Sonntag, 1. Januar 2012

Eurovision am Sonntag (3)


Albanien - Das beherrschende Thema der Woche war dann wohl der albanische Vorentscheid, das 50. Festivali i Këngës aus Tirana, bei dem mit Rona Nishliu eine wunderbare Interpretin für den Eurovision Song Contest gefunden wurde. Die Meinungen gehen auf internationalen Eurovisionsseiten weit auseinander, die einen finden den Song fürchterlich und können mit dem Geschrei nichts anfangen, die anderen finden "Suus" mutig und zugleich fesselnd.

Ich reihe mich in der letzten Gruppe ein, der Song zündet zwar nicht beim ersten Mal und braucht ein bisschen Zeit, aber dann merkt man die Authenzität des Beitrags und die faszinierende Darbietung. Für den Eurovision Song Contest ist der Titel von Rona Nishliu zwar nicht sehr erfolgsversprechend, aber immerhin zeigt Albanien damit eine weitere Facette seiner Musiklandschaft.

Mit dem Siegertitel hat man auch mich wieder milde gestimmt, haben die Juroren doch zuvor das wunderbare "Rroj për dashurinë" von Goldi Halili herausgewählt, die einem wirklich leid tun kann. Vergangenes Jahr schaffte sie es zwar ins Finale, wurde mit dem aber nahezu gleichwertig tollen "Në krahët e tua" nur Letzte mit null Punkten. Ein Jahr zuvor gab es für "Tirana Broadway" immerhin 64 Punkte, jedoch auch nur Platz 14 von 20. Hoffen wir einmal, dass sie nicht so schnell den Mut verliert.

Russland - In dieser Woche gab es zudem auch Nachrichten aus Russland, die nicht gegen Wladimir Putin gerichtet waren, der Sender RTR bestätigte nämlich seine Teilnahme am Eurovision Song Contest im ölfördernden Nachbarstaat 2012. Zugleich kündigte der Sender einen ähnlichen Mega-Vorentscheid wie in der Vergangenheit an, als er am Zug war, sprich 2008 und 2010.

Vor zwei Jahren, als Peter Nalitch und seine Band unter zweifelhaften Umständen den Vorentscheid gewannen, platzierten sich sechs udmurtische Großmütter namens Buranovskje Babushki mit einem Song über Birkenrinde auf dem dritten Platz und brachten selbst die damals wertenden Juroren zum Schmunzeln. Letztes Jahr waren sie im Gespräch, intern vom Sender Channel One in Düsseldorf anzutreten, die Spuren verliefen sich im Sand. Laut ESCkaz.com sollen sie nun wieder für den Vorentscheid von RTR zugesagt haben, man darf gespannt sein.

Das russische Fernsehen ist jedenfalls bemüht eine Schmach wie 2011 in Baku zu verhindern, als Alexey Vorobyov trotz eines durchaus charttauglichen Titels jedoch mit einer fürchterlich überheblichen Einstellung das einstige Zarenreich auf den 16. Platz manövierte. Laut seiner Biographie müsste es auch seine erste Niederlage in einem musikalischen Wettbewerb sein. Ob er deshalb so gelangweilt neben seinem Hund unter'm Weihnachtsbaum lag ist nicht überliefert. Fest steht hingegen der Termin des russischen Vorentscheids, am 26. Februar wird in Moskau gewählt, vielleicht demokratischer als bei den Parlamentswahlen Anfang Dezember.

Deutschland - Es dauert nicht mehr lange, da beginnen auch in Deutschland die Vorbereitungen für den deutschen Vorentscheid. Am 12. Januar stehen erstmals zehn Kandidaten vor der Aufgabe Deutschland von sich zu überzeugen, wie es zwei Jahre zuvor Lena Meyer-Landrut getan hat. Die Hauptverantwortung trägt dabei Thomas D., der sich im Interview mit dem Spiegel pünktlich zum Jahreswechsel kritisch gegenüber anderen Castingshows aussprach.

"Ich will etwas präsentieren, das die Bezeichnung Kunst verdient.", sagte er und kündigte an mit dem Sieger von "Unser Star für Baku" ein Album zu machen, das sich vom üblichen Softpop der Castingsieger von DSDS und Co. abhebt. Auch möchte er ein seriöser Juror sein und sich beispielsweise von Dieter Bohlen abheben. Spiegel Online zitiert, ihm missfalle "dieser menschenverachtende Gestus". Insgesamt bin ich schon sehr auf die Anwärter für Baku gespannt, wie bei vielen Brainpool-Produktionen kann man sich darauf verlassen, dass auch etwas Gescheites dabei herauskommt.

Bis dahin hat man noch Zeit im Videoblog von Eurovision.de die neue Moderatorin von "Unser Star für Baku", Sandra Rieß, kennenzulernen. Ähnlich wie Sabine Heinrich vor ihr, ist sie mir eine völlig Unbekannte, anders als Steven Gätjen, der mittlerweile sämtliche Events übernommen hat, die vor einem Jahr noch von Matthias Opdenhövel moderiert wurden. Ob sich ProSieben mit einem Moderator, der "taff" und "Gülcans Traumhochzeit" in seiner Bio stehen hat für den Song Contest einen Gefallen getan hat, wird sich nächste Woche Donnerstag zeigen.