Sonntag, 11. Mai 2014

Rückblick: Finale des Eurovision Song Contests 2014


Dänemark - Das Finale des Eurovision Song Contests 2014 begann so, wie der im vergangenen Jahr in Malmö, mit der Vorstellung der 26 Finalisten. Diesen "Einmarsch" der Nationen finde ich wunderschön, daran sollte man auch in den nächsten Jahren definitiv festhalten. Nach dem üblichen Geblödel zum Anfang ging es dann mit Maria Yaremchuk aus der Ukraine los, die eigentlich keinen sonderlich großen Unterschied zum Semifinale machte. Für die Ukraine freut mich der sechste Platz als Opening Act, vor allem weil ich das Lied persönlich sehr mochte.

Weißrussland war bei diesem Finale ein wenig der Dorn im Auge für mich, es reichte am Ende auch nur zu Platz 16 für Teo, der sich nun von seinem Umsorgungsteam wieder betreuen lassen kann, sofern er nach der Pleite in Kopenhagen nicht aus Frust zunimmt, denn dann ist, wie wir von Peter Urban gelernt haben, die Karriere in Weißrussland schnell dahin. Aserbaidschan ist eigentlich auch nicht weiter erwähnenswert, Dilara sang ihre Schlafnummer und erreichte tatsächlich nur den 22. Rang im Finale, das erste Mal überhaupt, dass Aserbaidschan nicht in die Top Ten kommt und dann verpasst man sie sogar so deutlich, damit hätte ich trotz der öden Nummer nicht gerechnet.

Danach das skandinavische Duo Island und Norwegen, die die Plätze 15 und 8 belegten. Carl Espen blieb etwas hinter den Erwartungen seiner Landsleute zurück, von hier und da gab es Punkte, den großen Coup landete er jedoch nicht. Die Isländer haben mit ihrem 15. Platz wohl auch mehr erreicht, als sie eigentlich wollten. Es ging ihnen darum, Toleranz zu zeigen und deshalb handelte das Lied vom Stottern und seinen Problemen. Es war die erste Nummer mit einer Botschaft für Toleranz, die auch ganz peppig und farbenfroh daherkamn, aber die Performance von Conchita, die ebenfalls für Toleranz sang, war da eine Klasse besser.

Rumänien lieferte ebenfalls sehr souverän ab, Paula mit ihren hohen und langgestreckten Noten und Ovi mit seinem runden Piano machten eine gute Stimmung und wurden mit dem zwölften Platz belohnt. Der angebliche Favorit aus Armenien hingegen musste sich am Ende des Abends mit dem vierten Platz zufrieden geben. Nach den Halbfinals ist es um Aram mp3 sehr ruhig geworden. Sein Lied, von dem ich ja auch alles andere als ein Freund bin, wurde ebenfalls 1:1 aus dem Semifinale übernommen, da gab es keine großen Überraschungen, wenngleich eine beeindruckende Lichtshow.

Montenegro war stolz auf seinen Interpreten, Sergej machte das auch gut und für die ersten Schritt im Finale ist ein 19. Platz auch nicht so schlecht. Es fehlten eben die Punkte der jugoslawischen Bruderstaaten, dafür gab es 12 aus Aserbaidschan. Polen äußerst üppig bei der Kostümauswahl, stimmlich verbesserungswürdig. Es war eine coole Show, die vor allem die Italiener anlocken konnte. Donatan und Cleo beendeten den Abend auf dem 14. Platz. 

Meine persönliche Enttäuschung des Abends war der 20. Platz für Griechenland. Gut, die Halle tobte nun nicht so sehr wie im Semifinale, aber dennoch war es wohl der Favoritenabsturz überhaupt in diesem Jahr. Man kann auch gar nicht einmal beschreiben, woran es lag, die Interpreten machten ihre Sache gut, waren locker, hatten den Uptempo-Song der Show im Gepäck und konnten trotzdem nur 35 Punkte und damit vier Punkte weniger als Elaiza für sich verbuchen. Und das will schon was heißen, zumal das bisschen Lametta, was da von der Bühne kam, nicht unbedingt ein Hingucker war. Insbesondere in den osteuropäischen Ländern, Polen, der Ukraine und erstaunlicherweise im Kaukasus wurden Elaiza mit Punkten belohnt. Aus Österreich gab es nichts, aus der Schweiz immerhin ein paar Pünktchen, Platz 18.

Sanna Nielsen hat sich ihre Eurovisionsteilnahme mit der Bronzemedaille krönen lassen. Es war eine tolle, wenn auch schon 85x gesehene Darbietung. Vom Melodifestivalen bis zum letzten Auftritt gestern Abend, war alles identisch. Aber es war gut und somit fährt Schweden befriedigt zurück nach Hause. Die Wertung von Alcazar war übrigens ganz nett anzusehen, erstmals geben drei Interpreten eine Wertung durch. Gut gemacht. Ganz anders als die Franzosen mit ihrer Moustache-Nummer. Das kommt also dabei heraus, wenn die Franzosen einen Vorentscheid abhalten...

