Freitag, 13. Mai 2011

Eurovision 2011: Analyse des zweiten Semifinals


Deutschland - Der Abend begann mit einer Warmup-Show, die Frank Plasberg moderierte und das geschickter tat als sein Kollege Frank Elstner am Montag, dennoch sprang kein wirklicher Funke über, auch nicht als Dauergast Johnny Logan und Lys Assia aufschlugen, die scheinbar mit ihren 87 Jahren auch ziemlich debil wird. Als angenehm empfand ich die Olsen Brothers.

Um 21 Uhr ging es dann los, die Moderatoren präsentierten kurz den Ablauf der Show und dann stand auch schon fast Bosniens Sänger Dino Merlin mit seinem Truppe auf der Bühne. Mit seinem "Love in rewind" traf er mit Sicherheit den Nerv des südöstlichen Europas, das gestern Abend stark vertreten war, wenngleich Bosnien und Slowenien die einzigen waren, die es schafften. Bosnien-Herzegowina zog auf der PK im Anschluss den ungeliebten Startplatz #2, von dem in all den 56 Jahren noch kein Künstler gewonnen hat.

Österreichs Interpretin Nadine Beiler bereitete vielen in der Halle Gänsehaut, der Applaus brannte auf, als sie a capella ihren Titel ansang. Es war meiner Meinung nach der beste Auftritt des ganzen Abends, sie war so sicher und was wurde gejubelt, als Österreich es ins Finale schaffte, toll! Und wie den Flaggen vor der Bühne entnehmen konnte, waren auch viele aus der Alpenrepublik angereist.

Die Niederlande überzeugten nicht so wirklich, zu langweilig war ihr Beitrag, vielleicht sollten die Rundfunkleiter der Oranjes mal wieder ein neues Konzept für ihren Vorentscheid wählen und den Interpreten nciht ständig intern auswählen. Belgien war zwar gut, aber für den Eurovision Song Contest wahrscheinlich speziell, auch Witloof Bay fahren über die nahe gelegene Grenze zurück nach Hause. Die Slowakei mit ihren optisch beeindruckenden Twiins müssen das gleiche tun, für die Slowakei ist zum dritten Mal im Halbfinale Schluss.

Die Ukraine hingegen überzeugte mit ihrer Sandmalerei und lenkte damit geschickt von ihrem Lied ab, auf das ich mich ehrlich gesagt auch nur noch periphär konzentriert habe, wahrscheinlich ging den meisten Europäern das ähnlich und weil die Kunst aus Sand im Hinterkopf blieb, wurde dafür angerufen, verdient ist es trotzdem. Bei der Gruppe aus Moldawien hinterfrage ich das schon eher, aber mit der Ukraine und Rumänien im gleichen Semifinale ist die Hälfte der Punktezahl ja ohnehin schon fast geschenkt.

Schweden war meine persönliche Enttäuschung des Abend, viel weniger weil nur eine der Glasscheiben zu Bruch ging und man das auf den Fernsehschirmen kaum wahrnehmen konnte, sondern weil Eric derart leise gesungen hat, dass ich das frenetisch jubelnde Publikum deutlicher hörte als "Popular". Dennoch hat er Schweden zumindest wieder ins Finale gebracht, das dürfte der einstigen Glanznation beim Song Contest bis Samstag Hoffnung geben, ich erbitte aber noch ein spezielles Training heute und morgen.

Zyperns Sänger Christos Mylordos tat mir ein bisschen leid, die Nummer hat er gut verkauft und gesungen. Leider hat man sehr deutlich die Bodenplatten gesehen, auf denen die Skistiefel standen und nach dem Einsatz der Heulboje standen diese auch deutlich sichtbar im Bodennebel herum und dampften, ob das optisch so toll war... nun ja, Zypern als auch die nachfolgende Bulgarien Poli Genova, eine von Lenas Lieblingsbeiträgen, die auch international ganz gut ankam, scheiterte an der Finalhürde.

Das Mazedonien nicht im Finale ist, lässt sich ertragen, muss halt am Samstag bei einem anderen Lied gesoffen werden, wie die australischen Kommentatoren neulich berichteten, lässt sich dafür immer ein Grund finden und die meisten Australier müssen am Ende des Wettbewerbs wirklich übelst voll sein. Mazedonien jedenfalls verpasst zum vierten Mal in Folge den Finaleinzug und kaum etwas erinnert noch an das einstige Dauerweiterkommen zwischen 2004 und 2007.

