Europa - Nicht nur die europäischen Rundfunkanstalten, auch die Fans des Eurovision Song Contests sind gespalten, was die neuerlichen Änderungen bzw. die Teilnahme Israels im Wettbewerb angeht. Dies hat nun ESC-Direktor Martin Green zum Anlass genommen, sich in einem öffentlichen Brief ganz allgemein an die Fans des Wettbewerbs zu richten und verspricht, neben seinen eigenen Gedanken, den Wettbewerb in diesem Jahr genau im Auge zu behalten und die Einhaltung der nunmehr beschlossenen Regeln zu kontrollieren. Den kompletten Brief kann man sich hier anschauen.
Auszüge davon beinhalten u.a. folgende Äußerungen: "Liebe Fans, ich weiß, dass viele von Ihnen in dieser Zeit starke Gefühle empfinden. Mir geht es genauso, und deshalb wollte ich mich direkt an Sie wenden. Ich weiß, dass Ihnen die Ereignisse im Nahen Osten und deren Verbindung zum Eurovision Song Contest sehr am Herzen liegen. Niemand kann von dem, was wir in den letzten Jahren in der Region erlebt haben, unberührt bleiben. Einige von Ihnen haben uns geschrieben, sich öffentlich geäußert oder ihren Ärger und Schmerz über das, was sie als Schweigen angesichts der Tragödie empfinden, zum Ausdruck gebracht. Ich möchte Ihnen versichern, dass wir Sie hören. Wir verstehen Ihre Beweggründe und teilen Ihre Anteilnahme."
Weiter: "Wir wissen, dass viele Fans sich eine klare Positionierung zu geopolitischen Ereignissen wünschen. Doch der Eurovision Song Contest kann nur dann weiterhin Menschen zusammenbringen, wenn wir uns in erster Linie an unsere Regeln halten. Mit Blick auf das nächste Jahr werden wir sicherstellen, dass alle teilnehmenden Sender die Wettbewerbsregeln einhalten. Sollten sie dies nicht tun, verspreche ich Ihnen persönlich, dass wir dies nicht tolerieren und öffentlich anprangern werden. (...)" Man sei fest entschlossen alles zu tun, damit der Song Contest auch in den nächsten 70 Jahren ein Ort bleibt, an dem die Musik und Interpreten im Vordergrund stehen und Freundschaften geschlossen werden.
Auch richtet sich Green direkt an die Fans in den boykottierenden Ländern: "Ich möchte insbesondere den Fans in Irland, Spanien, Island, Slowenien und den Niederlanden sagen, dass Ihre Sender, wie alle unsere Mitglieder, eine für sie richtige Entscheidung getroffen und sich mit großem Respekt an der Debatte beteiligt haben. Wir alle hier respektieren ihre Position und Entscheidung. Wir werden weiterhin freundschaftlich und partnerschaftlich mit ihnen zusammenarbeiten und hoffen, dass sie bald zum Wettbewerb zurückkehren." Gestern äußerte sich auch Song Contest-Sieger Nemo und gab seine Trophäe an die Eurovision zurück.
In der Begründung heißt es: "Und obwohl ich der Community rund um diesen Wettbewerb und allem, was ich durch diese Erfahrung als Mensch und Künstler gelernt habe, unendlich dankbar bin, habe ich heute nicht mehr das Gefühl, dass diese Trophäe in mein Regal gehört. Der Eurovision Song Contest steht für Einheit, Inklusion und Würde für alle. Diese Werte haben diesen Wettbewerb für mich so bedeutsam gemacht. Doch Israels fortgesetzte Teilnahme an dem, was die Unabhängige Internationale Untersuchungskommission der Vereinten Nationen als Völkermord eingestuft hat, zeigt einen klaren Konflikt zwischen diesen Idealen und den von der EBU getroffenen Entscheidungen."
Weiter erklärt Nemo: "Der Wettbewerb wurde wiederholt dazu benutzt, das Image eines Staates aufzupolieren, dem schwere Vergehen vorgeworfen wurden, während die EBU gleichzeitig darauf beharrte, dass der Eurovision Song Contest „unpolitisch“ sei. Wenn sich ganze Länder aufgrund dieses Widerspruchs zurückziehen, sollte klar sein, dass etwas grundlegend falsch läuft. Deshalb habe ich beschlossen, meine Trophäe an die EBU-Zentrale in Genf zurückzusenden. Wenn die Werte, die wir auf der Bühne feiern, nicht auch im Alltag gelebt werden, dann verlieren selbst die schönsten Lieder ihre Bedeutung. Ich warte auf den Moment, in dem Worte und Taten übereinstimmen."








