Europa - Gestern Abend durften die Schweden und mit ihren ganz Europa ein bisschen Eurovisionsluft schnuppern. Das Melodifestivalen, das seit Jahren für erstklassige Unterhaltung steht und das Prädikat "wertvoll" in Bezug auf europäische Vorentscheide besitzt, begann in Göteborg. Doch irgendwie wollte der Funke noch nicht so recht überspringen.
Da ich es vorgezogen habe, den Abend im Miniatur Wunderland in der Hamburger Speicherstadt zu verbringen und zu faul bin, mir die Vorrunde on demand anzuschauen, kann ich nur nach den Studioversionen urteilen und da gefiel mir auf Anhieb nur ein Beitrag, nämlich der von Mimi Werner, die leider als Erste aus dem Rennen war. Stattdessen qualifizierte sich ein Idols-Teilnehmer und Ace Wilder, die einen wesentlich brustschwacheren Titel im Rennen hat, als noch vor zwei Jahren, als sie sich für Kopenhagen bewarb.
Überhaupt... die erste Vorrunde in Schweden kann man sich auch irgendwie sparen, man gewinnt den Eindruck, dass Christer Björkman die erste Liveshow eingebaut hat, um einige Interpreten als Kanonenfutter zu präsentieren. Die späteren Vorrunden sind erfahrungsgemäß stärker, womit immerhin noch Hoffnung für Sverige besteht. In der Andra Chansen erleben wir die beiden Jungs Samir & Viktor, die auf einen ganz alten Trick aus der Mottenkiste des Song Contest zurückgreifen, nämlich nackte Haut.
Angezogen bestimmt raus: Samir & Viktor |
Nun könnte man natürlich meinen, dass die Schweden ihre ewigen ABBA-Abklatschlieder leid sind und sich musikalisch natürlich auch weiterentwickeln. Dennoch ist dieser Trend irgendwie erstaunlich, zumal größtenteils immer noch die Komponisten engagiert sind, die schon 2005 oder 2011 ihre Beiträge bei SVT einschickten. Genauso wie man von Litauen einen grottenschlechten Beitrag erwartet, von Griechenland ein Song mit Herzschmerz oder mindestens fünf "Opas", von Portugal im Zweifel einen Fado oder von Großbritannien einen Oldie, der 1984 vielleicht Chancen gehabt hätte, so erwartet man im schwedischen Vorentscheid die simplen Texte zu eingängigem Happysound.
Mobilfunkkönigin: Charlotte |
Noch schlimmer hat es in diesem Jahr aber nach erstem Querhören das kleine Georgien getroffen. Kein einziger der fünf Titel der Young Lolitaz flasht mich. Immerhin zeigt sich der Sender in Tiflis experimentierfreudig und schwimmt nur selten mit dem Strom. Was aber auch immer bei der Wahl am kommenden Montag herauskommt, wird angesichts der europaweiten Konkurrenz abschmieren. Ich würde Georgien gerne einen Triumph beim Song Contest wünschen, weil mir das Land ziemlich sympathisch ist, so wird das aber langfristig gesehen nichts. Gerne auch einmal mit einem Song auf Georgisch.
Apropos Georgisch... der Trend seiner Landessprache abzuschwören setzt sich scheinbar europaweit fort. Bisher wurden nur Songs auf Englisch für die Eurovision im Mai nominiert, in Norwegen, Lettland und Litauen sind ausschließlich englischsprachige Songs im Rennen, in der Ukraine und Dänemark jeweils ein mutiger Beitrag in Landessprache. In Ungarn haben es immerhin fünf ungarische Songs weiter geschafft, Griechenland und Bosnien-Herzegowina haben angekündigt in ihrer Landessprache zu singen. Ich bin auch niemand, der einem Kandidaten vorschreiben möchte, ob er Englisch, Niederländisch oder Arabisch singen soll, aber sprachliche Abwechslung bei der Eurovision ist vergleichbar mit einem gut sortierten Gewürzregal, je mehr man davon hat, umso interessanter wird die Show am Ende.
Gregorian |
Und mit dem Programmtipp, dass heute Abend ja die erste Liveshow in Lettland stattfindet, wünsche ich allen Lesern ein schönes Rest-Wochenende und einen guten Start in die neue Woche!