Die zweite Enttäuschung des Abends war die einst glamouröse Dana International mit ihrem Schildkrötenpanzerkleid. Das sie stimmlich nicht zur Elite des Abends zählen würde war klar, aber irgendwie hielt sich das versprochene Drama doch stark in Grenzen. Sie ernetete zwar den Applaus der Fans, aber in Europa werden die wenigsten sie für ihre Verdienste um die Transsexuellen Ende der 90er und ihren Erfolg in Birmingham mit Anrufen und SMS belohnt haben. Einer meiner Mitfavoriten verabschiedet sich also nach dem Semifinale zurecht in Richtung Heimat.

Sloweniens Maja Keuc war meine persönliche Überraschung des Abends. Zwar gefällt mir das Lied und ich empfinde es als angenehm, dennoch habe ich in diesem starken Semi nicht mit ihrem Weiterkommen gerechnet. Ähnlich mag es vielen mit Rumänien gegangen sein, den ich widerum auf der Rechnung hatte. Der aus Großbritannien übernommene Sänger David Bryan und seine Gruppe Hotel FM halten auch weiterhin den 100%-Rekord der Rumänen aufrecht und singen Samstag von Startplatz #17 aus, also hinter Lena.

Ohne Zweifel einen der besten Auftritte legte Getter Jaani aus Estland hin, wer es schafft aus einem gelben Tuch einen Tanzstock zu zaubern, niedliche Tänzer mitbringt und auf den Hochhäusern der Großstadt rumturnt, wird nicht nur mit Rosen, wie am Ende ihres Liedes, sondern auch mit dem Finaleinzug belohnt. Gut gemacht, Estland.

Der Diktator daheim wird wenig erfreut sein, dass die Weißrussen um Anastasia Vinnikova zwar die Bühne in Brand steckten und man beim Schlusston das Gefühl hatte, in der Halle würde der nächste Jugoslawien-Krieg entbrennen, so laut wie das ganze Geknalle war, dennoch scheiterte der Promotionsong "I love Belarus" am demokratisch lauschenden Ohr der Resteuropäer. Um die Show ist es schade, um das Lied nicht.

Ein bisschen enttäuscht war ich auch von den Letten, Emils und Marts, die nun das dritte Aus ihres Landes in Folge schafften. Zuerst saßen sie mit dem Rücken zum Publikum, was einen netten Effekt erzielte, später wippte Emils auf der Bühne herum und machte das auch gut, ich kann mir vorstellen, dass die Letten knapp gescheitert sind, aber sie sind gescheitert und das lässt sich nicht ändern. Ein allzu großer Verlust für den Eurovision Song Contest ist das aber auch nicht.

Über Dänemark, das Land, das bald wieder Zollkontrollen einführen möchte, verliere ich an dieser Stelle keine Worte, da lasse ich mir für meinen Bericht am Sonntagmorgen noch etwas einfallen... zum Schluss dann die Iren, die stimmlich zwar in einer Liga mit Dana International und Eric Saade spielen, aber eine großartige Show aufboten und so viel Energie hatten, dass sie noch heute Morgen hätten Tanzen und Hampeln können.

Anke und Stefan spielten in der Halbzeit, as we say in Germany, which means Halbzeit, ein schiefes Medley von Eurovisionstiteln und schlugen sich dabei gegenseitig die Zähne aus, großartig. Am Ende nach dem Interval-Act, die Gruppe Flying Steps, die zu klassischer Musik Breakdance, Hip Hop und alles mögliche in ihrer Show verpackten, wurde Lena kurz interviewt, die laut Matthias Opdenhövel zuvor gut gebechert zu haben schien und lallte, was Lena damit begründete, dass sie kein In-Ear besaß und ihre Stimme eine Sekunde später in der Halle hörte.

Die Öffnung der virtuellen Umschlage wurde dann recht schnell abgehandelt, Anke Engelke feierte noch mit der vorherigen Nation, da war Bosnien-Herzegowina schon geöffnet. Insgesamt ging aber ein stimmiges Semifinale mit einem sehr akzeptablen Ergebnis zuende. Nähere Informationen folgen noch im Laufe des Tages. Das zweite Semi erreichte 3,36 Mio. Zuschauer und 12,4% MA, im Gegensatz zum ersten Semi auf ProSieben, dass nur 2,05 Mio. erreichte - es geht also aufwärts.

Machten einen guten Job, unsere Moderatoren | Die 3J's schieden hingegen aus
Auch sie müssen zurück nach Bratislava | Eric Saade zertrümmerte nur eine Scheibe
Draußen: Vlatko Ilievski | Überraschung des Abends, Maja Keuc ist im Finale
Die Diva ist gefallen, Dana ist draußen | Getter Jaani punktete in Europa
Wird dem Diktaktor nicht gefallen, Anastasia ist ausgeschieden, genauso wie Lettland
Die siegreichen 10 auf der Bühne
Jedward quasselten auch ohne das Fragen gestellt wurden auf der PK
Skandinavien setzte sich gestern Abend durch, Dänemark und Schweden sind weiter