Montag, 2. April 2018

Kommentar: Eine erste Analyse nach Zahlen und Punkten


Portugal - In 40 Tagen findet das Finale des Eurovision Song Contests in Lissabon statt. Bis dahin stehen noch ereignisreiche Probenwochen bevor, bei denen man einen Eindruck erhält, wie der Beitrag live auf der Bühne wirkt, wer dem Druck nicht gewachsen ist, wer stimmlich nicht in Form ist oder wer sich unter Umständen vom Underdog zum Favoriten entwickelt. Bis dahin sind die Rankings, die z.B. als "Top 43" bei Youtube grassieren nichts weiter als Bewertungen von Fans, die meist wenig objektiv über Top oder Flop entscheiden.

Sie führt das Feld an:
Netta Barzilai aus Israel
Ein erster Indikator, in welche Richtung es für die Nationen beim Eurovision Song Contest gehen kann sind hierbei die Wettquoten. Nach dem Hype um "Toy", den israelischen Beitrag für Lissabon steht Netta Barzilai logischerweise ganz vorne in den Quoten. Der Song mit brandaktueller Message und einem tragenden Beat im Refrain ist nicht nur aus Sicht der Fans und einer Tanzgruppe aus Uganda ganz weit vorn, sondern auch bei den Buchmachern. Ob der nächste Song Contest in Jerusalem stattfinden wird, ist noch nicht fix, die Quoten sprechen jedoch für sie. 

Erstmals seit 2012 habe ich auch wieder zehn Euro in die Hand genommen und sie auf zwei Beiträge verteilt, denen ich den Sieg zutraue. Dabei ist es eher just for fun, im schlimmsten Fall sind zehn Euro futsch. Ganz großes Geld lässt sich mit dem Wetten ohnehin nicht verdienen, die Favoriten haben dermaßen niedrige Ausschüttungsquoten, dass ein Einsatz kaum lohnenswert ist und die Nationen mit miserablen Quoten (etwa Slowenien bei der Online-Plattform smarkets.com mit 979:1) werden wohl kaum gewinnen.

Fanfavoriten: Toy, Mercy und
Fuego - Schlusslicht Georgien
Natürlich wetten auch Song Contest-Begeisterte, primär werden die Quoten aber durch Menschen geformt, die auch professionell oder zumindest mit Taktik versuchen ihren Kontostand aufzubessern. Insofern dürften Wettquoten weniger subjektiv sein, als es z.B. die Rankings in der Scoreboard-App sind. Dort liegt Israel zwar ebenfalls mit deutlichem Abstand vorn, dahinter folgen mit Frankreich, Zypern, Belgien und Finnland aber andere Nationen als sie im Quotenbarometer auftauchen. Als Maßstab nehmen wir die Mittelwerte von 14 namhaften Wettanbietern, darunter bwin, William Hill oder Paddy Power Betfair. 


Im Mittel würde die Gewinnausschüttung bei einem gesetzten Euro auf Israel also bei gerade einmal 81 Cent liegen, die Marge des jeweiligen Anbieters eingerechnet. Die Bruchzahlen in der Tabelle zeigen übrigens die amerikanische Zählweise auf. Sie lassen sich durch einfache Division in einen Dezimalwert umrechnen (Beispiel: 7/4 werden somit zu 1,75). Deutliche Unterschiede zwischen dem Ranking der App und den Wettquoten gibt es u.a. bei Eleni Foureira für Zypern. Liegt sie in der Community auf Platz drei, so liegt sie in den Quoten nur auf dem 22. Rang. Estland dümpelt in der Community auf dem siebten Rang vor Bulgarien, in den Wettquoten steht die baltische Nation direkt hinter Israel.

Aspirant auf den 18. Platz?
Michael Schulte beim VE
Übereinstimmend ist das Ranking im Mittelfeld, in beiden Fällen liegt Michael Schulte für Deutschland derzeit auf Rang 18, ein Ergebnis, das ich in diesem Jahr tatsächlich auch im Finale für uns erwarte. Rundherum liegen Weißrussland, Portugal und Österreich. Am Ende der Tabelle findet man die üblichen Verdächtigen wie Georgien, die Schweiz, Montenegro und San Marino. Wer fest an einen Sieg jener Länder glaubt, wird jetzt irritierte Blicke kassieren, könnte im Fall der Fälle aber als reicher Zuschauer aus dem Abend hervorgehen. Tatsächlich liegen die Chancen, dass der nächste Song Contest etwa in Podgorica stattfindet bei rund 0,XX%. 

Da wir bisher nur die Versionen der jeweiligen nationalen Vorentscheide kennen und uns auf den Live-Eindruck der dortigen Auftritte berufen müssen, bzw. auf die Erfahrung der letzten Jahre bei intern nominierten Künstlern, kann sich in dieser Hinsicht noch eine Menge verschieben. Preview-Events wie in Amsterdam oder in London spiegeln sich ebenso in der Vorab-Bewertung wieder. Das ist alles sehr mathematisch und kann bei den Proben in Lissabon noch einmal völlig durcheinander gewirbelt werden, ich erinnere erneut an Francesco Gabbani, der bis zur Eurovisionswoche haushoch in den Quoten vorn lag, irgendwann zwischen Halbfinale und Endrunde aber auf den letzten Metern von Salvador Sobral überholt wurde und am Ende auch nur Sechster wurde.

Nach dem Voting am 12. Mai
heißt es "Rien ne va plus"
Nach meinen Casino-Ausflügen in der Vergangenheit auf der Color Line oder in Monaco, bei denen immerhin ein Outcome erzielt wurde, das oberhalb des Einsatzes lag, habe ich mich diesmal wieder dazu entschieden, in zwei Beiträge zu investieren. Zuletzt habe ich dies bei Pastora Soler in Baku getan. Der "Kick" ist einfach ein bisschen größer, wenn man zumindest einen kleinen Einsatz eingebracht hat und seinem Favoriten die Daumen drückt. Dabei spielt in diesem Jahr eine Mischung aus persönlichem Wunsch und einem Blick auf die Quoten jenseits von Israel eine Rolle. Ich bin gespannt ob es klappt, falls nicht war es zumindest eine Erfahrung. Aber: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Das gilt auch für progressive Songs die auffallen anstatt nur im Einheitsbrei mitzuschwimmen.