Donnerstag, 18. Juni 2020

Eurovision 2021: EBU erlaubt Backing Vocals vom Band



Europa - Der Fan der Eurovision hat grundsätzlich eine gewisse Neuerungssperre, egal ob es um die Einführung von Jurys, die Teilnahme Australiens oder das geänderte Wertungsformat geht. Doch in all den Jahren in der der Eurovision Song Contest stattfindet zeichnete er sich durch eines aus. Es wurde live gesungen. Zumindest für das kommende Jahr heißt es nun, sollen Backing Vocals vom Band kommen dürfen. Und wir wissen seit dem einmaligen Auftreten Australiens beim Song Contest was die EBU meint, wenn sie von einer einmaligen Sache spricht.

Der neue Supervisor Martin Österdahl hat den Weg für eine einjährige Regeländerung freigemacht, die es den Delegationen im kommenden Jahr erlaubt, Backgroundstimmen vom Band einzuspielen, womit sich der Eurovision Song Contest einmal mehr dem schwedischen Melodifestivalen angleicht. Argumentiert wird die Anpassung durch die Corona-Pandemie und die wirtschaftlichen Einschränkungen, mit denen die Teilnehmersender zu kämpfen haben bzw. kämpfen werden. Man möchte es den Delegationen ermöglichen, mit kleineren Teams anzureisen um so Kosten zu sparen.

Man wolle mit dem Zeitgeist gehen und "flexibler" werden. Überall wo große Unternehmen das Wort "Flexibilität" benutzen, kann man davon ausgehen, dass es letztlich eine Qualitätsminderung geben wird. Unter dem Deckmantel der Kostenminimierung und der Option, neue kreative Wege zu gehen, erlaubt die EBU nun also Stimmen vom Band. Der Leadsänger bzw. die Band, die gemeldet wurde, wird allerdings weiterhin live singen. Die Delegationen werden allerdings nicht dazu verpflichtet, von der Regelung Gebrauch zu machen.

Schon häufiger gab es Probleme mit sogenannten Pre-Recorded Voices, zuletzt 2017 als Jowst für Norwegen für den Auftritt von "Grab the moment" einen Stimmenverzerrer einbaute, für den die Aufnahme von Stimmen im Vorfeld unerlässlich war, da die menschliche Stimme zu solchen Tönen nicht in der Lage sei. Dem Antrag des norwegischen Teams wurde damals von der EBU stattgegeben. Im Jahr 1999 hingegen wurde der kroatischen Sängerin Doris Dragović nachträglich ein Drittel der Punkte aberkannt, weil eben diese Backgroundstimmen vom Band kamen.

Bevor es meinerseits nun allerdings einen großen Aufschrei gibt, muss ich dem Nachfolger von Jon Ola Sand insofern Recht geben, als das Anpassungen an die aktuelle Fernseh- und Musikindustrie beim Eurovision Song Contest unerlässlich sind. Wie der von mir hoch geschätzte Blogger-Kollege von Aufrechtgehn.de anmerkt, würde es ohne Änderungen im Tagesablauf wohl bald keinen Wettbewerb mehr geben, genannt wird hier die Orchester-Abschaffung, die den Contest zurück in die damalige Wahrnehmung rückte: "(...) Wo er sich bis heute hält, was aber nicht heißt, dass nicht die Gefahr einer neuerlichen Abspaltung vom realen Popgeschehen bestünde."