Montag, 2. Mai 2022

Tag 3: Von Bullenreiten und Austernschlürfen


Italien
- Ein weiterer Probentag in Turin, der den Journalisten Kopfzerbrechen bereitet, ist abgeschlossen. Neun Nationen hatten heute im PaliOlimpico ihren ersten Auftritt, begonnen bei den bekanntesten Vertretern in diesem Jahr, der finnischen Band The Rasmus. Die hatte im Vorfeld angekündigt, fliegende Requisiten mitzubringen, heute weiß man, es handelt sich um schwarze Heliumballons. Das Konzept der Band ist in gelb gehalten, Frontmann Lauri trägt im Verlauf sowohl Friesennerz als auch oberkörperfrei. Stimmlich sind die Auftritte heute erneut nicht bewertbar, da Mitschnitte mit Ton nicht verfügbar sind.

Michael Ben David aus Israel präsentiert sich umringt von Tänzern in Weiß, das Acting dürfte ebenfalls nah an seinem Auftritt im israelischen Finale liegen, was meiner Meinung nach too much für einen Finaleinzug ist. Danach folgte der Auftritt von Konstrakta aus Serbien, die mit ihrem "In corpore sano" mehr als eine spannende Choreographie mit Hände waschen und Handtuchhaltern präsentiert, sondern auch ernste Töne über die Krankenversicherung in ihrem Land verliert. Von dem was man gesehen hat, weicht der Auftritt nicht sonderlich vom serbischen Vorentscheid ab. 

Nadir aus Aserbaidschan gab heute an, dass er viel lieber einen Rocksong gesungen hätte und womöglich hätte ihm das auch besser gestanden. Nun muss er seinen Titel "Fade to black" gemeinsam mit einem Tänzer auf einer Art Publikumstribüne im Dunkeln der Arena intonieren. Durch einen entsprechenden Kamerawinkel sollen dabei interessante Überschneidungen entstehen, man darf gespannt sein, ob die Show noch etwas aus dem faden Song herausholt. Für wesentlich mehr visuellen Eindruck sorgt das Team aus Georgien, wenngleich ich den dicken Mann aus dem Präsentationsvideo vermisse. Circus Mircus zeigen sich mit abgedrehten Kostümen. 

Einer trägt eine Art Klappschrein vor sich her, der andere hat eine Kaleidoskop-Brille auf, dem Gitarristen wachsen Blumen aus dem Bart, ein völlig normaler Eurovisionsbeitrag eben... leider fehlt der Zirkuscharakter bei dem bisher zur Verfügung stehenden Material, ich hätte da auf rot-weiße Ringelsocken und Trapezkünstler gesetzt, stattdessen wirkt es fast ein wenig brav. Nicht brav, aber klebig anbiedernd präsentiert sich Maltas Sängerin Emma Muscat, in einem Discokugel-Outfit auf einer güldenen Bühne. Auch der Flügel darf hier natürlich nicht fehlen. In anschließenden Meet & Greet wurde noch einmal die Botschaft zur Selbstliebe untermalt.

Akzente setzt San Marino mit Achille Lauro. Der trägt nämlich zu Beginn seiner Performance eine Federboa mit Bommeln, Lackstiefel und Strass, gegen Ende seiner Darbietung, die auch einen Bullenritt impliziert, hat er aber wie The Rasmus-Sänger Lauri Ylönen nur noch wenig an, gemäß seinem Songtitel "Stripper". Der Auftritt beim Vorentscheid wirkte dagegen blass und uninspiriert, in Turin zeigt sich Achille aber wieder wie gewohnt als Rampensau. Ebenfalls mit Federn, jedoch weiß getüncht, präsentiert sich Sheldon Riley aus Australien. Und spätestens hier merkt man, es ist das Jahr der Podeste, denn auch der gesangsstarke Australier nutzt mehrere Emporen während seiner Bühnenshow.

Den dritten Probentag beendete die in zyprischen Diensten stehende Andromache mit "Ela". Begleitet wird sie von zwei Tänzerinnen. Hier zeigt sich auch das mögliche Farbspektrum der Bühne, die Performance ist mit blauen, violetten und orangefarbenen Tönen dekoriert. Andromache präsentiert sich, wie dereinst schon Eleftheria in Baku als Aphrodite, anders ist die große Muschel auf der Bühne nicht zu erklären. Generell lässt sich aber auch heute noch kein großes Meinungsbild erstellen, die von der EBU gewollte Exklusion von Fans und Journalisten schränkt die Berichterstattung massiv ein, was inzwischen auch immer mehr Websites, die sich mit dem Eurovision Song Contest beschäftigen kritisieren.

Mit ostfriesischem Schietwetter-Outfit präsentieren sich The Rasmus
It's his moment: Michael Ben David hat es nach Turin geschafft
Pflegetipps und Gesellschaftskritik vermittelt Konstrakta für Serbien
Das Spiel des FK Qarabağ Ağdam scheint beendet, Nadir ist geblieben
Noch ein wenig zu soft und zu wenig Zirkus für Georgien
Gold und Silber, die Farben, mit denen Malta zur Selbstliebe aufrufen möchte
Der erste Rodeoritt seit Dita van Teese in Moskau auf Gummilippen herumhüpfte
Sheldon Riley hat seinen Pailletten-Niqab vom Vorentscheid mitgebracht
Eleftheria hat angerufen und möchte ihre Austernkulisse zurück