Es war eine gespenstisch grelle LED-Einstellung, es waren abscheuliche Kostüme, eine Frisur um die Jedward den Sänger beneiden würden und ein dämliches Lied. Frankreich landet in diesem Jahr zu Recht auf dem letzten Platz. Gerade einmal zwei Punkte waren wohl das gerechtfertigte Ergebnis für so eine Blödelnummer, dann lieber doch wieder eine Ballade oder ein Chanson aus Frankreich, damit gibt es immerhin Gnadenpunkte. Russland war auch okay, die armen Mädels wurden wieder vielfach ausgebuht, die Show war nichts besonderes, das Lied auch nicht. Platz 7 ist dafür, dass alle Welt behauptet, Russland hätte derzeit einen schweren Stand, doch ziemlich gut. Und der Austausch zwischen der Ukraine und Russland hat trotz allem funktioniert.

Italien dürfte ebenfalls angefressen sein. Ich möchte nicht wissen, wie sehr Emma ihr Hotelzimmer nach der Show verwüstet hat, Platz 21 dürfte nicht zufriedenstellend sein... wer sich als Römer verkleidet, kann aber auch nicht für zurechnungsfähig gehalten werden. Dabei war das Lied und die Darbietung selbst ganz gut, sie hätte sich vielleicht nur nicht unbedingt auf den Boden werfen und kriechen müssen... Tinkara aus Slowenien machte eine solide Show, mehr als der vorletzte Platz war ob dieser starken Konkurrenz und der Belanglosigkeit des Liedes wohl nicht drin. Dennoch: ich mag das Lied und Slowenien. Alles Gute für das kommende Jahr!

Finnland hatte sich dazwischen gemogelt und ist mit dem elften Platz ebenfalls völlig standesgemäß bewertet worden. Teenie-Rock ist eben nichts, womit man die Eurovisionsgemeinschaft so sehr beeindrucken kann. Spaniens Sängerin Ruth Lorenzo hingegen hat man im Regen stehen lassen ("Dancing in the rain"). Platz 10 ist das gleiche Ergebnis, das Pastora Soler eingefahren hat. Sie hatte jedoch keine klatschnassen Haare und irgendwie mehr Feuer in der Stimme. Für mich war die spanische Leistung eher Mittelmaß, genauso wie die des Schweizer Sängers Sebalter, der offenbar selbst ganz überrascht war, dass man mit "Hunter of stars" bis auf den 13. Platz vorrücken kann.

András Kállay-Saunders aus Ungarn war ebenfalls wieder top und zeigte, dass man nicht immer nur über fröhliche Themen singen muss um weit vorn zu landen. Mit dem fünften Platz erzielt er das zweitbeste Ergebnis seines Landes. Malta hingegen geht wieder als Verlierer hervor, der 23. Platz ist nichts, wovon die maltesische Delegation geträumt hat. 

Das Familienunternehmen um Richard Edwards war nett, mehr aber auch nicht. Der Gastgeber Dänemark präsentierte sich auch fröhlich und unter großem Jubel der Zuschauer in der Halle. Platz 9 ist zwar nicht ganz die Titelverteidigung, aber ein gutes Ergebnis für den Gastgeber, der vielleicht auf sein großes "Love"-Banner hätte verzichten können. Das wirkte schon sehr überladen.

Man muss schon ins Jahr 1975 zurückgehen, um ein vergleichbar gutes Ergebnis für die Niederlande zu finden. Damals gewannen Teach-In den letzten Wettbewerb für die Niederlande, die ihre Postkarte mit Tulpen in Landesfarbe gestalteten und damit genauso unkreativ waren wie die Italiener mit Basilikum, Mozzarella und Tomaten.. Nun ja, Ilse DeLange und Waylon alias The Common Linnets gingen als Underdog ins Rennen und erreichten die erste Silbermedaille der Niederlande überhaupt. Für unsere westlichen Nachbarn ist es ein großer Triumph nach Jahren, gar Jahrzehnten ohne Topplatzierung. Die Straße auf der Bühne war wohl gestern ihre persönliche Erfolgsstrecke. Mich freut es für die Niederlande sehr!

Zum Schluss Ralph Siegel und Valentina Monetta, die mit dem Finaleinzug belohnt wurden und na ja, 14 Punkte sammeln konnten, dabei jedoch keine Punkte aus Deutschland oder Italien. "Maybe" bei dem Starterfeld zu unscheinbar, da hat auch der Großmeister des Grand Prix am Flügel nicht viel bewegen können. Aber für San Marino ist selbst dieser 24. Platz als Erfolg zu werten. Ähnlich wie der 17. Platz für Molly aus Großbritannien, die sich ihre Hände mit Hennafarben bemalte und leider etwas brustschwach ihren Song performte. Dennoch hat sie Großbritannien nach zwei Jahren wieder aus dem absoluten Punktekeller geholt. 

