Sonntag, 10. September 2017

Eurovision am Sonntag (55)



Europa - Am Freitag müssen vorläufig alle Bewerbungen für den Eurovision Song Contest 2018 in Lissabon bei der Europäischen Rundfunkunion vorliegen. Die vorläufige Teilnehmerliste sagt zwar noch nichts darüber aus, wer dann tatsächlich dabei sein wird, aber sie bietet einen guten Anhaltspunkt, ob es wieder einmal über die 40-Teilnehmer-Marke gehen wird oder nicht. Einige Bestätigungen stehen noch aus.

Der Mann mit den zwei
Gesichtern: Jacques Houdek
So fehlen, wie eigentlich in jedem Jahr, noch diverse Bestätigungen aus Südosteuropa. Vom kroatischen Fernsehen HRT wissen wir, dass man in Zagreb noch berät, allerdings dürfte es nach zwei nicht ganz unerfolgreichen Jahrgängen seit dem Comeback, kaum verwunderlich sein, wenn ein "Ja" aus Kroatien kommt. Und auch Bulgarien, das in den vergangenen beiden Jahren seine komplette Song Contest-Bilanz umgekrempelt hat, wird auch mit einem neuen Führungsteam in Lissabon dabei sein. Davon gehe ich jedenfalls fest aus.

Offiziell hat sich das slowenische Fernsehen RTVSlo noch nicht für die Eurovision ausgesprochen. Da allerdings schon die Regeln und Vorgaben für die EMA 2018 vorliegen, die seit jeher als nationaler Vorentscheid dient, ist es auch hier nur noch ein formeller Akt, seine Teilnahme für Lissabon zu bestätigen. Gleiches gilt für die beiden Big Five-Mitglieder Großbritannien und Italien, das ja spätestens seit 2015 darauf brennt, es der Konkurrenz zu zeigen. 

Zieht San Marino seinen
Hut? Serhat (2016)
Und dann sind da noch ein paar obligatorische Wackelkandidaten, bei denen man sich nie sicher sein kann, ob nicht doch noch jemand querschlägt. Allen voran der kleine Zwergstaat San Marino, aus dem zuletzt große Zweifel am Sinn der Fortführung der Teilnahme kamen. Senderchef Carlo Romeo erklärte, San Marino werde nie eine Chance haben, da kleine Staaten beim Eurovision Song Contest so gut wie kaum beachtet würden. Zudem führt das kleine Land einen erbitterten Kampf mit der EBU um Anerkennung.

Die Situation wurde mit Einführung des neuen Wertungssystems 2016 in Stockholm deutlich, nachdem man San Marino alternativ zum Televoting eine Suppe aus Wertungen anderer Länder vorsetzte und es als "Televoting" verkaufte. San Marino machte engagierte Vorschläge, etwa die Durchführung eines demoskopischen Votings mit Sanmarinesen, was die EBU abtat. Die letzte Pleite mit Valentina Monetta und ihrem Duettpartner Jimmie Wilson dürften in San Marino ebenfalls für Enttäuschung gesorgt haben. So ist es nach wie vor fraglich, ob San Marino sich auch im kommenden Jahr als stolze Teilnehmernation präsentiert oder nicht.

Konnte beim zweiten Mal
nicht viel anrichten: Kaliopi
Auch Montenegro und Mazedonien sind angesichts ihrer mäßigen Song Contest-Bilanzen angefressen. Mazedonien wartet seit 2012 wieder auf einen Erfolg, den nicht einmal Kaliopi mit "Dona" wiederholen konnte. Montenegro empfindet den Song Contest als Tourismuswerbung, da die Semifinals aber weniger stark verfolgt werden, als die große Finalshow dürfte sich in Podgorica langsam die Frage stellen, wie viel PR ein Halbfinalauftritt überhaupt bringen mag. Und zu guter letzt sind da noch Albanien und Moldawien. Dabei muss man sagen, dass TRM generell zu den letzten Nationen gehört, die sich anmelden, also keine Panik.

Bei Israel hieß es zwischenzeitlich, die EBU und der neue Rundfunk Kan hätten eine Übereinkunft getroffen, die auch im kommenden Jahr eine Teilnahme sichern sollte. Über den Bescheid der Vollmitgliedschaft in der Union wird erst nach Ablauf der Deadline für den Song Contest entschieden. Kein Comeback wird es höchstwahrscheinlich aus Bosnien-Herzegowina geben. Beim Sender BHRT weiß man nicht einmal, wie die Mitarbeiter ihre Brötchen verdienen sollen. Da wäre der Song Contest schon arg unwahrscheinlich für Bosnien. Immerhin befinden sie sich auf WM-Qualifikationskurs, sodass es zumindest einen Grund gibt, den Sender weiterhin künstlich am Leben zu halten.

Weitere Überraschungen dürften auszuschließen sein. Der Kosovo wird auch 2018 voraussichtlich nicht debütieren, ebenso wenig wie Kasachstan. Beide engagieren sich zwar, erfolgsversprechend sind diese Bemühungen derzeit aber nicht. Auch sämtliche arabische Nationen von Marokko bis zum Libanon dürfte es herzlich egal sein, ob die Eurovision stattfindet. Seit Jahren gibt es kein Bestreben dieser Nationen teilzunehmen. Ganz abwegige Kandidaten wie etwa China, Kanada oder Japan dürfte man per se ausschließen, Australien im Boot dürfte auch der EBU reichen.

Bleibt nur noch das slowakische Fernsehen RTVS, das sich wie in jedem Jahr sehr unsicher ist, was die Teilnahme angeht. Vor einigen Jahren hieß es, der Song Contest sei eine "interessante" Veranstaltung. Rückendeckung erhält man vom tschechischen Fernsehen, ob es was nützt und wir einen slowakischen Beitrag in Lissabon erleben, werden wir wohl erst Ende des Jahres erfahren, wenn die EBU ihre offizielle Teilnehmerliste ausgibt. Von der provisorischen Teilnehmerliste können sich alle Nationen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ohne finanzielle Verpflichtungen abmelden.