Donnerstag, 24. Mai 2007

Der Grand Prix wird 51.


Europa - Heute vor exakt 51 Jahren fand im Teatro Kursaal von Lugano (Kanton Tessin) der allererste Eurovision Song Contest in der Geschichte der EBU statt. Sieben Länder (Frankreich, Schweiz, Deutschland, Belgien, Niederlande, Luxemburg und Italien) nahmen mit jeweils zwei Kandidaten teil. Für Deutschland sangen Walter Andreas Schwarz ("Im Wartesaal zum großen Glück") und Freddy Quinn ("So geht das jede Nacht").

Jedes Land entsandte zwei Juroren in die Schweiz um den Sieger zu kühren. Lediglich der luxemburgische Rundfunk verzichtete auf Juroren und bat die Schweizer Kollegen diese Aufgabe zu übernehmen, womit spekulativ mit dem Sieg von Lys Assia für die Schweiz zu erklären ist. Die Abstimmungszettel wurden nach der Wahl des Siegerliedes verbrannt, lediglich der Siegertitel wurde bekannt gegeben.

Im Laufe der Jahre nahmen viele national sehr erfolgreiche und teilweise sogar international bekannte Teilnehmer am Concours Eurovision de la Chanson, wie er in seinen Anfängen noch hieß, teil. Von Margot Hielscher, die als "Miss Jukebox" und Telefonistin bei ihren zwei Auftritten als erste Requisiten in ihren Vortrag einband über Domenico Modugno mit seinen zwei Welthits "Nel blu di pinto di blu" ("Volare") und "Piove" ("Ciao Ciao Bambina"), Rudi Carrell, Jacqueline Boyer, Betty Curtis, Nana Mouskouri, Udo Jürgens, France Gall, Vicky Leandros, Sandie Shaw, Cliff Richard...

...Karel Gott, Paola, Julio Iglesias, Mary Hopkin, Séverine, Anne-Marie David, ABBA, Mouth & McNeal, Olivia Newton-John, Joy Fleming, Al Bano & Romina Power, Baccara, Lynsey de Paul & Mike Moran, Johnny Logan, Anna Vissi, Lena Valaitis, Ofra Haza, Carola, Wind, Umberto Tozzi & RAF, Lara Fabian, Céline Dion, Toto Cotugno, Edyta Gorniak, Katrina & the Waves, Dana International, Stefan Raab, The Olsen Brothers, t.A.T.u., Sertab Erener, Vanilla Ninja, Lordi, Dima Bilan bis hin zur ukrainischen Verka Serduchka, nahmen insgesamt über 1.000 Interpreten am Song Contest teil.

Der Contest stand seit jeher im Zeichen der Völkerverständigung und der Einigkeit Europas durch die Musik, sowie im Wandel der Zeit auch als Sinnbild für Veränderungen. Politische Gegner nahmen gemeinsam an der kultigen Veranstaltung teil, Griechenland und die Türkei, Zypern, sowie später Kroatien, Serbien oder Albanien. Mit Israel nahm 1973 sogar erstmals ein Land des Nahen Ostens am Contest teil. Marokko schaute im Jahr 1980 mit der Sängerin Samira Bensaid und dem orientalischen "Bitakat hob" vorbei, Tunesien meldete 1977 eine Teilnahme, zog sich jedoch zurück, 2006 debütierte Armenien, 2007 Georgien und 2008 wahrscheinlich Aserbaidschan.

Der Contest hat in seiner langen Geschichte einige Veränderungen durchgemacht. Von der Abendkleidträgerin Lys Assia, die mit "Refrain" einen französischsprachigen Song trällerte, über Milly Scott, die erste farbige Sängerin im Jahr 1966, die barfuß auftretende Sandie Shaw mit ihrem Siegersong und Welthit "Puppet on a string", wirren Darbietungen wie Datner & Kushnir (Israel 1987) oder Alf Poier (Österreich 2003), der freien Sprachenwahl in den 70ern und seit Beginn des neuen Jahrtausends, verschiedenen Votingsystemen von Juryentscheidungen bishin zum viertelstündigen Televoting im Jahr 2007, der Einführung eines Halbfinals im Jahr 2004 um 40 Ländern die Teilnahme zu ermöglichen, der Einführung der Big Four, außergewöhnlichen Kostümen (Youddiph, Russland 1994) oder einfach den verschiedensten Musikrichtungen von A capella über Metal, Ethnoballaden vom Balkan, Schwedenschlager, Disco- & Dancesongs bis hin zum getragenen und nostalgischen Chanson.

Der Eurovision Song Contest wird von Jahr zu Jahr größer, moderner und interessanter. Mittlerweile haben 49 Länder am Contest teilgenommen. Einige haben jahrelang pausiert (Dänemark in den 70er Jahren) oder Monaco von 1979-2004, andere meiden heutzutage den Contest (Luxemburg seit 1993, Italien seit 1997, Slowakei seit 1998), andere kehrten nach einjähriger Pause zurück, andere waren durchgehend dabei (so wie u.a. Deutschland, die jedes Jahr einen Teilnehmer entsandten).

Heute, vor 51 Jahren fand im beschaulichen Lugano der erste Contest statt, ein Moment für den ich heute sehr dankbar bin. Ohne die Idee der Erfinder einer überregionalen Musikveranstaltung, die so klein anfing, Pannen sowie Weltstars beinhaltete, Monster, transsexuelle Darsteller, Castingshowteilnehmer und eine Schar für den Frieden appellierender Sternchen vereinte, würde nicht ganz Europa und zahlreiche Nationen in Übersee (u.a. Kanada, Südafrika, Japan, Korea, Australien oder Neuseeland) einmal im Jahr zum jeweiligen Austragungsort schauen und sich über die schrillen wie schönen, falsch gesungenen wie perfekt inszenierten Darbietungen aus über 40 Ländern amüsieren und mitfiebern.

Ohne diese Grundidee würden Menschen wie Julio Iglesias, Johnny Logan oder Céline Dion immer noch normalen Tätigkeiten nachgehen und ohne diese Idee würde es diesen Blog nicht geben. Also von daher noch einmal ein rechtherzliches Dankeschön an die, mittlerweile wahrscheinlich schon verstorbenen Erfinder des Eurovision Song Contests und auf die nächsten 51 Jahre, in denen es heißt "Hello Europe" und "XY calling".