Sonntag, 14. Mai 2023

Eurovision 2023: Ein Rückblick auf das große Finale


Vereinigtes Königreich
- So schnell ist der Eurovision Song Contest 2023 schon wieder Geschichte und tatsächlich wird er aus mehrfacher Sicht auch in die Geschichte eingehen. Die Konkurrenz war zwar im Vergleich zu anderen Jahrgängen nicht unbedingt stark, dennoch versprach das Finale große Momente und einige Dinge von historischer Bedeutung. So ist Schweden bei der Anzahl der Gesamtsiege mit Irland gleichgezogen, ebenso ist Loreen die erste Frau in der Geschichte, die den Wettbewerb zweimal gewonnen hat. Sie zieht mit Johnny Logan gleich, der am Finaltag seinen 69. Geburtstag gefeiert hat, manche Dinge können kein Zufall sein...

Nach dem Wort zum Sonntag aus Sulzbach im Saarland gab es zum letzten Mal die Stimme von Peter Urban zu hören. Der Song Contest-Kommentator zelebrierte in Liverpool seinen letzten Auftritt aus dem Off und dankte am Ende der Show ganz herzlich sämtlichen Delegationsleitern, ARD-Unterhaltungschefs, seiner Familie und den Zuschauern für die Treue und die Unterstützung. Es ist nicht bekannt, wer seine Nachfolge antreten wird, aber Peter Urban hatte bei seiner letzten aktiven Eurovision noch einmal Spaß am Mikrofon. Er selbst sagte natürlich, dass er sich für seine letzte Eurovision ein anderes Ergebnis gewünscht hätte, verständlich.

Doch der Reihe nach... Anhand der vorherigen Generalprobe, bei denen die Jurys ihre Stimmen abgaben, konnte man einen nahezu minutiös eingehaltenen Fahrplan für das große Finale herleiten, dass vom Kalush Orchestra, den Vorjahressiegern eröffnet wurde. Sie performten in der Kiewer Metro und auf der Bühne der M&S Bank Arena in Liverpool. Die britischen Produzenten haben sowohl in den Halbfinals als auch im Finale gezeigt, dass man eine Eurovision auch gemeinschaftlich ausrichten kann und die Ukraine nach Kräften in das Arrangement der Shows eingebunden.

Julia Sanina, eine der Moderatorinnen, führte teilweise in Ukrainisch durch den Abend, wurde von ihren Kolleginnen geherzt, selbst die Kleider der Moderatorinnen waren farblich auf die Ukraine zugeschnitten. Liverpool hat sich als großartiger Gastgeber präsentiert, was alle bezeugen, die vor Ort waren und die BBC hat die Eurovision groß aufgefahren und sich als Gastgeber verdient gemacht. Die obligatorische Flag Parade zeigte zudem die Contest-Geschichte der Ukraine, zu sehen gab es Go_A, Jamala, Tina Karol und Verka Serduchka, die ihre Titel noch einmal anreißen durften.

Nach dem üblichen Geplänkel und den "How it works"-Instruktionen von Alesha Dixon, Julia Sanina, Hannah Waddingham und natürlich BBC-Kommentator Graham Norton, ging es etwa zwanzig nach neun auch mit dem Beitrag aus Österreich los. Teya & Salena hatten einen grandiosen Auftritt, der wie schon im Halbfinale mit Witz und Ironie auf die Schwierigkeiten als Frau in der Musikbranche einging und mit dem eingängigen "Poe Poe Poe" das Publikum motivierte mitzumachen. Ich fürchte allerdings, dass Österreich als Opener viele Punkte einbüßen musste. Die Mädels hatten ihr Ziel der Finalteilnahme jedoch erreicht und lächelten im Anschluss auch noch einen 15. Platz weg. Zudem dürften sie vielen Zuschauern, mich eingeschlossen, einen Ohrwurm beschert haben.

