Sonntag, 26. Februar 2017

Kommentar: Genug des Mittelmaßes...



Europa - Wir kennen zwar erst 17 von 43 Beiträgen, also noch nicht einmal die Hälfte, aber trotzdem lässt sich irgendwie ein Trend erkennen, der mir nicht gefallen möchte. Nämlich der Trend zu Schwermut oder Belanglosigkeit. Es ist relativ egal in welchen nationalen Vorentscheid man schaut, die interessanten Titel werden ausgesiebt und unauffällige oder triste Beiträge ziehen Runde um Runde weiter. Ist Europa eigentlich bewusst, was es in diesen Tagen für musikalische Langeweile betreibt?

Halten sich bei mir lange an
der Spitze: Navi aus Belarus
So kommt es, dass mein bisheriger Favorit tatsächlich immer noch aus Weißrussland stammt. "Historyja majho žyccia" ist einer der ganz wenigen Titel, der ausbricht und positive Energie versprüht. Dem italienischen Song kann man das Gleiche attestieren, die besungene spirituelle Energie, die "Occidentali's karma" ausstrahlt ist auch notwendig, in Hinblick auf die Entscheidungen die uns in den nächsten Tagen noch bevorstehen.

Morgen wählt z.B. Lettland seinen Vertreter für Kiew. Dabei ärgere ich mich gar nicht so sehr darüber, dass Markus Riva draußen ist, sondern darüber, dass man einen stimmungsvollen Song aus dem Rennen gekegelt hat und nur noch die Wahl zwischen vier Songs hat, die man nach dem Schnelldurchlauf in Kiew schon wieder vergessen hat. Ich habe auch den österreichischen Kandidaten vor Augen und kann mir vorstellen, wonach sein Lied klingen wird. Eine große Offenbarung erwarte ich am Dienstag nicht vom ORF.

Dürfte sofort nach Kiew, ist
aber nur in der Andra Chansen
in Schweden: Boris René
Wo sind die Lieder, die den Eurovision Song Contest bunt machen? Wo sind die Lieder, die klingen wie "Golden boy", "What's the pressure" oder "Heroes". Lieder, die zünden, unter die Haut gehen und einen mitklatschen lassen? Es kann doch nicht sein, dass nur Weißrussland Klatschpotenzial hat? Gut, da ist auch noch Ungarn mit seinem ziganen Gejaule, das in meiner Gunst inzwischen steigt, weil es musikalisch heraussticht. Ich setze meine Hoffnungen in diesem Jahr somit auf die übrigen internen Nominierungen der Rundfunkanstalten.

Die Niederlande haben drei fröhlich wirkende Schwestern ausgewählt, am 3. März wissen wir, ob sie musikalisch eher den Frohsinn einer Sieneke versprühen oder zumindest keine Ballade singen werden. Auch von Zypern und Israel erhoffe ich mir flippige Beiträge, Stimmungsaufheller kann dieser Jahrgang nach momentanem Stand wirklich gebrauchen. Hoffen wir auch, dass die Griechen aus ihrer letzten Pleite gelernt haben und den Ehrgeiz von Kiew 2005 auch 2017 entwickeln können. Demy ist eine patente Sängerin, bei der ich nicht mit melancholischen Tönen rechne.

Gesungene Perspektivlosig-
keit im Quadrat: Norma John
Ich möchte mir im Mai nicht drei Stunden am Stück öde Nummern anhören, bei denen selbst die Produzenten der Show keine große Dramatik erzeugen können, indem sie die Startreihenfolge gezielt nach Stilbrüchen sortieren. In einschlägigen Facebook-Gruppen liest man momentan, dass der Sättigungsgrad an Balladen deutlich überschritten ist, es braucht keine weiteren Lieder, bei denen man das Verlangen verspürt, sich per sofort die Pulsadern aufzuschneiden, sondern etwas Optimistisches.

Es liegen über 20 Songs vor uns, die wir noch nicht kennen. Der Eurovisionsfan an sich wird über die Jahre schmerzfrei was musikalische Fehlentscheidungen betrifft, ärgert sich nicht mehr so verbissen über die falsche Jury- und Televotingentscheidung, vielmehr erträgt er die Kost, die ihm serviert wird. Es kann eigentlich nur besser werden oder es wird einer der langweiligsten Events seit 1996, als sich die düsteren Songs wie Omas teure Perlen aufreihten. Ich baue auf die Verantwortlichen in Aserbaidschan, Griechenland, Russland, Australien, ja notfalls sogar Armenien, dass sie uns etwas mit mehr Anschlägen pro Minute liefern, als die bisher gewählten Nationen es getan haben. 

Andernfalls kann ich nachvollziehen warum der Italiener momentan so hoch gehandelt wird. Om!