Mittwoch, 7. Mai 2014

Russland: Protest auf verschiedenste Weisen


Russland - Das der Eurovision Song Contest ein politfreier Wettbewerb ist, wird von den Veranstaltern der Europäischen Rundfunkunion gerne betont, dran glauben, kann aber freilich niemand. Zu oft kam es in der Vergangenheit zu "Störfällen", die ganz klar auf eine politische Unterwanderung des Contests hinweisen. Sei es das geplatzte Debüt des Libanon 2005, weil man sich weigerte, den israelischen Beitrag zu zeigen oder das konsequente Ignorieren der Türkei durch das zypriotische Televoting bis 2003.
 
Auch 2009 kam es zu einem Eklat, als die armenische Punktesprecherin Sirusho ein Klemmbrett mit dem Wahrzeichen der Region Bergkarabach in die Kamera hielt. Bergkarabach ist ein seit dem Ende der UdSSR besetztes Gebiet in Aserbaidschan, in dem primär Armenier leben und das de facto unter deren Kontrolle steht. Im gleichen Jahr verhörte die aserbaidschanische Polizei Zuschauer, die für Armenien angerufen haben, um sie nach deren Motiven zu befragen. 
 
Die EBU schaltete sich damals ein, viel gebracht hat es nichts. Ebenfalls 2009 setzte Georgien beim Song Contest in Moskau aus, im Jahr zuvor marschierten russische Truppen in den abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien ein. Wenig später erkannt Russland diese abgespaltenen Landesteile als unabhängige Nationen ein. Bis heute sind diese nur von einer handvoll UN-Mitglieder anerkannt.
 
In diesem Jahr hat die Russische Föderation ein schweres Los beim Song Contest. Maßgeblich für die Buhrufe am gestrigen Abend, als es die Tolmachevy Zwillinge ins Finale geschafft haben, war nicht das ständige Weiterkommen des Landes, auch mit zweit- oder drittklassigen Liedern, sondern vielmehr der Protest gegen die Annexion der Halbinsel Krim und der Unterstützung von Aufständischen in der Ostukraine. Im Internet wird viel diskutiert, die einen finden die Protestrufe gut, die anderen argumentieren, die Zwillinge können ja gar nichts dafür.
 
Was aber wohl kein Zufall war, war das Zoomen auf eine Gay-Flagge nach der Schlussnote der russischen Zwillinge durch den dänischen Sender DR. Wie die schwedische Seite expressen.se bereits kurz nach der Show berichtete, habe es von Usern in Social Media-Netzwerken eine ganze Menge Zuspruch für diese kleine versteckte, aber doch deutliche Botschaft gegeben. In Russland wird homosexuelle Propaganda durch neue strikte Gesetze unter Strafe gestellt.
 
Und aus diesem Grund ist die Einblendung schon einen Artikel wert, ob sie nun gewollt oder tatsächlich purer Zufall war. Die Twitter-Gemeinde feierte das dänische Fernsehen für diese Szene. Regenbogenflaggen sind bei der Eurovision keine Seltenheit, in diesem Fall sagt sie aber mehr als stundenlange politische Diskussionen hätten sagen können. Aus Russland gab es bislang weder zu der Fahne noch zu den Buhrufen irgendein offizielles Statement.