Den undankbaren Startplatz zwei füllte die portugiesische Sängerin Mimicat aus, die ihre charmantes Cabaret aufführte. Am Ende gab es für Portugal nur den 23. Platz, ein wenig gepusht und den Juroren, ebenso wie der Schweizer Interpret Remo Forrer, der mit seinem von Sacha Jean-Baptiste choreographierten und stark gesungenen Friedenappell insbesondere von den Juroren nach vorne gewertet wurde. Doch auch für die Schweiz reichte es im Finale nur für den 20. Platz, Remo geht erhobenen Hauptes aus der Show hervor und kehrt mit einem in Liverpool gestochenen "Watergun"-Tattoo nach Hause zurück.

Die größte Aufholjagd hat meiner Meinung nach Polen geschafft. Wenn man sich anschaut, wie gruselig Blanka noch im Vorentscheid gesungen und wie stetig sie sich verbessert hat, der muss anerkennen, dass das polnische Team selbst mit seinen mäßigen happy Summer-Vibes einen maximalen Auftritt hingelegt hat. Blanka kann sehr stolz auf ihr Ergebnis sein, im Zuschauervoting hat sie gar den achten Rang belegt. Das hätte man nach ihrem Sieg im Vorentscheid nicht für möglich gehalten. Und sie hat es ihren Hatern zusätzlich geschafft und aus ihrem "Bejba" eine Marke gemacht, an die man sich auch im Nachgang noch erinnern wird.

Eher dürftig war hingegen das serbische Resultat. In der Summe 30 Punkte zeigen, dass Luke Black nicht einmal im ehemaligen Jugoslawien überzeugte. Das düstere Zusammenspiel aus Post-Corona-Depression und Rollenspiel uferte dahingehend aus, dass der Gesang sehr improvisiert wirkte und die Show mit den an Schläuchen festgebundenen Videospiel-Endgegnern einer Interpretation bedurft hätten, die man in drei Minuten, zumal auf Serbisch, kaum auf den TV-Bildschirm bringen konnte. Nach Konstraktas souveränem fünften Platz bleibt Luke Black nur der 24. Platz.

Ihren eigenen kleinen Eiffelturm brachte die unnahbare La Zarra aus Frankreich mit. Kaum ein Kostüm glitzerte so sehr, wie das der Französin, die man an einer Stange fixiert meterhoch über das Publikum wuchtete und die bewegungsunfähig ihren elektrobeat-unterlegten Chanson intonierte. Platz 16 ist für die Darbietung meiner Meinung nach völlig in Ordnung, wenngleich die Franzosen sicherlich mehr erwartet hätten. Generell hätte man mehr aus der Nummer machen können, somit stand zwar lobenswerterweise die Künstlerin im Fokus, konnte sich aber nicht wirklich entfalten.

Nach einem kurzen Break, bei dem man ein Best of der Semifinals zu sehen bekam, war der für Zypern singende Australier Andrew Lambrou an der Reihe. Und hier erstaunte es mich bei der Punktevergabe, dass die Zuschauer aus Griechenland ihrem kleinen Nachbarn zwar zwölf Punkte gaben, die Juroren aber nur vier Zähler. Dabei waren Song und Interpret richtig gut, aber vielleicht zu arcadelastig und statisch, als dass es für den ganz großen Wurf gereicht hätte. Zypern beendete den Abend immerhin auf Rang 12, der besten Platzierung seit Eleni Foureira 2018 in Lissabon.

Im Anschluss daran folgte Spaniens Sängerin Blanca Paloma und ich gebe Barbara Schöneberger, die in der Aftershow-Party erfrischend ehrlich war Recht, dass das Lied fürchterlich ist. Ethnische Klänge sind ja immer ganz nett, aber Spaniens Flamenco-Gejaule hat sowohl beim Publikum als auch bei mir drei Minuten lang Unbehagen ausgelöst. Von den Juroren vermutlich aufgrund der musikalischen Bereicherung nach oben katapultiert, stürzte Blanca im Televoting gnadenlos ab. Kulturell war "Eaea" vielleicht etwas Besonderes sein, eurovisionskompatibel ist es aber absolut nicht.

