Donnerstag, 2. Mai 2024

Eurovision 2024: Erste Probe der sechs Finalisten


Schweden
- Mit Abschluss des heutigen Probentages haben wir nun auch ein erstes Gefühl, in welche Richtung es für die sechs direkt qualifizierten Beiträge aus den Big Five sowie Gastgeber Schweden gehen kann. Als erster Finalist stieg Olly Alexander für das Vereinigte Königreich auf die Bühne und lässt mich sogleich fragend zurück. Warum hat man als Szenenbild eine versiffte Männerdusche genommen? Warum ist das Hemd von Olly zerrissen und warum sehen die Tänzer aus wie Boxer, schmiegen sich aber an den Sänger, als wäre Jagdsaison im Tom's ausgebrochen?

Man könnte meinen, dass man bei diesem schrägen Gesamtbild, kombiniert mit Pyroeffekten, Blitzlichtgewitter und anderen explosiven Settings bewusst vom Song ablenken möchte. Zumindest braucht sich die BBC in diesem Jahr keine Gedanken machen, dass das Beinkleid des finnischen Interpreten eventuell zu tief geschürzt ist. Danach folgte auch schon der deutsche Vertreter Isaak, der mit dem eigenen Fahrzeug nach Malmö angereist ist und sich vor seiner Fahrt nach Schweden nochmal einen fröhlichen Blondton in die Haare hat eindrehen lassen. Isaak wirkt souverän und im Vergleich zu den vergangenen Jahren hat der NDR mal wieder ein bisschen Geld ins Bühnenbild investiert.

Zu sehen ist Isaak anfangs in einem Sessel, im Hintergrund brennt ein Fass und käfigartige Dekogegenstände, man scheint sich ein bisschen das Gefühl eines Wohnzimmer schaffen zu wollen. Später werden alle Requisiten zur Seite geschoben und geben den Blick frei auf vier Backings, offenbar stark intoniert und für allgemein ganz ordentlich, weniger überladen als andere Delegationen es in diesem Jahrgang versuchen, trotz seiner stimmlichen Leistungen beschleicht mich aber immer noch das Gefühl, dass "Always on the run" hinten überfallen könnte, als Jurybeitrag gewiss gut geeignet, im Televoting muss man schauen...

Wenig Neues bietet der schwedische Beitrag von Marcus & Martinus, im Prinzip haben wir die dreiminütige Performance inklusive Backdrop und Kostüme schon beim Melodifestivalen gesehen, insofern gibt es hier gar nicht allzu viel zu berichten, sofern man den Auftritt vom schwedischen Vorentscheid kennt. Ja, beleuchtungstechnisch ist da schon ein bisschen was verrückt worden, ansonsten wies SVT schon vor zwei Monaten ein fertiges Konzept auf. Ganz anders bei Frankreich, da man von Slimane bisher kaum Live-Auftritte zu sehen bekam.

Insofern konnte man gespannt auf das Staging der Franzosen sein. Slimane liegt zunächst auf der Bühne in einem weiß beleuchteten Quadrat, richtet sich auf und steigert sich visuell und stimmlich mit Fortschreiten seines Beitrages. Er trägt eine weiße Hose und ein weißes, im Wind wehendes Oberteil, breitet die Arme auf und fleht "Mon amour" an, doch zu bleiben. Gut umgesetzt, sicherlich aber auch kein überragender Anwärter auf die Plätze ganz vorne. Das Gleiche wage ich auch von Spanien zu behaupten. Nebulossa haben ihr Rundsofa mitgebracht, ihre Tänzer vom Benidorm-Festival und auch "Zorra"-Banderolen im Hintergrund scheinen unerlässlich.

Das Bühnenbild ist in goldenen und roten Tönen gehalten, die Tänzer ziehen sich natürlich aus und tragen am Ende nur noch Lederstiefel und schwarze Korsagen, der Inhalt des Textes, der löblicherweise gänzlich auf Spanisch verblieben ist, dürfte sich rasch erschließen. Den krönenden Abschluss lieferte Angelina Mango aus Italien, die vor einer guten Stunde ihre Probe beendet hat. Was man in den 90er Jahren noch als Fake-Tattoo auf dem Körper trug, ist nunmehr Textil geworden, Angelina zeigt sich in einem dunkelroten Negligé, darüber ein florales Muster in Schwarz, im Hintergrund regnet es Rosen.

"La noia" gilt als Mitfavorit, das Staging der Italiener dürfte anders als in den letzten Jahren aber deutliche Fragen aufwerfen. Es passiert zu viel auf einmal auf der Bühne, man weiß gar nicht, wohin man zuerst schauen soll und vor allem fragt man sich, was das alles mit dem Lied zu tun hat. Die zweite Probe dürfte im Fall Italiens, aber auch bei den Briten durchaus einige dieser Fragen beantworten. Damit endete in der Malmö Arena der sechste Tag, morgen probt die zweite Hälfte des zweiten Halbfinals, übermorgen sind die Big Five und Schweden noch einmal an der Reihe.

Homoerotische Spielchen in der Dusche? Das Staging bleibt erklärungsbedürftig

Isaaks Wohnzimmer steht in Flammen, wirkt aber von allen noch am freundlichsten

Melodifestivalen 2.0, Marcus & Martinus bei der ersten Probe

Theatralik eines französischen Schmachtfetzens: Slimane mit "Mon amour"

Kennen wir auch schon vom Festival in Benidorm: Den Auftritt zu "Zorra"

Il nome della rosa, Angelina Mango für Italien