Frankreich - Das Palais des Festivals in Cannes an der Côte d'Azur durfte den Eurovision Song Contest, der nunmehr zum sechsten Mal stattfand, ausrichten. Gastgebende Rundfunkanstalt war nach 1959 erneut das französische Fernsehen RTF. Erstmals fand der Wettbewerb an einem Samstag statt, zwei Jahre später sollte dies zu einer festen Regel werden. Vieles hatte sich gegenüber dem Wettbewerb von 1959, als der Contest erstmals in Frankreich stattfand nicht geändert, durch den Abend führte erneut Jacqueline Joubert, nur auf die Drehbühnen verzichtete man diesmal. Ansonsten blieb vieles gleich, für das musikalische Arrangement war Franck Pourcel verantwortlich und sogar die Wertungstafel erinnerte an die von 1959.
Jedoch gab es auch Zuwachs in der Eurovisionsfamilie: Finnland, Spanien und Jugoslawien gaben ihr Debüt, die Teilnehmerzahl erhöhte sich dadurch auf sechzehn. Alle Teilnehmer stellten sich zunächst auf einer eleganten Showtreppe, die inmitten von vielen dekorativen Sträuchern und Blumen stand, vor und sangen anschließend mehr oder minder langatmige Lieder.
Den Beginn machte Conchita Bautista aus Spanien mit einem flamencogetränkten Beitrag. Sie wirbelte in ihrem Kleid über die Bühne, wie noch kein Interpret zuvor. Für sie reichte es am Ende des Abends für einen neunten Platz. Einen Rang besser als die Spanierin schnitt die jugoslawische Sängerin Ljiljana Petrović aus der Teilrepublik Slowenien ab. Mit ihrem "Neka davne zvezde" ("Einige uralte Sterne") erreichte den achten Platz.
Der dritte Debütant Finnland schaffte es mit Laila Kinnunen auf den zehnten Platz. Mit Finnland verbindete man seither die chronische Erfolgslosigkeit beim Eurovision Song Contest, erst 2006 sollte das skandinavische Land mittels Schockbeitrag von Lordi den Contest in den hohen Norden holen. Bemerkenswerterweise schien es 1961 im Trend zu liegen, Lieder über Monate und Jahreszeiten zu singen. Gleich vier Nationen beschäftigten sich mit dieser Thematik. Unter anderem das Gastgeberland Frankreich, für das Jean-Paul Mauric den Frühling besang ("Printemps (Avril Carillonne)") und es damit auf den vierten Rang schaffte.
Weniger erfolgreich lief es für Schweden, die es mit "April April" nur auf den vierzehnten Platz schafften. Dabei rückte die Sängerin Barbro Svensson alias Lill Babs nur nach, weil Siw Malmkvist, die den schwedischen Vorentscheid ursprünglich mit dem Lied gewann disqualifiziert wurde, hauptsächlich wohl aus dem Grund, weil sie während der Darbietung von "April April" nicht mit dem Lachen aufhören konnte und den Text vergaß. In einem späteren Interview gegenüber einer deutschen ESC-Dokumentation freute sie sich hingegen darüber, dass sie im Gegensatz zu Lill Babs pfeifen konnte.
Norwegen setzte ebenfalls auf Jahreszeiten, "Sommer i palma" war der zweite und zugleich letzte Beitrag von Nora Brockstedt beim Eurovision Song Contest. Sie wurde 1960 in London Vierte, in Cannes erreichte sie nochmals einen siebten Platz.
Am unteren Ende der Tabelle teilten sich Österreich und Belgien mit je einem Punkt den letzten Platz. Für Österreich startete der gebürtige Athener Jimmy Makulis. Er war der erste Grieche im Wettbewerb, sein Heimatland sollte erst 1974 debütieren. Makulis wurde Ende der 50er Jahre mit "Auf Cuba sind die Mädchen braun" und später mit "Gitarren klingen leise durch die Nacht", einem Cover des DDR-Musikers Günter Geißler, im deutschsprachigen Raum bekannt. 1990 versuchte er sich nochmals an der griechischen Vorentscheidung, 2007 starb er nach einer Herz-Operation in einem Athener Krankenhaus.
Den letzten Platz teilte er sich mit dem belgischen Sänger Bob Benny, der auch schon beim ersten Mal für den flämischen Teil des Landes in Cannes dabei war. Sein mit Bongos verstärktes Lied "Septembre, gouden roos" ("Goldene Septemberrose") fand unter den Juroren auch keine Anhänger.
