Na ja, zeitlich habe ich es mit "Eurovision am Sonntag" zwar nicht mehr geschafft, aber was machen die paar Minuten schon für einen Unterschied. Ein spannendes Wochenende mit einer Menge Entscheidungen, vielen persönlichen Triumphen über das Weiterkommen bzw. den Sieg meiner Favoriten und einigen Tragödien liegt hinter uns.
Um es mit der, leider viel zu jung verstorbenen Whitney Houston zu sagen, es war "One moment in time", der bei den europäischen Vorentscheidungen zum Eurovision Song Contest für einen Zustand nahe am Herzinfarkt sorgte: die Moderatoren mit ihren Umschlägen, wenn der Sieger bekannt gegeben wird oder die Addition von Punkten aus verschiedenen Regionen. Umso schöner, dass Samstag gleich drei meiner Favoriten für Baku ausgewählt wurden. Den Auftakt macht heute Ungarn.

Glücklicherweise hat das Quartett richtig entschieden und die Gruppe Compact Disco ausgewählt. Ihr "Sound of our hearts" fiel mir bereits vor den Semifinals positiv auf und vor allem textlich gefällt mir das Lied. Was es aber bis zum Eurovision Song Contest zu ändern gilt ist das Bühnenoutfit. Den Leadsänger hätte man ja gestern fast nicht schlechter anziehen können. Erinnerungen an Griechenland 2002 wurden wach, als Michalis Rakintzis zeigte, was passiert, wenn Griechen ins All fliegen.
Wie die Chancen im Semifinale für die Ungarn stehen lässt sich aktuell schwer einschätzen. Zum einen weil bislang kaum Beiträge feststehen, zum anderen weil sich nicht abwägen lässt, ob eine Mischung aus Belgien, Finnland, Griechenland, Montenegro, Irland, Österreich, Zypern und San Marino für Ungarn anruft. Das andere Semifinale ist das viel homogener. Fest steht hingegen, dass Ungarn bisher zu meinen Favoriten gezählt werden darf.
Norwegen - Zudem fand gestern im Oslo Spektrum der Melodi Grand Prix statt. Ganz Norwegen klebte mit Sicherheit wieder einmal am Fernseher, um Per Sundnes und Marte Stokstad einen guten Job machen zu sehen. Im Vergleich zu Vorentscheiden auf Malta oder in Portugal zeichnen sich skandinavische Vorentscheide durch ein geordnetes System und keine stundenlangen Umschweife aus.
Ebenso klar war zuvor eigentlich auch der Sieger - in vielen Foren und in Umfragewerten in Norwegen lag die Gruppe Plumbo mit ihrem "Ola Nordmann" klar vorne. Baku durfte sich schon auf nordischen Poprock freuen - im Superfinale landete der Titel ja auch ohne große Probleme, anders als meine eigentliche Favoritin Reidun Sæther mit ihrem Mix aus choreographischer Dramatik á la Maria Haukaas Storeng, Windmaschine und Powerstimme. Neben Plumbo zogen noch Nora Foss al-Jabri, die mit ihrem Song leider in gar keine Richtung ging, sowie eine lauwarme Country-Nummer, die vermutlich aus einer der verstaubtesten Highway-Raststätten in Arizona stammte und Tooji, dem Prinz von Persien.
Vergleiche mit Eric Saade müssen an dieser Stelle geduldet werden, schließlich wirkten Outfit und Performance sehr wie eine Kopie, auch wenn das Gesamtpaket vielleicht eigenständig sein mag. Er selbst konnte es bei der anschließenden Urteilsverkündung scheinbar am allerwenigsten fassen. Lag Nora Foss al-Jabri bei den Juroren noch vorne, hagelte es für den jungen Iraner mit eigener MTV-Show später aus allen Landesteilen Norwegens Stimmen. Am Ende umarmte er seine Mutter, die genau wie er Tränen in den Augen hatte. Tooji darf nun nach Baku fahren, eine gute Wahl, stimmlich ist da bestimmt noch Luft nach oben, aber hey, Eric Saade ist auch Dritter geworden.

Das man nicht viel in den vergangenen zehn Wochen verpasst hat, zeigt sich auch anhand der Siegerin der Show - Sabina Babayeva. Ich habe zwar lediglich zwei Auftritte von ihr gesehen, darunter auch oben bereits einmal erwähnte Coverversion von Maria Haukaas Storeng, die aber so brutal zersungen wurde, dass Jon Ola Sand als Norweger eigentlich den Ausschluss Aserbaidschans aus der EBU besiegeln müsste.
Der Song, den Sabina im eigenen Land singen darf ist, wie immer, wenn Aserbaidschan einen Künstler bestimmt, noch nicht bekannt. Inoffiziellen Angaben zufolge soll der Titel am 17. März bekannt gegeben werden - vermutlich muss man nach der Entscheidung der Juroren erst einmal geeignetes Liedgut sichten. Ohne den endgültigen Song zu kennen, kann man aber wohl jetzt schon behaupten, dass das Unterfangen Titelverteidigung, sofern es überhaupt durch Herrn Aliyev geplant war, gründlich in die Hose gehen wird.

Außerdem ist Italien auch dieses Jahr wieder mit von der Partie und am Samstag findet im lauschigen Teatro Ariston in San Remo das Finale des gleichnamigen Festivals statt. Einer der Teilnehmer, ob nun aus der Newcomer-Kategorie wie letztes Jahr Raphael Gualazzi oder vom Hauptfeld, darf Italien in Baku vertreten. Zudem heißt es Samstag u.a. Daumen drücken für die Mad Show Boys in Lettland und Ohren auf für den Song von Nina Badric, der in Zagreb vorstellt wird.