis "Dieser Künstler tourt im Aggressorstaat" zu zeigen, die den Künstler als Verräter denunzieren, zeugen davon, wie die ukrainischen Medien angehalten werden, sich der Politik ihres Landes zu beugen. Die jüngsten Kreuzverhöre der Vidbir-Teilnehmer, allen voran durch Song Contest-Siegerin Jamala, bezüglich der Halbinsel Krim, zeigen, wie wenig der Sender bereit ist, sich den Grundprinzipien der Eurovision zu beugen.
Die Teilnehmerzahl beim Eurovision Song Contest 2019 in Tel Aviv sinkt dadurch auf 41 Nationen. Die Europäische Rundfunkunion kündigte an, weitere Gespräche bezüglich der Vorgänge im und nach dem nationalen Vorentscheid führen zu wollen, hält sich aber grundsätzlich aus den nationalen Vorrunden raus. Ein klares Statement wird vermisst, Fakt ist jedoch, dass UA:PBC heuer die Reißleine gezogen hat, nachdem ihm sein eigener selbstzerstörerischer Vorentscheid um die Ohren geflogen ist. Der Kooperationspartner, der Privatsender STB gab ebenfalls an, die zukünftige Zusammenarbeit überdenken zu wollen.