Danach durfte Lissandro aus Frankreich kurz den Junior Eurovision Song Contest, der im November in Nizza stattfindet, anteasen, der Break wurde aber natürlich vor allem dafür genutzt um die schweren Geschütze auf der Bühne aufzubauen, die Schweden nutzte, um seinen siebten Sieg einzufahren. Loreen lag wieder in ihrer LED-Empore, die irgendwo zwischen Solarium und Toaster einzuordnen ist und lieferte wie von ihr erwartet ab. Sie erfüllte die Erwartungen, wenngleich vielfach kritisiert wurde, dass "Tattoo" trotz ähnlicher Struktur nicht an die Qualität von "Euphoria" heranreicht. Den Vorwurf darf man aber nicht Loreen machen, sondern ihren Komponisten, etwa Thomas G:son.

Die Juroren zeigten sich schwedenaffin und dekorierten die Siegerin von 2012 mit 340 Punkten, 15 Länderjurys, darunter auch Deutschland vergaben ihre Höchstpunktezahl an Loreen, erstaunlicherweise erzielte Loreen aber von keinem einzigen Land im Zuschauervoting die zwölf Punkte. Es gab mehrfach zehn oder acht Punkte, aber keine Höchstwertung und die ebenfalls mitfavorisierten Finnen haben Schweden gänzlich ignoriert, offenbar in völligem Bewusstsein, dass es sich bei Loreen um ihre ärgste Konkurrentin handelt. Alles andere wäre ein enormer Zufall, da sich Finnland und Schweden über die Jahre immer treu mit Punkten beschenkten und Schweden auch sein komplettes Punktepaket von 24 Zählern an Finnland schickte.

Das Solarium musste anschließend wieder abgetragen werden, es folgte ein kurzer Schnitt in den Greenroom, bei dem erneut auf die Eurovision App hingewiesen wurde. Danach füllte die albanische Familie Kelmendi die Bühne. Hier zeigte sich wieder die Beständigkeit Albaniens, eine Frau schreit vor einer schwarz-roten Kulisse ihren Pathos heraus und landet am Ende auf Platz 22, auf manche Dinge ist eben auch bei der Eurovision noch Verlass. Dennoch ist es für Albanien erneut ein Achtungserfolg, dass man es ins Finale geschafft hat und Ethnoklänge durchaus ihre Berechtigung bei der Eurovision haben.

Der italienische Beitrag war wieder einmal "Bellissima", gleichermaßen von Zuschauern und Juroren mit Punkten verwöhnt, erreichte Marco Mengoni in seinem zweiten Anlauf den guten vierten Platz, wobei Italien in diesem Jahr keinen allzu großen Hype erzeugte. Trotzdem ist wieder die konstante Qualität hervorzuheben, mit der Italien abliefert, das Trampolin-Gehüpfe im Hintergrund außen vor gelassen, und das auf eine andere Art und Weise überzeugt, als z.B. Schweden es seit Jahren schafft. Alika aus Estland profitierte erwartbar bei den Juroren, für mich hat sie mit "Bridges" die stärkste Ballade des Abends präsentiert und ist mit Rang acht meiner Meinung nach ganz gut bedient.

Nach Estland bebte die Halle, zu Käärijä muss man gar nicht mehr viel sagen, die originelle Show zündete vom ersten Moment an. Käärijä schlug eine unglaubliche Welle der Sympathie entgegen und in keinem anderen Land dürfte der Support so enorm gewesen sein, wie in Finnland. Mit großem Vorsprung gewann er das Zuschauervoting, wurde so gesehen allerdings zum Opfer des Wertungssystems. Man kann den Juroren nicht gänzlich ihre Daseinsberechtigung absprechen, allerdings sollte sich die Eurovision überlegen, ob man die Bewertungskriterien dahingehend ändert, dass auch Originalität gesondert bewertet wird.

