Deutschland - Auch in diesem Jahr möchte ich einer alten Tradition folgen und
über die Meinung der BILD schreiben.
Ja.. es wäre langweilig in Deutschland, wenn nicht jedes Jahr,
irgendwann im Mai die Schlagzeile auftauchen würde, dass wir keine Freunde mehr
in Europa haben und ja eh alles nur noch Lug und Betrug beim Grand Prix ist,
Osteuropa fies, gemein ist und sich selbst die Punkte zuschiebt, ein fairer
Wettbewerb sei nicht mehr möglich.
Okay, zugegeben, in diesem Jahr fielen die
Stimmen der Länder, die man bis Ende der 80er Jahre "Ostblock" nannte, sehr
viel mehr ins Gewicht als in den letzten Jahren, neun osteuropäische Staaten
erreichten das Finale und acht konnten sich im Finale in den Top 10 platzieren.
Dennoch scheint die Bild auch in diesem Jahr wieder etwas falsch zu verstehen.
Natürlich geschrieben von Existenzenvernichter und nachweisbarem
Lügenschreiber Mark Pittelkau und
Peter Müller. Korrektur und Kommentare in Rot:
Schlagerstar Nicole: Stoppt endlich den
Schummel-Grand-Prix!
Helsinki - Was für eine herbe Enttäuschung! 7,38 Millionen
TV-Zuschauer schalteten am Samstagabend* beim "Eurovision Song Contest" ein - und waren
empört über die unverdiente Punkte-Pleite von Roger Cicero (36)
(Soweit richtig)
Hunderte Briefe verärgerter Leser gingen bei BILD ein.
Ich würde mich eher beim
NDR beschweren und meinem Ärger Luft machen, anstatt mich einem
Unterschichten-Blatt darüber auszulassen. Außerdem... wer schreibt heute noch Briefe?
• "Früher
haben sich die Ostblockländer gegenseitig gehasst, jetzt schieben sie sich die
Punkte zu. das ist wirklich das Allerletzte", schrieb einer.
1.
- "Einer"
hat bestimmt auch einen Namen, die BILD nennt ja sonst auch jeden bei vollem
Namen und 2. hinkt der Vergleich zwischen Bürgerkrieg in Jugoslawien und
Musikkultur auf dem Balkan ein wenig. Das sich andere Länder früher "gehasst" haben, ist mir
nicht bekannt.
• Ein anderer: "Und
dafür zahlen wir auch noch."
"Die" aber auch ;-)
Warum die Aufregung? Unser Swing-Sänger belegte mit "Frauen regier'n die Welt"
trotz Super-Show nur einen kläglichen 19. Platz - von 24 Teilnehmern! Es gewann
Marija Serifovic (22) aus Serbien ("Molitva").
Macht uns die Stimmen-Mafia aus dem Osten den Grand Prix kaputt.
Es ist beschämend auffällig: Bis auf die Türkei und Griechenland
landeten auf den Plätzen 1 bis 16 nur Teilnehmer aus ehemaligen
sozialistischen Ländern. Die hohen Punktezahlen schacherten sich die
Osteuropäer gegenseitig zu (s. Tabelle).
Jetzt spricht Schlagerstar Nicole (42) Klartext! Sie gewann 1982
mit "Ein bisschen Frieden"
den Wettbewerb - und fordert: Stoppt endlich den Schummel-Grand-Prix!
"Ich bin
zutiefst erschüttert über das Ergebnis der Abstimmung",
wettert Nicole in BILD. "Das
ist das endgültige Zeichen, dass wir Deutschen beim Grand Prix überhaupt keine
Chance mehr haben."
First of all: Schön, dass Nicole sich die Zeit genommen hat und
gegenüber der BILD vom Song Contest spricht. Man hatte ja so seine Zweifel, ob
sie überhaupt noch Interesse am Contest hat, nachdem sie ja den Vorentscheid
2006 hat sausen lassen, um Pizza essen zu gehen.
Ein Sieg sei schon rein rechnerisch nicht mehr möglich, da immer
mehr Ostländer teilnähmen: "Es
ist offensichtlich, dass sich die osteuropäischen Länder von Jahr zu Jahr
gegenseitig die Punkte zuschanzen."Stimmt! Ein Sieg eines westeuropäischen Landes ist gänzlich ausgeschlossen.
Deshalb konnten Helena Paparizou aus Griechenland und Lordi aus Finnland in den
letzten beiden Jahren nicht gewinnen.
Nicole fordert deshalb drastische Konsequenzen - unseren
kompletten Rücktritt vom Grand Prix! (...den
folgenden Blödsinn schenke ich mir jetzt)
Auch Grand-Prix-Urgestein Ralph Siegel (61)
hat einen Vorschlag: "Zwei
Halbfinal-Runden für West- und Osteuropa. Außerdem wäre es hilfreich, die Songs
zur Hälfte vom Publikum, zur Hälfte von einer Jury bewerten zu lassen."
Schon mal ein ansatzweise guter Vorschlag im Gegensatz zu seinen
Vorrednerinnen Corinna May und Lou.
Wie sieht man das Punkte-Desaster an offizieller Stelle?
"Die
Osteuropäer stimmen nicht nur aus ihren eigenen Ländern für ihre Nachbarn ab,
sondern auch sehr intensiv als Zuwanderer aus westlichen Staaten",
sagt der deutsche Delegationsleiter Manfred Witt (55). "Es ist an der Zeit, ein neues
Abstimmungssystem zu diskutieren."
Man berät sowieso schon, das Konzept zu ändern.
Empfohlen wird auch der entsprechende Bildblog-Eintrag. Natürlich
ist das Ergebnis sehr verfälscht worden und klar, es ist auch enttäuschend für
sämtliche Nationen die sich schlecht platzieren. Ja, es muss sich wirklich
etwas ändern, aber wieso wird wieder mit so einem Artikel versucht, die
Meinungen der Leser dahingehend zu manipulieren?
*Im Schnitt erreichte die Übertragung des Musikwettbewerbs aus
Helsinki 7,38 Millionen Fernsehzuschauer ab drei Jahren sowie einen Marktanteil
von 29,9 Prozent beim Gesamtpublikum. (Quotenmeter.de)