Sehr schön fand ich zudem den Interval-Act mit Emmelie de Forest, die anschließend zu ihrem Titel "Rainmaker" alle 26 Finalisten zu sich auf die Bühne holte. Das hatte etwas vom Flashmob-Dance 2010, obwohl das Lied mehr nach einer WM-Hymne als nach einem Song Contest-Pausenfüller klang. Im Wertungsblock muss man die hervorragende Verbindung nach Weißrussland hervorheben, die charmante Art mit der Helene Fischer die Punkte verlesen hat, die vielschichte Abstimmungsweise Europas sowie diese furchtbare französische Spokesperson, die ihre Landessprache scheinbar bis auf's Blut verteidigen würde, so viel wie sie schwafelte...

Peter Urban machte in diesem Jahr ebenfalls einen guten Job. Ich stehe ihm ja immer etwas kritische gegenüber, aber mein Gott, der Mann weiß auch, was er da macht. Schade ist zwar jedes Jahr auf's Neue, dass er die alten Phrasen aus dem Semifinale im Finale noch einmal aufwärmt, aber das haben ohnehin nur rund 200.000 Menschen mitbekommen. Immerhin, er hat den Abend überstanden. Als die Dänen nach den Darbietungen ein Glitterfeuerwerk zündeten sagte er trocken: "Die wollen uns alle umbringen." Das er mit seinem Knieleiden ohnehin immer 25m auf ein Stahlgerüst klettern musste, fand er scheinbar auch nicht so witzig.

Abschließend muss man feststellen, dass das Ergebnis als solches gerechtfertigt ist, es gibt keine größeren Überraschungen, am Ende des Abends konnte sich jedoch Österreich ganz oben platzieren. Vor einigen Wochen wurde Tom Neuwirth alias Conchita Wurst belächelt, in Russland und Weißrussland wurden Petitionen gestartet, doch nach dem Semifinale gab es eine Welle der Euphorie in Europa. Aus allen Himmelsrichtungen kamen Top-Wertungen und der letzte österreichische Erfolg ist noch länger her, als der der Niederlande. 

In Österreich, wo der Song Contest jahrelang belächelt und verpönt wurde, hat nun das Glück bzw. das Pech, den Jubiläums-Wettbewerb auszurichten. Der ORF hat in den nächsten Monaten viel um die Ohren, darauf war man wohl selbst nicht vorbereitet. Für unsere alpinen Freunde freut es mich sehr und besonders für Conchita, die vom einem toleranteren Europa gewählt wurde, als wir alle vorher gedacht haben. Auf der anschließenden PK sagte sie, dass für sie ein Traum wahr geworden ist. Zudem: "Ich glaube nicht an Zeichen. Aber meine Freunde haben mich gefragt: Hast du mitbekommen, dass du als Sechstes im Semifinale und als Elftes im Finale aufgetreten bist? Das ist mein Geburtstag.

Ob nun Zeichen oder Wunder, Fakt ist, dass der 60. Eurovision Song Contest in Österreich stattfindet. Und das ZURECHT! Reaktionen aus Österreich folgen in Kürze.

Beim Opening marschierten alle 26 Kandidaten auf der Bühne ein
Von links: Dilara, Carl Espen, Aram mp3, Cleo, Conchita, Sanna | Die Moderatoren
Maria eröffnete den Contest | Dilara aus Aserbaidschan schmierte ab
Pollapönk aus Island | Perfekte Zusammenarbeit Paula Seling und Ovi
Zu viel los auf der Bühne: bei Sergej aus Montenegro und Cleo aus Polen
Beide enttäuschten: Griechenland und Elaiza für Deutschland
Sanna holte den dritten Platz | Frankreich mit Twin Twin die rote Laterne
Ein schweres Los, für Russland anzutreten | Emma Marrone floppte ebenfalls
Tinkara erreichte immerhin das Finale | Ruth Lorenzo verlassen im Regen, mit Wet-Look
Mit Pauken und Trompeten Geigen | András für Ungarn, Platz 5
Gastgeber Basim für Dänemark | Der erste zweite Platz überhaupt: die Niederlande
Ralph Siegel begleitete seinen Schützling am Flügel: Valentina für San Marino
Molly aus Großbritannien | Peter Urban: Die wollen uns alle umbringen
Entdeckt: Elaiza im Greenroom | Werbewirksam in die Kamera lächeln bei Österreich
Carl Espen wartet, dass es losgeht
Conchita, den Tränen nahe, sie gewinnt den 59. Eurovision Song Contest für Österreich
Die anschließende PK | Jon Ola Sand ist wohl auch froh, dass er nun erstmal Ruhe hat