Finnland rauschte mit "Cha Cha Cha" zwar am Sieg vorbei, hat sich aber einen Platz in den Chroniken der Eurovision gesichert und nach 2006 das zweitbeste Ergebnis seiner Geschichte eingefahren. Ich kann mir jetzt schon ausmalen, wie feierlich Käärijä in Helsinki wieder empfangen wird. Hannah Waddingham und Graham Norton konnten das Publikum in Liverpool ebenfalls kaum zurückhalten, das Publikum skandierte Käärijä. Generell musste Hannah Waddingham einige Male das Publikum zur Ruhe mahnen. Nach der sanmarinesischen Punktevergabe hieß es von ihr "No booing in this house!" oder später "All friends, all friends...". Wenn einer Loreen und Käärijä in den Schatten gestellt hat, dann die exzellente Moderatorin.

Tschechiens Damentruppe von Vesna gingen nach dem fulminanten Auftritt von Finnland etwas unter, dennoch ist der zehnte Platz ein gutes Zeichen und dürfte die Verantwortlichen in Prag zufrieden stellen, ist es doch das zweitbeste Ergebnis des Landes. Erwähnenswert ist noch, dass Tschechien sein komplettes Punktepaket im Finale an die Ukraine vergeben hat, hier ist der slawische Zusammenhalt und die Solidarität spürbar, Tschechien erhielt im Gegenzug sieben Punkte von der ukrainischen Jury und zwei im Publikumsvoting. Eine Zwölf wanderte von der Schweizer Jury in die Tschechische Republik, die heuer erstmals als "Czechia" in Erscheinung trat.

Ob es sich um die vorerst letzte Teilnahme Australiens gehandelt hat, ist noch nicht fix, da stehen Verhandlungen mit der EBU bevor, Fakt ist aber, dass Voyager aus Australien einen großartigen Auftritt hingelegt haben. Mich hat der Beitrag in dieser Woche in meine Kindheit entführt, melodisch erinnerten mich Keytar und Gitarrenriff an die 8 Bit-Melodien auf meinem C64, im Jurygremium konnte man sich offenbar auch noch gut daran erinnern, 130 Punkte vom elitären Zirkel, nur 21 Punkte vom Publikum für "Promise", die gestern ein letztes Mal den Geist der 80er performt und Australien stolz gemacht haben dürften.

Einen großen persönlichen Erfolg feierte Gustaph gestern Abend. Mit Funk im Boy George-Stil lieferte Belgien ein Stück Musik, das überraschend gut abgeschnitten hat und den sensationellen siebten Platz belegt hat. Dabei erstaunen u.a. auch die Höchstwertungen von den Jurys aus Georgien oder Griechenland, die einem Mann huldigten, für den gestern Abend der Traum seines Lebens wahr wurde. Jedes Mal, wenn er im Bild war, spürte man, wie sehr er sich freut und als dann am Ende auch noch so viele Punkte einflogen, saß er völlig gerührt mit seiner Delegation auf dem Sofa im Greenroom, ein schöner Moment.

Danach folgte ein kurzer Block, der irgendwie unspektakulär wirkte. Armeniens Brunette und auch Pasha Parfeni aus Moldawien haben ganz gut performt, aber mit ihren Performances auch nicht die Welt verändert. Tatsächlich hat Armenien sich aber einer Masche bedient, die in diesem Jahr öfters zum Einsatz kam, nämlich dem Dance Break, den u.a. auch Polen und Israel nutzten, um ihre Interpretinnen rhythmisch zur Schau zu stellen. Moldawien nutzte hierfür den Flöten-Effekt. Am Ende erreichte Brunette den 14. Rang, Moldawien den 18. Platz, wobei Pasha Parfeni, wie so viele moldawische Acts, insbesondere beim Publikum deutlich besser abschnitt als bei den Juroren.

