Montag, 28. Januar 2019

Deutschland: OGAE Germany Clubtreffen



Deutschland OGAE Germany Clubtreffen: Probier’s mal mit (ESC-)Gemütlichkeit!

Am Samstag, 26. Januar, fand in München wieder das alljährliche Clubtreffen von OAGE Germany statt. Matthias (Ex-PRINZ-Blogger) war für uns vor Ort und berichtet vom kunterbunten Event. 

Beim Clubtreffen des OGAE Germany braucht man traditionell ordentlich Sitzfleisch, und das war auch am vergangenen Samstag wieder der Fall. Das Team um Präsident Klaus Woryna, Frank Albers, Reinhard Ehret und die vielen Helferinnen und Helfer hatte wieder ein ebenso großartiges wie umfangreiches Programm zusammengestellt. Und abwechslungsreich war es obendrein. So begann im Wirtshaus im Isartal - dem „Tatort“ des Clubtreffens seit vielen Jahren – das Event bereits um 15 Uhr.

Der Nachmittag war mit allerhand Clubinternem gespickt. So vollzogen Frank und Reinhard, die gewohnt unterhaltsam durch das Clubtreffen führten, die Siegerehrung des clubeigenen Member Song Contest. Auf der Leinwand wurden im Schnelldurchlauf die Top 10 gezeigt und dann die Top 3 mit je einem Preis geehrt. Außerdem wurde mit dem Beamer der Film gezeigt, den Karl Jakob für den Club im Mai während den zwei ESC-Wochen gedreht hatte: Highlights des Song Contest 2018. Straßenszenen in Lissabon, Eindrücke aus dem Pressezentrum, Kurzinterviews mit Stars am „Blauen Teppich“, die Sieger-Pressekonferenz mit Netta.

Zu Beginn wurden aber erst mal auf der Leinwand Grußworte der Acts gezeigt, die demnächst in Berlin bei „Unser Lied für Israel“ um das deutsche Ticket für Tel Aviv kämpfen. Einer war sogar extra für das Clubtreffen kurz nach München geflogen: Linus Bruhn. Er freue sich, hier in der Community zu sein, sagte er, schließlich sei er auch seit Kindheit an ESC-Fan. Seinen potenziellen Tel-Aviv-Beitrag durfte er natürlich nicht singen, aber er begleitete sich auf der Gitarre zu Michael Schultes „You let me walk alone“. Sympathisch!

Zwei Punkte standen am Nachmittag im Wirtshaus aber im Mittelpunkt. Zum einen der Cover Song Contest mit diesmal überschaubaren fünf Acts, die aber durchaus Qualität boten. Im Voting setzte sich dann Christian Deußen mit seiner starken Darbietung von „Flieger“ (Deutschland 1989) mit der Höchstpunktzahl klar durch. Zweiter wurde Daniel Koch, der sich zu „Insieme: 1992“ (Italien 1990) eine zeitgemäße politische Botschaft ausgedacht hatte: Er kam mit zwei Fähnchen – eine EU-Fahne und eine britische – auf die Bühne, die er während der drei Minuten in alle möglichen Richtungen streckte, wie beim Flaggenalphabet. Buchstabierte er etwa „Brexit“ oder „Theresa May“? Am Ende warf er das britische Fähnchen auf den Bühnenboden und reckte die blaue Sternen-Fahne nach oben.

Dritte wurden die Johanna von Koczians, die schon mehrmals beim Cover Contest angetreten sind. Diesmal gaben sie „Ik ben verliefd (Sha-la-lie)“ (Niederlande 2010) zum Besten und machten stimmliche Wackler mit einer wunderbaren Nachahmung der Osloer Choreo mit lebensgroßer Drehorgel wett. Auf Platz vier und fünf landeten die Covers von „Johnny Blue“ (Deutschland 1981) und „I never ever let you go“ (Dänemark 2001).

In den Vorjahren hatte der OGAE Germany für sein Clubtreffen jeweils einen Überraschungsgast gewonnen – da kam mal unangekündigt Carolin Reiber vorbei, die einstige Moderatorin mehrerer deutscher Vorentscheidungen, oder Komponist Christian Bruhn („Wunder gibt es immer wieder“). Würde Reinhard Ehret gleich auch wieder jemanden auf der Bühne interviewen? Man wolle einen 90. Geburtstag feiern, tat Reinhard erst mal geheimnisvoll. Im Einspieler wurde dann klar: Es geht um Bibi Johns – die schwedische Schlagersängerin und Schauspielerin hatte in Deutschland in den 1950ern mehrere Hits, und 1983 moderierte sie das Melodifestivalen, bei dem Carola für den ESC in München ausgewählt wurde. Bibi hatte erst vor einer Woche ihren 90. gefeiert.

