
Ursprünglich war das Seebad Blackpool für die Ausrichtung vorgesehen, da aber auch hier nur begrenzte Mittel zur Verfügung standen, rückte die Eurovision in die schottische Hauptstadt Edinburgh ein. Der Song Contest fand in der 1914 eröffneten Usher Hall statt, in der vornehmlich klassische Konzerte stattfanden und die durch den Mäzen und Whisky-Hersteller Andrew Usher finanziert wurde. Moderiert wurde der Wettbewerb, an dem die gleichen 18 Nationen wie im Vorjahr teilnahmen, von der resoluten Ballettänzerin und Schauspielerin Moira Schearer.


Beim Vorentscheid im Studio A des Senders Freies Berlin wurde Mary Roos noch ausgebuht, da sie den Song komplett verpatzte. In Edinburgh lieferte sie jedoch eindrucksvoll ihren Beitrag "Nur die Liebe lässt uns leben" ab und verlockte sogar den britischen Kommentatoren Worte der Entzückung. Auch die Juroren belohnten Marys Leistung, 107 Punkte brachten Deutschland erneut auf den dritten Platz. Als Dirigent stand ihr Paul Kuhn zur Seite. Mary sollte später noch einmal zum Eurovision Song Contest zurückkehren.
Es war ein Abend der Duette, gleich fünf Nationen setzten auf Duos, die aber allesamt im hinteren Bereich landeten. Darunter war u.a. das finnische Duo Päivi Paunu & Kim Floor, das das folklige "Muistathan" ("Erinnerst du dich?") intonierte. Es blieb ein zwölfter Platz, die Karrieren der beiden Interpreten blieben bodenständig, Päivi arbeitete bis zu ihrem Tod 2016 als Logopädin, während ihr Partner Kim Floor in den 90er Jahren in einer Serie und gleichzeitig bei "Onnenpyörä", dem finnischen Glücksrad moderierte.
Auch die Nachbarn aus Norwegen setzten auf ein Duo, Grethe Kausland und Benny Borg wurden mit "Småting" sogar nur 14. Beide waren nach ihrem bescheidenen Ergebnis in Edinburgh Teil der Comedy-Musikgruppe Dizzie Tunes, Grethe war in mehreren Serien zu sehen, Benny, zeitweise der Ehemann von Kirstie Sparboe, war u.a. als Elvis- und Johnny Cash-Imitator unterwegs. Und auch die eigentlichen Gastgeber aus Monaco setzten auf ein Duo. "Comme on s’aime" konnte jedoch nur den 16. Platz belegen, von beiden Interpreten hörte man später so gut wie nichts mehr.

Das einzig erfolgreiche Duett des Abends kam aus den Niederlanden. Sandra & Andres Holten sangen "Als het om de liefde gaat" ("Als ob es um Liebe geht") mit schwungvoller Gymnastik-Performance und vielen "Na na nas". Sandra sollte später unter ihrem vollen Namen Sandra Reemer und als Xandra noch zweimal zum Song Contest zurückkehren. Ihr Duettpartner war später mit dem Duo Rosy & Andres erfolgreich, 1976 belegte "My love" so die #3 der niederländischen Charts hinter "In Zaïre" und "Dancing Queen". Für die Niederlande wurde der grüne Auftritt von Edinburgh zum vierten Platz.

Nicht ganz so erfolgreich lief es für die Schweiz, die mit Véronique Müller eine Sängerin schickte, deren Hauptaufgabe bis dato die Rolle als Sekretärin von Petula Clark war. Sie wurde Achte, die Nachbarn aus Frankreich gar nur Elfte mit ihrer Sängerin Betty Mars und "Comé-comédie". Diese machte lediglich 1989 noch einmal von sich Reden, als sie in suizidaler Absicht aus dem Fenster ihrer Wohnung im Pariser Stadtteil La Défense sprang und drei Wochen später verstarb.
Große Erwartungen legten u.a. Jugoslawien und Portugal in ihre Teilnehmer. Für Jugoslawien wurde Tereza Kesovija mit dem serbokroatischen Titel "Muzika i ti" entsendet. Tereza war bereits 1966 für Monaco am Start und ist heute eine der wenigen Interpretinnen die für mehrere Länder in verschiedenen Sprachen unterwegs war. Für "Die Musik und du" reichte es auf den neunten Platz, der Portugiese Carlos Mendes, der bereits 1968 dabei war, erreichte gar Rang sieben. Seinem Songtext zu "A festa da vida" wurde eine unterschwellige Kritik an der portugiesischen Diktatur unterstellt, der Song, der die Nelkenrevolution auslöste, sollte allerdings erst zwei Jahre später kommen.

Für Irland trat die 18jährige Sandie Jones mit einem Novum auf. Bis dahin wurde kein irischer Beitrag auf Gälisch gesungen. "Ceol an ghrá" ("Musik der Liebe") konnte die Juroren jedoch auch nicht überzeugen, obwohl das Lied an die Spitze der irischen Charts kletterte, reichte es in Edinburgh nur für den 15. Platz. Nach zwei Siegen beim Festival von San Remo schickte Italien Nicola di Bari, an dessen Regenbogen-Song er selbst mitgewirkt hatte. Er gewann damit in San Remo und konnte beim Eurovision Song Contest immerhin den fünften Platz heimbringen.
Sehr viel mehr hatten sich unterdessen die Gastgeber aus Großbritannien erhofft. Die New Seakers standen vor dem Eurovision Song Contest an der Spitze der Charts mit ihrem Hit "I'd like to teach the world to sing", der Song wurde umgedichtet zu einer weltweit präsenten Werbejingle für Coca Cola. Mit "Beg, steal or borrow" konnte sich die Hippietruppe aber wieder einmal nur die Silbermedaille für Großbritannien schnappen. Auch das Publikum im Saal spendete der Siegerin nur enttäuschten Pflichtapplaus, da man den New Seakers die besten Chancen ausrechnete.
Als strahlende Siegerin ging allerdings die für Luxemburg startende Vicky Leandros vom Platz. "Après toi" war eine teilweise deutsche Produktion, wirkte doch ihr Dirigent und Mentor Klaus Munro aus Hamburg daran mit. Der Song wurde nach ihrem ersten Anlauf 1967 zum Evergreen, von dem diverse Coverversionen, u.a. sogar auf Japanisch existieren. Vicky Leandros wurde intern nominiert und konnte ganz elegant mit dem Wohlwollen der britischen Juroren, die zehn von zehn Punkten spendierten, ihre internationale Karriere starten.

Die Teilnehmer:
01. - 128 -

02. - 114 -

03. - 107 -

04. - 106 -

05. - 100 -

06. - 092 -

07. - 090 -

08. - 088 -

09. - 087 -

10. - 083 -

11. - 081 -

12. - 078 -

13. - 075 -

14. - 073 -

15. - 072 -

16. - 065 -

17. - 055 -

18. - 048 -
