Montag, 14. Mai 2007

Ich bin wieder da


Hallo liebe Blogleser und Freunde des Eurovision Song Contest,

ich bin nach einem superschönen ESC-Wochenende (zu den Ergebnissen und Diskussionen komme ich später) in Essen wieder zurück im ländlichen Niedersachsen, jenseits des Kampfes Schalke vs. Dortmund und den abgehackt aussehenden Kirchtürmen im Ruhrgebiet. Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal von ganzem Herzen bei Britta und Thomas bedanken, die Max und mich zu sich eingeladen haben und uns, nach meinem Empfinden den schönsten ESC-Abend in meiner knapp 10jährigen ESC-Karriere beschert haben. Kittos! 

So.. trotz einiger Verspätungen (mein Tipp: fahrt nie mit dem ICE von Hamburg über Hannover nach Essen, das gibt Verzögerungen ohne Ende, fahrt lieber direkt). Jedenfalls gab es am Freitagabend, nachdem wurden wir schick zum Griechen "Taverna Rhodos" eingeladen, quasi als Tribut an den letztjährigen Gastgeber Athen und den diesjährigen Vertreter in seinem billigen Jogginganzug mit einer Choreographie, die irgendwo zwischen Sertab Erener und Thomas Thordarsson anzusiedeln ist. Auf diesem Wege, Glückwunsch an die Griechen, die als einziges westeuropäisches Land den Sprung in die Top 10 am Samstag geschafft haben.

Am Samstag, nach dem Frühstück und der Begutachtung der forumsinternen Threads, so kurz vor dem ESC (es gab allerhand Tippspiele, von denen ich wahrscheinlich bei keinem einzigen richtig lag), wurde Max und mir bei leicht regnerischem Wetter das zu Essen gehörende Umland gezeigt, ein idyllisch gelegener See, dessen Namen ich schon wieder vergessen habe und an dessen Ufer einst die Szenen zu "Die Flut" entstanden, sowie das Rathaus zu Essen und natürlich jener abgehackte Kirchturm. Anschließend wurden noch Donuts (Beispielbild ^^) gekauft und sich daheim die Zeit bis zum ESC-Finale bzw. Countdown vertrieben. Zudem gab es außerdem noch typisch italienisches Essen - das man wohl am einfachsten mit dem Wort "köstlich" umschreiben könnte.

20.15 Uhr, Thomas Hermanns hat sich wieder professionellen Rat durch Georg Uecker auf die Couch geholt und ebenfalls noch Yvonne Catterfeld Zutritt gewährt. Sie sang im Laufe der Countdown-Sendung auch den italienischen ESC-Titel "Nel blu dipinto di blu" alias "Volare" in einer eigenen Version. Im Vorfeld gab es noch ein kurzes Interview mit Roger Cicero, was ich aber wahrscheinlich eh niemandem erzählen muss, da die meisten scheinbar eh das Finale gesehen haben.

Es folgte das "Wort zum Sonntag", Zeitpunkt um ein letztes Mal vor der großen Show auf die Toilette zu verschwinden. Gesagt, getan - dann ging es auch endlich los! Bosnien-Herzegowina eröffnete mit Marija Sestic und "Rijeka bez imena" das Finale. Wenige Minuten später folgte Spanien und Semifinalist Weißrussland. Danach nun das erste Highlight des Abends, die wahrscheinlich schrägste Stimme des Abends, zugehörig der Sängerin der irischen Gruppe Dervish. Es war gequäkter Irish Folk dargeboten mit wenig Charme und viel unfreiwilliger Komik. Der letzte Platz mit lediglich fünf Punkten (von Albanien, denen ich für die 6 Punkte an Deutschland auch auf Ewig dankbar sein werde) war daher ein gerechtes Ergebnis. In Irland überlegt man natürlich nun, ob man nicht vom Wettbewerb zurücktreten sollte. Fest stand jedoch, bei diesem Auftritt lag es nicht an Ost-West-Votings, sondern an der miesen Stimme und Darbietung.

Ihnen folgte der Gastgeber Finnland, vertreten durch die Sängerin Hanna Pakarinen und dem Song "Leave me alone". Der Auftritt, auch vom Aussehen der Sängerin her, erinnerte irgendwie an den slowenischen Song von Alenka Gotar mit der Nummer 7. Den fand ich sowieso klasse und habe auch einmal dafür angerufen. Der beängstigende Gesichtsausdruck von der, sich selbst anleuchtenden, Alenka waren es einfach wert. Slowenien platzierte sich, nach Jahren des Nichterreichens des Finale im Mittelfeld auf Platz 15, dem Platz, den Texas Lightning im Vorjahr innehatte.

Überrascht war ich von der guten Platzierung Ungarns. Platz 9 für die Sängerin Magdi Rúzsa und "Unsubstantial blues". Ich habe mich natürlich riesig für Ungarn gefreut und mag das Lied sehr, aber mit so einem Durchmarsch und der direkten Qualifikation für das finanzschwache EBU-Land hätte ich nicht gerechnet. Ebensowenig wie mit dem zehnten Platz für die moldawische Sängerin Natalia Barbu mit der letzten Startnummer. Sie erreichte die direkte Qualifikation ihres Landes und erhält nun vom nationalen Rundfunk TVM alle Auslagen zurück. Natalia musste nämlich Flug, Verpflegung, Hotel, Promomaterial, Touren und alles andere aus eigener Tasche bezahlen und hätte ihr Geld nur dann zurückbekommen, wenn sie die Top 10 erreicht. Ziel erreicht! :-)

Den griechischen Auftritt von Sarbel ("Yassou María") habe ich ja eben schon angesprochen. Habe noch nie jemanden gesehen, der sich durch seine Bewegungen auf der ESC-Bühne dermaßen lächerlich gemacht hat. Dank Youtube und Internet können wir diesen Auftritt in ein paar Tagen sicherlich an dieser Stelle schon zeigen. Griechenland, abgesehen von der Türkei und einem ähnlich gestrickten Lied, erreichte als einziges westeuropäisches Land die Top 10.

