Montag, 22. Februar 2016
Ukraine: Es geht mal wieder um die Krim
Ukraine - "Das ist absolute Originalität. Das ist die tiefe Ukraine, die wirkliche Ukraine und die starke Ukraine.", wird Ruslana nach dem Sieg von Jamala beim gestrigen Vorentscheid zitiert. Wie in jedem Jahr wenn sich irgendwo ein Politikum beim Song Contest anbahnt, für das insbesondere Nachfolgestaaten der Sowjetunion verantwortlich sind, springt die deutsche Presse auf den fahrenden Zug auf.
"1944", der Song von Jamala behandelt das sensible Thema der Deportation der Krimtataren unter Josip Stalin nach Zentralasien. Dorthin wurde auch die Großmutter von Jamala gebracht, der das Lied gewidmet ist. Jamala selbst wurde im kirgisischen Ferghanatal geboren, siedelte später jedoch in die Ukraine zurück. Angeprangert wird das damalige Vorgehen gegen die Krimtataren.
Rückschlüsse auf die Annexion der Halbinsel Krim 2014 können aufgrund des Textes nur indirekt gezogen werden, auch wenn sie ebenso naheliegend sind. So wie der Bezug zum armenischen Beitrag vergangenes Jahr zum Genozid an den Armeniern im Osmanischen Reich 100 Jahre zuvor. Die Krimtataren sprachen sich vehement gegen die russische Annexion aus. Für die Sittenwächter der deutschen Medien ein gefundenes Fressen, um bereits den an den Haaren herbeigezogenen "Ausschluss der Ukraine" zu propagieren.
Selbst wenn der Beitrag von Jamala nicht durch die Sichtung der EBU kommen sollte, hätte die Ukraine immerhin noch eine Nachmeldefrist. Insbesondere die ukrainischen Verantwortlichen kennen diese durch frühere Jahrgänge bereits zu gut, Jamala war 2011 selbst in eines dieser zähen Ränkespiele in der Ukraine hineingezogen worden. Es stünde der Ukraine somit höchstens eine Nachnominierung ins Haus, keinesfalls ein Ausschluss.
Auch Georgien, dass sich 2009 anmaßte "We don't wanna put in" zu singen, hätte einen Ersatzbeitrag nominieren können, zog sich jedoch freiwillig dafür aber konsequent aus dem Wettbewerb in Moskau zurück. Beim armenischen "Face the shadow" gab es im vergangenen Jahr überhaupt keine Diskussionen. Dass die Russen vom ukrainischen Beitrag nicht begeistert sein dürften, ist zu erwarten, dass waren sie 2005 aber auch nicht.