Um 22:45 Uhr war es dann Zeit für die Ukraine. Der Beitrag des verhinderten Gastgebers orientierte sich inhaltlich am Durchhaltewillen des Landes, insbesondere der Soldaten im Azovstal-Werk in Mariupol und wirkte auch melodisch sehr industriell angehaucht. Es gab in der Performance sowohl nahbare als auch sehr distanzierte Momente, inklusive Solidaritätsbonus (189 Punkte im Televoting), erreichte die Ukraine einen ebenfalls guten sechsten Platz. Punktesprecherin Zlata Ognevich dankte anschließend dem Vereinigten Königreich und der BBC für die tolle Ausrichtung im Namen der Ukraine.

Den skandinavischen Abend rundete Alessandra für Norwegen ab, die nach Finnland und Schweden den dritten Platz im Televoting und den fünften Platz insgesamt belegte. Bei "Queen of kings" zeigte sich auch, dass ein treibender Beat und die passende Akzentuierung bombastische Requisiten oder wilde Tanzmoves überflüssig machen. Norwegen hatte nur wenig Effekte und keine Animationen auf den LEDs und hat trotz hoher Eingänglichkeit des Liedes eine herausragende Leistung gebracht. Ebenso wie auch Lord of the Lost im Anschluss.

Die deutschen Medien und vor allem die 80 Millionen Experten werden nun erstmal wieder alles zerreißen, dem Song Contest sein Existenzrecht absprechen, "Schiebung" und "Skandal" wettern, weshalb ich mir insbesondere in sozialen Medien in den kommenden Tagen keine Kommentare anschauen werde und den NDR und im schlimmsten Fall sogar den Künstlern ankreiden, dass ihr Auftritt nichts getaugt hat. Dabei ist das Gegenteil der Fall, die Band hat sich die gesamte Zeit seit ihrer Auswahl sympathisch präsentiert, eine tolle Show abgeliefert und sich auch im Nachgang als aufrechte Verlierer gezeigt, die nun nicht vor dem Nichts stehen, sondern da anknüpfen können, wo sie zuvor standen.

Mir fehlen auch etwas die Argumente, warum "Blood and glitter" nun derart deklassiert war, denn LOTL haben es nach eigener Aussage geschafft, ein zweistündiges Konzert in drei Minuten zu verpacken und mit Pyrotechnik, Growling und vor allem Authentizität abgeliefert. Da die einzelnen Wertungen bisher noch nicht vorliegen, wissen wir noch nicht, ob Deutschland ggf. 20x den elften Platz belegt hat oder tatsächlich so oft Null-Punkte-Kandidat war,  verstecken oder schämen muss sich aber niemand. Deutschland kann stolz auf seine Jungs sein und der NDR sollte nicht wieder in Gänze versuchen ein neues Konzept zu entwickeln sondern auf der Grundlage dessen, was in diesem Jahr geschafft wurde, aufbauen.

Monika Linkytė wirkte nach dem deutschen Beitrag schon ziemlich züchtig, mit dem König der Löwen-Opening, einer fortdauernden Leichtigkeit und fast sphärischem Gesang landete sie im soliden Mittelfeld, Platz elf und damit auch ein respektables Ergebnis für einen doch recht unscheinbaren Beitrag. Er war zumindest weitaus unscheinbarer als Israel. Der dritte Platz für Noa Kirel beeindruckt mich, ich habe "Unicorn", das einen doch recht generischen Text hat, nicht so weit vorne gesehen. Die Sängerin hat scheinbar eine junge Zielgruppe angesprochen und die klebte gestern Abend vor dem TV-Bildschirm. Im Übrigen gab es für Israel auch die allerersten zwölf Punkte im Rest of the World-Voting.