Unter großem Applaus begrüßte Reinhard sie auf der Bühne. Bibi, die seit Langem in Deutschland lebt, sieht noch top aus, gar nicht wie 90. Sie erzählte über das damalige Melodifestivalen (sie habe Carola ganz großartig gefunden und auf ihren Sieg beim Mello gehofft; sie habe Schwedisch üben müssen für die Moderation, weil sie schon so lange im Ausland lebte), über ihre weitere Leidenschaft, die Malerei, und über ihren Blick auf den Eurovision Song Contest. Leider habe sich der Wettbewerb zu einem „Zirkusfestival“ entwickelt, in der nicht mehr der Song, sondern die Performance im Mittelpunkt stehe. Aber das habe nun mal die Zeit mit sich gebracht. Eine charmante wie humorvolle Gesprächspartnerin, der man interessiert zuhörte.

Dass nicht nur wir Fans das Münchner OGAE-Clubtreffen schätzen (es war seit Wochen ausverkauft!), beweist die Tatsache, dass auch frühere Überraschungsgäste gern wiederkommen. Reinhard und Frank begrüßten am Tisch vorn an der Bühne Ralph Siegel, Carolin Reiber, Katja Ebstein, Dirigent Norbert Daum (dirigierte mehrfach für Deutschland beim ESC, u.a. „Ein bisschen Frieden“ 1982) und Linda G. Thompson (Leadsängerin der Hornettes, deutscher Vorentscheid 1981). In der ersten Reihe saß zudem Patrick Lindner. Ralph Siegel hatte das Clubtreffen über seinen Spaß, zeigte während des Cover Contests seine Begeisterung für Christian Deußen mit einem doppelten „Daumen hoch“ und stand den Abend über regelmäßig auf und winkte ins Publikum, wenn einer seiner Beiträge angespielt, vorgetragen oder auch nur erwähnt wurden.

Nach Bibi Johns war erst mal Durchschnaufen angesagt. Es gab zwei Stunden Pause, um mal draußen frische Luft zu schnappen, denn im vollen Saal wurde es zunehmend warm und etwas stickig. Außerdem konnte man lecker zu Abend essen. Um 20 Uhr waren dann wieder alle auf ihren Plätzen: Das Abendprogramm startete – mit fünf tollen Stargästen. Den Auftakt machte Betty Missiego. Die gebürtige Peruanerin, 1979 für Spanien in ESC-Diensten, sang neben ihrem Beitrag „Su canción“ auch eine melancholische Weise, die sehr südamerikanisch klang, sowie „A mi manera“, die spanische Version des Frank-Sinatra-Klassikers „My Way“. Eine wunderbare und, wie sich im Gespräch zeigte, äußerst sympathische Sängerin ohne Starallüren.

Danach war Ryan O’Shaughnessy an der Reihe. Der bewies mit mehreren Songs, die er schon in der TV-Show „Britain’s Got Talent“ gesungen hatte, dass er vor allem auf die Balladen-Schiene getrimmt ist. Darum streute er auch eine irische ESC-Ballade ein, „Rock’n’roll kids“ von 1994, und natürlich auch den eigenen Beitrag „Together“. Im Interview erzählte er, dass die Idee, die Tanzszenen im Video und dann auf der ESC-Bühne mit zwei Männern zu machen, von ihm stamme (die beiden Jungs seien Freunde von ihm). Er habe gar nicht gedacht, dass er damit für Aufsehen sorgen könnte („Wir haben in Irland die gleichgeschlechtliche Ehe ja schon seit einigen Jahren“), aber er habe sich auch gefreut, dass das chinesische TV die Ausstrahlung des Auftritts ablehnte, denn das habe ja erst recht Schlagzeilen für die Show und für ihn und seinen Song gebracht.

Nach so viel Balladenseligkeit wurde es Zeit für ein bisschen Partystimmung im Saal. Dafür durfte Esther Hart ran. Die Niederländerin hatte ihren Auftritt ganz auf den ESC zugeschnitten. Nach ihrem eigenen Beitrag „One more night“ (2003) sang sie ein holländisches Medley („Vrede“, „Hemel en aarde“, „Amsterdam“), gefolgt von „One good reason“, schließlich stammte der 1999er-Beitrag vom selben Autorenteam wie ihr eigenes ESC-Lied. Dann hängte sie gleich noch „Take me to your heaven“ dran, den Siegerbeitrag 1999. Der Saal kochte! Die Menge vor allem auf der Empore hatte sich längst von ihren Plätzen erhoben und klatschte begeistert mit. Im anschließenden Gespräch durfte Esther ein bisschen Werbung machen für ihr Sommer-ESC-Event „J’aime la Vlie“ im Juli auf der niederländischen Nordseeinsel Vlieland.

