Montag, 6. Mai 2024

Eurovision 2024: Eine Abhandlung vom Wertungssystem


Europa
- Der Eurovision Song Contest ist seit jeher Regeländerungen unterzogen worden, nicht zuletzt was die Abstimmung angeht. Und so haben die Organisatoren auch in diesem Jahr wieder am Votingverfahren herumgeschraubt, das es mittlerweile zu einem hoch komplexen System macht, welches man Laien nur schwer erklären kann, zumindest wenn es um die Details geht. Grundsätzlich gilt, dass sich die Abstimmung in den Halbfinals nur auf das Zuschauervoting stützt, während im Finale 50% von einer Jury mitbestimmt werden. Genauer gesagt etwas weniger, da es ja auch noch das "Rest of the World"-Voting gibt. Insofern folgt hier ein kleiner Guide durch die Wertungsstruktur.

Voting in den Halbfinals am 7. und 9. Mai:
Stimmberechtigt sind in den beiden Halbfinals jeweils die Teilnehmerländer, die auch mit einem eigenen Beitrag an der Konkurrenz teilnehmen. Hinzu kommen im ersten Halbfinale die direkt für das Finale gesetzten Länder Deutschland, Schweden und das Vereinigte Königreich. Im zweiten Halbfinale stimmen zusätzlich Frankreich, Italien und Spanien ab. Genutzt werden kann in jenen Ländern sowohl die oft von den Organisatoren beworbene Eurovision App, sowie das SMS- oder Televoting. Die entsprechenden Nummern werden während der Show eingeblendet.

Hinzu kommt das "Rest of the World"-Voting, das als zusätzliche Länderwertung gelistet wird und alle Länder zusammenfasst, die nicht am Song Contest teilnehmen können oder wollen. Diese haben bereits 24 Stunden zuvor, nach Abschluss der zweiten Generalprobe die Möglichkeit online über www.esc.vote für ihre Favoriten abzustimmen. Das Wertungsfenster beginnt mit Abschluss des sogenannten Juryfinals und endet mit Beginn der Liveshow um 21 Uhr (MESZ). Für alle anderen Länder, die an den Halbfinals teilnehmen beginnt das Abstimmungsfenster während der Liveshow, nachdem der letzte Beitrag performt wurde und schließt wieder nach etwa 15 bis 25 Minuten.

Sollte aus welchen Gründen auch immer in den Halbfinals ein Zuschauervoting in Land X nicht zustande kommen, so greift zunächst ein aggregiertes, durchschnittliches Voting aus einer zuvor festgelegten Gruppe von Ländern mit vergleichbaren Präferenzen. Sollte auch dies nicht möglich sein kommt eine Backup-Jury zum Einsatz, die ihre Stimmen bereits bei der zweiten Generalprobe am Tag vor der Liveshow abgegeben hat. Aus allen Länderwertungen werden dann die Top Ten ausgewählt, die in das Finale am Samstagabend einziehen. Diese werden in willkürlicher Reihenfolge präsentiert, sollte es zu einem Punktegleichstand kommen, qualifiziert sich derjenige, der die meisten Höchstwertungen hat.

Voting im Finale am 11. Mai:
Anders als in den Halbfinals kommt im Finale auch eine nationale Jury zum Einsatz. Diese bewerten nach Originalität, Performance, Stimme und Gesamteindruck unter notarieller Aufsicht das Juryfinale am Abend des 10. Mai. In jeder Jury sitzen fünf Mitglieder aus dem Unterhaltungs- und Musikbereich. Die einzelnen Juryergebnisse werden gelistet und zu einem umfassenden Ländervoting zusammengefasst. So erhält der durchschnittlich am besten platzierte Interpret aller fünf Juroren die Höchstwertung. Hieraus ergibt sich das typische ESC-Schema von zwölf bis hin zu einem Punkt. Diese Stimmen werden von den Spokespersons in den 37 Ländern am Samstagabend verlesen.

Im Finale sieht das Zuschauervoting ein wenig anders aus. Hier stimmen neben den 26 Teilnehmerländern auch die ausgeschiedenen Halbfinalisten ab. Auch hier haben Zuschauer aus dem "Rest of the world" die Möglichkeit online nach Abschluss des Juryfinals bis zum Beginn der Liveshow um 21 Uhr (MESZ) abzustimmen. Notwendig ist hierfür eine Kreditkarte, die in einem ROTW-Land ausgestellt wurde. Möchte man also etwa aus Kanada abstimmen, so muss die Kreditkarte als Zahlungsmittel auch in Kanada ausgestellt sein.

Zuschauer aus den 37 Teilnehmerländern haben ab der Präsentation des ersten Beitrags die oben genannten Möglichkeiten per App, SMS oder Televoting abzustimmen. Das Wertungsfenster im Finale bleibt 25 bis 40 Minuten nach der letzten gesungenen Note geöffnet. Aus allen Stimmen ergeben sich pro Land die Zuschauerstimmen, die nach bewährtem ESC-Schema in 12, 10, 8-1 Punkte umgewandelt werden. Alle Zuschauerstimmen aus dem ROTW-Voting als auch von den 37 Teilnehmerländern werden gebündelt und nach dem Juryvoting von den Moderatoren verlesen. Hierbei gilt, dass der Letztplatzierte im Juryvoting als erstes sein Zuschauervotingergebnis erfährt. 

So geht das Spiel weiter, bis der Favorit der Juroren und bis dahin in Führung liegende Interpret seine Punktezahl aus dem Zuschauervoting erhält. Durch das ROTW-Voting haben die Zuschauer minimal mehr Einfluss auf das Endergebnis als die Juroren. Die Zuschauer vergeben in der Summe 2.204 Punkte, die Juroren 2.146 Punkte. Sollte in einem Land das Zuschauervoting aus technischen oder anderweitigen Gründen nicht möglich sein, gilt auch hier ein aggregiertes Voting, in San Marino ist dies seit Jahren der Fall, da hier kein eigenständiges Televoting organisiert werden kann. Sollte andererseits ein Juryvoting für nichtig erklärt werden, zählt das Zuschauervoting des Landes doppelt.

Sonstiges zum Voting:
Sollten am Ende zwei Länder an der Spitze einen Punktegleichstand vorweisen, gewinnt nach EBU-Reglement das Land, das die höhere Zahl im Zuschauervoting vorweisen kann. Logischerweise kann man weder als Juror noch als Zuschauer für sein eigenes Land abstimmen. Überwacht werden sämtliche Vorgänge dieses umfangreichen Verfahrens durch die EBU und unabhängige internationale Votingpartner. Zum Schluss folgt noch eine Auflistung aller Wertungsmöglichkeiten und dazugehörigen Preise in den entsprechenden Ländern, damit auch wirklich alle Möglichkeiten der Abstimmung erschöpfend dargestellt wurden.