Europa - Für das Sommerloch, allgemein auch bekannt als "Post Eurovision Depression" (sprich: poʊst ˈjʊəɹəvɪʒn dɪˈpɹɛʃən) haben wir uns wieder 18 Themen rund um den Eurovision Song Contest überlegt, um die Wartezeit bis zur Sperrfrist der Europäischen Rundfunkunion am 1. September zu verkürzen. Es folgen in den kommenden Wochen wieder zahlreiche skurrile und interessante Beiträge, mit denen wir dem Wettbewerb aufarbeiten. Die Themen stehen zur Bewertung, das erste Cocktail-Posting trägt den Namen "Out Of Europe".
Auch die gehören seit den 70ern zum ESC-Publikum |
Eines der bekanntesten nicht-europäischen Musikfestivals mit Wettbewerbscharakter ist das Viña del Mar International Song Festival, das seit 1960 in der gleichnamigen chilenischen Stadt ausgetragen wird. Der mondäne Badeort, der für seinen Weinbau bekannt ist, trägt seither jährlich in der dritten Februarwoche das größte Musikfestival mit lateinamerikanischer Musik aus. Dabei sind nicht nur südamerikanische Nationen vertreten, selbst die BR Deutschland ging bereits einmal als Sieger hervor.
Cherry Laine gewann für die BRD in Vina del Mar |
Sieger des Festivals von Viña del Mar, die beim ESC dabei waren:
- 1976 - Elpida - Love song (Griechenland 1979 u. Zypern 1986)
- 1979 - Braulio - A tu regreso a casa (Spanien 1976)
- 1996 - Paolo Meneguzzi - Aria Ario (Schweiz 2008)
- 2003 - Gisela - Este amor es tuyo (Andorra 2008)
- 2010 - Simona Galeandro - Volare
- 2013 - Hera Björk - Because you can (Island 2010)
Mit einer Neuauflage von "Nel blu dipinto di blu" konnte Simona Galeandro sogar einen Eurovisionssong im Festival einschleusen, der das Festival gewann. 1958 nahm Domenico Modugno damit am Song Contest in Hilversum teil, der den dritten Platz für Italien belegte. Seit 1961 findet parallel auch ein Folk-Wettbewerb statt. Das Festival zeichnet sich dadurch aus, dass auch Weltstars wie Tom Jones, Elton John oder Cat Stevens neben lateinamerikanischen Größen wie Ricky Martin, Chayanne, Marc Anthony, Gloria Trevi oder Thalía auftreten.
Seit 2013 wird auch in der Karibik konkurriert |
Etwas besser ist es da um die Wettbewerbe der ABU, dem asiatisch-ozeanischen Pendant der EBU bestellt. Schon 2009 planten die Mitgliedssender der Rundfunkunion einen internationalen Musikwettbewerb, das Konzept der Eurovision sollte in Asien adaptiert werden, "Our Song" heißen und zunächst in Indien stattfinden. Mehrfach geriet das Projekt in Vergessenheit bzw. wurde verzögert. 2012 etablierte die ABU mit dem Radio- und dem TV Song Festivals zwei Wettbewerbe, in denen jedoch nur gesungen nicht aber gewonnen wurde.
In Seoul nahmen 2012 so z.B. elf Nationen teil, von Afghanistan bis Australien, ein Sieger wurde nicht ermittelt. Später folgten zahlreiche weitere asiatische Länder, so gab 2013 auch der Iran, 2014 Macau, 2015 Kasachstan und 2016 die Mongolei ihr Debüt, gesungen wurde dabei stets in der Landessprache. Allerdings wurde immer nur zur allgemeinen Unterhaltung gesungen, eine Konkurrenz initiierte man nie. Schließlich geriet das Eurovisionskonzept 2016 in die Hände von SBS, dem australischen Fernsehen, das ehrgeizig verkündete, eine Asiavision zu veranstalten.
Australia in Austria: Sam Peng und Julia Zemiro |
Hatte man sich früher doch gefragt, warum Israel am Eurovision Song Contest teilnimmt (aufgrund der Lage innerhalb des Sendebereichs der EBU), so dürfte die erstmalige Teilnahme Australiens 2015 anlässlich des 60jährigen Jubiläums der Eurovision wohl noch mehr Fragen aufgeworfen haben. Australien verbindet eine jahrzehntelange Begeisterung mit dem Wettbewerb. Der Sender SBS, der sich speziell an ein Publikum mit europäischen Wurzeln richtet, startete bereits in den 70er Jahren mit der Ausstrahlung in Down Under.