Nachdem sie das San Remo-Festival 1961 gewinnen konnte, durfte Betty Curtis im gleichen Jahr mit ihrem Lied "Al di là" ("Drüben") für Italien beim Song Contest antreten. Sie gehörte in den 60er Jahren zu den größten Namen der italienischen Musiklandschaft, unvergessen bleiben Lieder wie "Nessuno" oder "È più forte di me". Beim Song Contest wurde sie Fünfte. Auch Betty Curtis ist bereits verstorben, im Alter von 70 Jahren starb sie 2006 im lombardischen Lecco.
Die bekannteste Interpretin des Abends trat hingegen für die BR Deutschland an. In der Schlagerparade mit Moderator Heinz Schenk aus dem Kurhaus in Bad Homburg traten zunächst 13 Interpreten an. "Anspruchsvolle Chansons" wurden von Hans-Otto Grünefeldt gefordert, der sich erstmals für den Vorentscheid verantwortlich zeigte.
Auf einen der hinteren Plätze verwies die Siegerin Lale Andersen, die sich mit Rollkragenpullover und Handtasche alles andere als showgerecht präsentierte, u.a. das aufstrebende Jungtalent Dieter Thomas Heck, der ab den 70er Jahren mit der ZDF-Hitparade dauerpräsent war. Mit "Was tut man nicht alles aus Liebe" hatte er beim Vorentscheid jedoch keine Chance.
Lale Andersen war zum Zeitpunkt ihrer Teilnahme am Grand Prix bereits 56 Jahre alt und bis heute die älteste Solistin im Wettbewerb. Weltbekannt wurde die, in Bremerhaven geborene, Sängerin durch ihr Soldatenlied "Lili Marleen", welches zum ersten Millionenseller in Deutschland wurde. Ihren Titel "Einmal sehen wir uns wieder" im Stil ihrer Seefahrtslieder wurde vorrangig im Sprechgesang aufgeführt. Trotz ihres großen Namens war das Ergebnis eine herbe Enttäuschung. Platz 13 mit drei Zählern war das schlechste Ergebnis der Bundesrepublik bis dato. Mit einer Zeile auf Französisch bot sie aber immerhin das erste mehrsprachige Lied in der Contest-Historie.
Nicht nur der deutsche Beitrag erhielt eine frankophone Note, auch der Siegerbeitrag aus Luxemburg wart auf Französisch gesungen. Jean-Claude Pascal, arbeitete zunächst beim Modezar Christian Dior, wodurch er später zum Film kam. Er stand 1959 u.a. mit Romy Schneider vor der Kamera. In den 60ern legte er mit seinem Sieg beim Song Contest mit der Ballade "Nous les amoureux" ("Wir, die Verliebten") den Grundstein für seine musikalische Karriere.
1981 sollte er noch einmal für das Großherzogtum, das den ersten von vier Siegen bis heute errang, antreten. Wie viele der Teilnehmer Luxemburgs wurde er vom luxemburgischen Fernsehen aus Frankreich eingekauft. Jean-Claude Pascal starb 1992 in Paris.
Jean-Claude Pascal lieferte sich während der Punktevergabe zwischenzeitlich ein Kopf-an-Kopf-Duell mit dem britischen Duo The Allisons, die entgegen ihres Namens keine Bruder waren. Ihr Lied "Are you sure?" entwickelte sich ebenfalls zu einem Verkaufserfolg in Westeuropa. Gemessen an den Einschaltquoten war der Eurovision Song Contest 1961 der bis dahin erfolgreichste Wettbewerb. Die französische Sprache dominierte weiterhin den Wettbewerb und der Contest 1962 sollte erstmals in Luxemburg stattfinden.
Die Teilnehmer:
01. - 031 - Jean-Claude Pascal - Nous les amoureux
02. - 024 - The Allisons - Are you sure?
03. - 016 - Franca di Rienzo - Nous aurons demain
04. - 013 - Paul Mauric - Printemps (Avril carillonne)
05. - 012 - Dario Campeotto - Angelique
05. - 012 - Betty Curtis - Al di là
07. - 010 - Nora Brockstedt - Sommer i palma
08. - 009 - Ljiljana Petrović - Neka davne zvezde
09. - 008 - Conchita Bautista - Estando contigo
10. - 006 - Colette Deréal - Allons, allons les enfants
10. - 006 - Laila Kinnunen - Valoa Ikkunassa
10. - 006 - Greetje Kauffeld - Wat een dag
13. - 003 - Lale Andersen - Einmal sehen wir uns wieder
14. - 002 - Lill Babs - April, April
15. - 001 - Jimmy Makulis - Sehnsucht
15. - 001 - Bob Benny - Septembre, gouden roos