Jenes Voting ist ein ganz nettes Gimmick um Fans in Mexiko, den USA, Neuseeland und sonstwo auf der Welt die Möglichkeit und das Gefühl zu geben, Teil der Show zu sein. Die Europäische Rundfunkunion verdient zudem ein bisschen dran, einen sonderlich großen Einfluss, der das Punktefeld völlig verändert, hat die Wertung allerdings nicht. Ebenso gering war auch der Einfluss der slowenischen Jungs von Joker Out auf das Endergebnis. Trotz einer wirklich guten Performance landete "Carpe Diem" nur auf dem 21. Rang, was für die slowenischen Topstars schon eine kleine Enttäuschung sein dürfte. Andererseits hat Slowenien sich ebenfalls nichts vorzuwerfen und kann seine Gruppe frenetisch feiern.

Die kroatische Show kannte man nun bereits aus dem Semifinale, der Überraschungseffekt war verpufft und wenig überraschend gab es nur elf Juryunkte für diese Klamauk-Performance, hinter der jedoch eine tiefsinnige Botschaft steckte. Im Publikumsvoting gab es die zehnfache Punktezahl, am Ende landeten Let 3 in viel zu weiten Unterhosen auf dem 13. Platz, den Platz, den Jacques Houdek ebenfalls bei der letzten Finalteilnahme des Landes im fernen Jahr 2017 belegte. Damit dürften die Kroaten doch ganz zufrieden sein. Beendet wurde der Abend durch die Gastgeber aus dem Vereinigten Königreich.

Mae Muller wurde von Talentscouts entdeckt und erhielt enorme Vorschusslorbeeren. Dann trat sie auf die Bühne und man merkte schnell, dass sie nicht die begnadetste Sängerin des Planeten ist. Mit dünner Stimme und oft von ihren Chorsängerinnen übertönt, manövrierte sie sich durch eine komplett animierte Show und bewies, dass Gastgeber gerne anderen das Vorrecht lassen, wenn es um gute Platzierungen geht. Am Ende standen 24 Punkte und Platz 25 auf dem Tableau, Mae wurde dennoch von der Halle gefeiert und rundete einen perfekt gestalteten Abend an Auftritten ab.

Zwischen den insgesamt drei Schnelldurchläufen und einem 40minütigen Zeitfenster um die Stimmen abzugeben, gab es ein mannigfaltiges Rahmenprogramm, angefangen von Sam Ryder, der mit Queen-Begleitung seine neue Single "Mountain" vorstellte, ein Liverpool-Songbook, bei dem frühere ESC-Größen Musik aus der Gastgeberstadt sangen, etwa Mahmood, der "Imagine" von John Lennon zum Besten gab oder Dadi aus Island, der sich an "Whole again" von den Atomic Kitten wagte oder die unwesentlich gealterte Sonia, die 30 Jahre nach ihrem Auftritt in Millstreet noch einmal "Better the devil you know" intonierte. Einen besonderen Moment schuf Duncan Laurence, als er die gesamte Entourage an Interpreten zur Fußball-Hymne "You never walk alone" hinter sich versammelte.

Nach einem Grußwort von Björn Ulveaus von ABBA eröffneten Hannah und Graham das Juryvoting und schnell wurde klar, dass Schweden davoneilt, wenngleich Nationen wie Israel, Italien, Finnland und zeitweise auch Norwegen konsequent hinterhereilten. Die deutschen Jurypunkte vergab Elton aus Hamburg, zwölf gingen an Loreen. In der deutschen Jury saßen übrigens Anica Russo, die in diesem Jahr am deutschen Vorentscheid teilnahm, ebenso Alina Süggeler, Frontsängerin von Frida Gold, Musikmanager Arne Ghosh, Radiomoderator Kai Tölke und Juryvorsitzende Katja Ebstein, die unter notarieller Aufsicht die zweite Generalprobe am Freitag als Grundlage für ihr Ranking bewerteten.