Olivia Newton-John sang 1974 für Großbritannien |
Jessica Mauboy war 2014 Interval-Act in Kopenhagen |
Guy Sebastian debütierte 2015 für Australien beim ESC |
Am gleichen Wettbewerb nahmen damals auch Kelly Clarkson aus den USA und Heinz Winckler aus Südafrika teil. Der Sieger aus Norwegen, Kurt Nilsen verschwand kurz nach seinem Sieg wieder in der Versenkung. Peter Evrard aus Belgien versuchte sich wenige Jahre später im flämischen Vorentscheid, hatte gegen Kate Ryan jedoch keine Chance. Australien jedenfalls sollte nur einmal an der Eurovision teilnehmen, als assoziiertes Mitglied hätte es laut Regelwerk überhaupt nicht teilnehmen dürfen.
2016 holte Dami Im die Silbermedaille für Australien |
Qatar Radio bewarb sich 2009 ebenfalls um die Mitgliedschaft, der Antrag wurde bis heute nicht durchgewinkt. Zum Eurovision Song Contest nach Moskau entsandte der Sender aus Doha jedoch eine kleine Delegation, die für den Golfstaat berichtete, der anders als die nordafrikanischen Staaten, Jordanien oder der Irak außerhalb der EBU-Grenzen liegt. Diese wurden von der Internationalen Telekommunikationsunion festgelegt. Katar ist bis heute weder assoziiertes noch Vollmitglied der EBU. Auch Palästina bewarb sich zeitweise um eine Mitgliedschaft in der EBU.
Georgiens erste Interpretin: Sopho Khalvashi |
Die Corniche von Algier, bis 1962 ein Teil Frankreichs |
Wurde 1980 per Telefon zu- geschaltet, Marokkos Spokes- person Kamal Irassi von SNRT |
Hinzu kommen eine Vielzahl von Ländern, die bereits in den 60er und 70er Jahren den Eurovision Song Contest ausstrahlten. 1969 nahezu im gesamten Ostblock und Tunesien, 1970 in Chile, 1972 wurde der Wettbewerb nicht nur in seinen 18 Teilnehmerländern verfolgt, sondern auch in Brasilien, Hongkong, Japan, auf den Philippinen, Taiwan und in Thailand. Seit 2010 ist das kasachische Fernsehen mit dabei, im Laufe der Jahre wurde die Eurovision auch in Neuseeland, Kirgisien, auf Grönland und in Südafrika gezeigt.
Coverte Niels Brincks "Believe again": Heinz Winckler aus Südafrika |
Einige Eurovision-Songs, die auf Afrikaans gecovert wurden:
- Jaycee Crause - Drup oor my hart ("Drip drop")
- Dominec - Bemin my vanaand ("Love me tonight")
- Heinz Winckler - Ek kan weer in liefde glo ("Believe again")
- Barbara Ray - Nie lank gelede ("Ein bisschen Frieden")
- Kobus Crafford - Die tyd staan stil ("Standing still")
- ByeCoenie - Laat my leef ("Kedvesem")
- Lee Scott - Wonderland ("Fairytale")
- Cole van Dais - Drome van my hart ("Cristalide")
- Jasmyn - Ek lewe nog ("I am still alive")
Australien nahm 2017 zum dritten Mal am Eurovision Song Contest teil, Isaiah Firebrace, der erste Aborigines-Angehörige, sang "Don't come easy" in Kiew. Mit einem zweiten und einem fünften Platz ist Australien in der kurzen Zeit seiner Teilnahme bereits an eingesessenen Nationen wie Rumänien, Polen oder Kroatien vorbeigezogen. Seit 2016 muss Australien allerdings auch durch das Semifinale, in diesem Jahr reichte es vor allem nur durch die Gunst der Juroren für die Endrunde. SBS plant, sofern man 2018 ebenfalls dabei sein darf, einen nationalen Vorentscheid.
Eine echte Stilikone, Lee Lin Chin (2017) |
Dave Benton gewann mit Tanel Padar 2001 für Estland |
Jessy Matador, sein Vater stammt aus der D.R. Kongo |
Zhanar Dugalova gewann die Türkvizyon für Kasachstan |
Auch wenn die meisten nicht-europäischen Staaten heutzutage kein Interesse mehr am Eurovision Song Contest zeigen, so schwappt die Erfolgswelle doch das ein oder andere Mal nach Übersee. 2015 wurde der Wettbewerb z.B. auf OutTV, einem kleinen Sender für homosexuelles Publikum, in Kanada übertragen, seit 2016 ist er auf LogoTV in den USA zu sehen und auch die Chinesen haben sich via HunanTV für drei Jahre die Übertragungslizenzen gesichert. Ein Debüt dieser Nationen würde zwar den Rahmen und den Grundgedanken der Eurovision kaputtmachen, auszuschließen ist aber nicht, dass sich der ein oder andere Interpret auf die Song Contest-Bühne verirrt.
Poll: Und damit steht die zweite Wertungsrunde der Cocktails bevor, in dieser Woche gibt es die Auswahl zwischen fünf neuen Themen. Ich biete an: Tick, Trick und Track, Grundschulzeit, Genial daneben, Moves like Jagger und Shakespeare. Zur Abstimmung geht es hier.