Das ESC-Finale war für Georgien jedoch Neuland. Eindrucksvoll und ein klein wenig übermotiviert sang Sopho Khalvashi ihr "Visionary dream", begleitet von vier Schwertkämpfern, die bedrohlich und messerschwingend hinter Sopho agierten. Platz 12 für den Debütanten.

The Ark aus Schweden und Les Fatals Picards aus Frankreich wurden relativ hoch gewettet, Schweden sogar als Sieger prognostiziert. Insofern war man ziemlich enttäuscht, als nur Platz 18. bzw. 22. dabei heraussprangen. Beide hätten eine bessere Platzierung verdient gehabt, ebenso wie D'Nash (sicherten Spanien zum dritten Mal in Folge Platz 20.) und natürlich auch Roger Cicero und seinem souverän vorgetragenen Song "Frauen regier'n die Welt". Dazu komme ich allerdings erst später.

Russland erreichte mit den drei Grazien Platz 3, zurückzuführen mehrheitlich durch aktives Sowjetvoting, gleiches gilt für Moldawien, Weißrussland, Georgien und Armenien. Letzterer konnte mich jedoch auch durch seinen windenden Baum und sein plötzlich zu bluten beginnendes Herz überzeugen. Armeniens Ballade "Anytime you need" von Sänger Hayko, der überall im östlichen Europa einen Namen hat, liegt also zurecht auf Platz 8! Da gibt's auch nichts dran zu rütteln. Das Belgien, die Niederlande und Frankreich natürlich sooo hohe Wertungen nach Yerevan vergeben haben, fand ich trotzdem etwas bedenklich, es war ja im letzten Jahr genauso.

Für die Niederlande vergab übrigens Paul de Leeuw die Punkte, den wir ja noch aus dem letzten Jahr kennen und der Marija Serifovic aus Serbien mit Kelly Osbourne vergleichte. Der 12er jedoch wurde von Edsilia Rombley verlesen, die scheinbar schon direkt nach dem Semifinale wieder in Richtung Niederlande abhob und einen Kurzauftritt in Almere hatte. War wohl das erste Mal, das eine Teilnehmerin im gleichen Jahrgang auch noch Punkte vorliest.

Bulgarien, das ja in den vergangenen Jahren, ähnlich wie Slowenien, nicht durch Nachbarschaftsvoting profitieren konnte, erreichte mit den beiden Trommlern Elitsa & Stoyan (die es sogar studiert haben), einen fünften Platz! "Voda" bzw. "Water" kam beeindruckend vielen Ländern gut an und der Platz ist ebenfalls verdient, auch wenn ich nicht damit gerechnet hätte. Rumänien, in den letzten Jahren sehr erfolgreich, erreichte lediglich einen 13. Platz und wird beim nächsten Mal nach Jahren wieder durch das Semifinale müssen.

Großbritannien eigentlich auch, denn was man uns da präsentiert hat, war "Trash as trash can be". Auf erschreckende Art und Weise wurden die Stewardessenwägelchen über die Bühne gerollt, Nüsse und Parfüm stolz in die Kamera gehalten, "From London to Tallinn, dap dap a dap da dap" gebrüllt und ein wenig Flughafen gespielt. Man wurde Vorletzer, ebenfalls zurecht. Es gab allerdings 12 Punkte aus Malta für Großbritannien, etwas, was ich bis jetzt noch in keinster Weise nachvollziehen kann.

Bei der Ukraine und Verka Serduchka, dem kultigsten Auftritt in diesem Jahr ist der zweite Platz ebenfalls hochverdient! "Dancing lasha tumbai" war grandios! Auch die Bewegungen der, sich ständig an die Brust fassenden, Verka Serduchka alias Andrej Danilko sind legendär und etwas für's Archiv. Beim abschließenden Umrunden der Bühne in der Hartwall Areena ließ sie es sich auch nicht nehmen, den Backgroundsängerinnen noch einmal auf den Hintern zu klopfen. Es war super, und wurde verdient Zweiter.

Gesiegt hat ein Land und ein Song, der zwischen allen Spaßbeiträgen und Rocksongs in diesem Jahr positiv auffiel, und trotz seiner geographischen Lage hat Serbien zurecht gewonnen! Ich hatte das starke "Molitva" ("Beten") von Marija Serifovic von Anfang an auf der Rechnung. Schlicht dargeboten mit einer kleinen Geste (ein Herz am Ende des Songs) beeindruckte Marija primär durch ihre unglaubliche Stimme. 268 Punkte konnte der Debütant (?) bei der ersten Teilnahme als eigenständiger Staat für sich verbuchen. 

Marija trug einen Hosenanzug und mag auch nicht unbedingt dem Schönsheitsidealen heterosexueller Männer entsprechen (die ja eh in der Minderheit beim ESC sind), aber an ihrem klasse Auftritt gibt es nichts zu rütteln. Belgrad 2008 heißt es also nun!

Mehr zum Thema, Bilder, Interviews, Zeitungsberichte gibt es gleich im Anschluss.