Vierter Stargast war die wunderbare Ireen Sheer. Sie kam mit dem Song „Showtime“ auf die Bühne. Dann gab’s im Gespräch mit Frank erst mal Erinnerungen an den ESC 1974 – ein Freudenfest für Ralph Siegel im Publikum, stammte doch Ireens erster ESC-Beitrag „Bye Bye I love you“ (1974) von ihm. Sie sang diesen Luxemburger Beitrag allerdings nur kurz an, danach eine Remix-Version von „Feuer“ (1978). Insgesamt hatte Ireen von ihren Hits neue Remix-Versionen mitgebracht, die vom Sound her alle irgendwie nach Ballermann klangen: „Tennessee Waltz“ und „Und heut‘ Abend hab‘ ich Kopfweh“. Der Kontrapunkt dazu und ein echter Gänsehaut-Moment am Schluss: Ireens A-cappella-Vortrag von „Amazing Grace“. Großes Tennis!

Den offiziellen Teil beendete Imri Ziv. Von dem Israeli hatte ich mir, ehrlich gesagt, mehr erhofft. Er sang vor allem die Songs, mit denen er in der Castingshow „Rising Star“ bis zum Sieg gekommen war („The edge of glory“ von Lady Gaga, „Halo“ von Beyoncé und „I don’t wanna miss a thing“ von Aerosmith). Leider sang er außer seinem eigenen Beitrag „I’m alive“ gar keinen anderen israelischen ESC-Song, immerhin hatte er sich noch für „Tonight again“ von Guy Sebastian entschieden. Man merkte auch an der Stimmung im Saal, dass viele nach vier Stargästen gesättigt schienen und Imri nicht die riesige Begeisterung auslöste, mit der er sicher gerechnet hatte. Vielleicht war das auch der Grund, warum er direkt nach seinem Auftritt abzischte und zum Schluss, als alle Stars auf der Bühne mit den Helferinnen und Helfern (plus den Cover-Contest-Siegern) gemeinsam Ireens „Bye Bye I love you“ sangen, gar nicht mehr dabei war.

Irgendwie schade. Aber vielleicht würden im nächsten Jahr eben auch vier Acts reichen. Das Clubtreffen ist ohnehin lang genug. Wobei Frank und Reinhard das Programm aber straff und souverän durchzogen und der offizielle Teil gegen 23 Uhr 30 zu Ende war.
Schnell wurde die Fläche vor der Bühne von Tischen und Stühlen befreit und dann konnte Konstantin alias DJ Ohrmeister übernehmen, der die ganze Nacht hindurch noch für prima Stimmung auf der Tanzfläche sorgte. Sehr gut kam dabei u.a. Spaniens Tel-Aviv-Beitrag „La venda“ an. Konsti lieferte eine wunderbare Mischung an Songs… ich habe sicher schon lange nicht mehr auf „Yavoh yom“ (Israel 1986) und „Hurricane“ (Österreich 1983) singend getanzt. Aber neben Klassikern wie „Vi maler byen rød“ fehlten natürlich auch tanzbare Hits der jüngeren ESC-Ära nicht, etwa „Fuego“, „Still in love with you“, „Occidentalis Karma“ und „La la love“. Der Autor dieser Zeilen machte sich nach „Surfen Multimedia“ und „Space“ von Slavko Kalezić kurz vor drei auf den Weg ins Hotel…

Fazit: Wer nicht dabei war, hat wirklich was verpasst. Die fünf so unterschiedlichen Stargäste spiegelten die bunte des Eurovision Song Contest herrlich wieder, die Stimmung im gemütlich-charmanten Wirtshaus zum Isartal ist jedes Jahr auf Neue großartig, und das Clubtreffen ist jedes Mal eine wunderbare Gelegenheit, seine ESC-Freunde zu treffen und neue zu gewinnen. 2020 auf ein Neues! Macht euch in zwölf Monaten auf nach München.

Betty Missiego | Bibi Johns
Carolin Reiber: war auch da.... | Imri während der Show
Imri im Gespräch mit Frank Albers | Ryan O'Shaughnessy