Das Televoting würfelte dann noch einmal alles etwas durcheinander bis es zum Suspense-Moment zwischen Finnland und Schweden kam. Während sich Loreen meditativ zurückzog, zog Käärijä sein Oberteil aus und bangte, die Führung zu verteidigen, doch es kam anders und somit wird der Eurovision Song Contest 2024 wieder nach Schweden zurückkehren. Sobald SVT erste Informationen veröffentlicht hat, werden wir natürlich darüber berichten und trotz eines enttäuschten Abschneidens Deutschlands den Fokus auf 2024 richten.

Zu guter Letzt muss man den Gastgebern aus dem Vereinigten Königreich danken. Die Moderatoren haben es geschafft, die drei Shows derart kurzweilig wegzumoderieren, dass es ein großer Spaß war, ihnen zuzusehen. Mit dem Esprit und der Leichtigkeit einer Petra Mede schafften sie es, selbst während der Punktevergabe humorvolle und dennoch fesselnde Momente zu schaffen. "In behalf of Ukraine", wie es während der Show häufiger hieß, hat sich das Vereinigte Königreich von der bestmöglichen Seite präsentiert und den Eurovision Song Contest in seinem besten Licht präsentiert, dafür ein großes "Thank you!".

Alesha Dixon, Julia Sanina, Hannah Waddingham und Graham Norton | Go_A während der Flag Parade

Das UK holte während der Flag Parade ukrainische Veteranen zurück, darunter Verka Serduchka

Tvorchi aus der Ukraine und LOTL beim Einmarsch in die Halle

Der Grower des Jahres: Polen | Andrew Lambrou aus Zypern

Teya & Salena mussten die Show eröffnen, gefolgt von Mimicat aus Portugal

Remo aus der Schweiz und Blanka für Polen

Ging in der Dunkelheit unter: Luke Black | Hatte ihren eigenen Eiffelturm dabei: La Zarra

Barfuß und mit gebrochenem Herzen: Zypern | Für die einen Erleuchtung, für die anderen eine Qual: Eaea

Diese Pose werden wir in den nächsten Jahren noch in vielen Zusammenschnitten sehen: Loreen | Ebenfalls dabei: Albaniens Familie Kelmendi mit Leadsängerin Albina

Ruhigere Töne gab es von Marco Mengoni aus Italien und Alika aus Estland

Erreichte Saunatemperatur in der M&S Bank Arena: Käärijä

Frauenpower aus Tschechien: Vesna | 80's coming back: Voyager aus Australien

Sein großer Auftritt: Gustaph für Belgien | Brunette aus Armenien

Nah an den Elementen: Moldawien | Mit dem Herzen aus Stahl: Tvorchi für die Ukraine

Alessandra erreichte den fünften Platz für Norwegen | Monika strahlte drei Minuten für Litauen

Repräsentierten Deutschland bestmöglich: Lord of the Lost

Phenomenal... Israels Sängerin Noa Kirel | Und die Jungs von Joker Out

Mama kaufte einen Traktor: Kroatien | Instead of reach the top: das UK gesellt sich nach einem Jahr des Triumphs wieder zu uns in den Punktekeller, Mae Muller

Sam Ryder war auch dabei | Dadi versuchte sich im Interval an den Atomic Kitten

Ebenfalls im Rahmenprogramm dabei: Netta Barzilai und Sonia

Der Moment der Wahrheit | Loreen mit ihrem neuen Staubfänger

Das deutsche Juryvoting, zwölf für Schweden | Ein Bild, das den Abend aus deutscher Sicht gut wiederspiegelt, Chris Harms und Klaas Helmecke im Vordergrund, während Loreen feiert

Und noch ein bisschen was aus dem Backstage-Bereich: Loreen im Greenroom und Käärijä hinter der Bühne

Nun ist das europäische Klassentreffen wieder vorbei