Samstag, 25. Juli 2015

Dark Blue Cocktail: Greek Style


Einen wunderschönen Samstag aus unserer neuen Eurovisionswelt. Nachdem wir uns entschieden haben, den alten Blog nicht mehr zu aktualisieren und hierhin weiterzuleiten, ist dies das erste Cocktailposting, was nur noch in der neuen Version verfügbar ist und auch hier gibt es wieder einen TED-Sieger, in dieser Woche wurde mehrheitlich für das Thema "Greek Style" gestimmt. Es geht also heute um griechische Musik, mediterrane Klänge, Schafkäse, Feta und Helena Paparizou. 


36 Teilnahmen hat Hellas mittlerweile auf dem Konto, den ersten Ausflug machte eine Delegation 1974 ins englische Seebad Brighton. Doch bereits ein Jahr später fehlte Griechenland, die Türkei gab ihr Debüt. Auch 1982, im Jahr von Nicole, verzichtete Griechenland auf die Entsendung eines Teilnehmers. Wie in den Geschichtsbüchern festzustellen ist, fand die damalige Kulturministerin Melina Mercouri ("Ein Schiff wird kommen"), dass die Eurovision griechischer Musik nicht würdig genug ist und man nicht auf dieses Niveau herabgehen wolle. Im Jahr darauf war Griechenland wieder dabei. 

Melina Mercouri, eine Schauspielerin und Sängerin, stieg nach dem Sturz der Militärjunta 1974 in die griechische Politik ein. So wie Irland regelmäßig Busfahrer zum Song Contest schickt, schickt Griechenland Sänger und Musiker in die Landespolitik. Vicky Leandros, ein weiteres griechisches Exilkind, hatte vor wenigen Jahren auch noch politische Würden in Piräus inne. Aber es geht um Musik. Seit 2004 wurde Griechenland eines der erfolgreichsten Länder beim Eurovision Song Contest, wie auch die Platzierungen zeigen. 

Die Platzierungen Griechenlands zwischen 2004 und 2011: 
- 2004: Platz 3  Sakis Rouvas - Shake it 
- 2005: Platz 1 Helena Paparizou - My number one 
- 2006: Platz 9  Anna Vissi - Everything 
- 2007: Platz 7  Sarbel - Yassou Maria 
- 2008: Platz 3  Kalomoira - Secret combination 
- 2009: Platz 7  Sakis Rouvas - This is our night 
- 2010: Platz 8  Giorgos Alkaios - Opa! 
- 2011: Platz 7 Loukas Giorkas feat. Steoreo Mike - Watch my dance 

Griechenland schaffte in dieser Zeit etwas, was zuvor nur Malta in den 90ern schaffte, nämlich acht Mal in Folge in den Top Ten zu landen. Und die meisten Beiträge sind dort auch zu Recht gelandet. Sakis Rouvas heizte erstmals in Istanbul 2004 mit "Shake it" ein und erhielt mit typisch griechischen Klängen und einer modernen Uptempo-Untermalung die Bronzemedaille. 2004 wurde mit dem Sieg der Fußball-Europameisterschaft mit dem Team von Otto Rehagel in Portugal und der Ausrichtung der Olympischen Spiele zum Jahr der Griechen. 

Gekrönt wurde diese Welle 2005 durch den Sieg der intern nominierten Helena Paparizou, einer meiner All-Time-Favourites beim Eurovision Song Contest. Sie wurde 1982 in Göteborg geboren und hatte mit ihrem Jugendfreund Nikos Panagiotidis die Idee, die Gruppe Antique zu gründen. Diese erreichte 2001 beim Song Contest in Kopenhagen ebenfalls den dritten Platz. Auch wenn es eine ziemlich schwedische Produktion war, u.a. mit Shirley Clamp im Background, spürte man den namensgebenden Greek Style durch Bouzouki und andere typische Rhythmen, die man in der Ouzo-Werbung genauso erwartet, wie bei der Abendanimation im Strandhotel auf Rhodos. 

"My number one" wurde dann auch zur Nummer eins Europas. Mit ausgefeilter Choreographie und Special Effekts, einer Sirtaki-Einlage und dem Goodwill aus Zypern holte Helena den Song Contest nach Athen, wo Sakis Rouvas als Moderator seinen zweiten Auftritt hatte. ERT stellte damals ein halb geschlossenes Amphitheater auf die Bühne, charakterisierte alte Song Contest-Perlen durch Götter, es fehlte nur noch der Lorbeerkranz der Olympischen Spiele, den man den Siegern Lordi aus Finnland am Ende des Abends aufsetzen konnte. 

2006 in Athen wurde das Land übrigens von Anna Vissi vertreten. Anna wurde auf Zypern geboren und war bereits 1980 bei der Eurovision tätig. Mit ihrer Pathos-Ballade "Everything" brachte sie nahezu die OAKA Olympic Indoor Hall zum Erbeben. "Wenn du auf Griechisch singst, singst du mit Schmerz in der Seele.", sagte Helena Paparizou einst und Recht hat sie. Gerade die griechischsprachigen Titel strahlen viel Schmerz und Wehmut aus, was nicht zuletzt an der Tonfolge aber auch an der wunderschönen Sprache liegt. 

Eine kleine Übersicht griechischer Schmerzlieder: 
- Anna Vissi - Dodeka 
- Helena Paparizou - Oti aksizei einai oi stigmes 
- Marianna Zorba - Horepse (Griechenland 1997) 
- Sakis Rouvas - S'eho erotefti 
- Thalassa - Mia krifi evaisthissia (Griechenland 1998) 

In den letzten Jahren hat Griechenland durch die Finanzkrise auch am Budget für den Eurovision Song Contest zu knabsen. Der Vorentscheid wird in Zusammenarbeit mit anderen Rundfunkanstalten oder Sponsoren finanziert, 2012 wurde Eleftheria Eleftheriou ("Aphorisiac") in der Lobby eines Einkaufszentrums ausgewählt, die Videoclips zu den diesjährigen Beiträgen wurden in einem Athener Parkhaus eingespielt. Dennoch lassen sich die Griechen den Spaß der Eurovision nicht vermiesen, was gut ist. Der Eurovision Song Contest gehört in Griechenland zu den erfolgreichsten Programmen der Saison. 

Und dann ist da noch das ominöse "Opa", das quasi überall in Griechenland zu hören ist. Es ist Namensgeber vieler Lieder, u.a. von Despina Vandi und war auch 2010 Titel des griechischen Beitrags. Für "Opa" gibt es keine 100%ige Übersetzung, gleichzusetzen ist es mit dem spanischen "Olé", also ein Aufruf von Begeisterung, insbesondere bei kulturellen Ereignissen, Tanzen, Festen etc. und könnte frei mit "Los geht's" übersetzt werden. Beim Anstoßen mit Ouzo ist das "Yamás" dennoch eher geeignet, es gilt zu unterscheiden. 

Was ist sonst noch typisch Griechisch? Rembetiko! Ein Musikstil, der aus der Verschmelzung von traditioneller Volksmusik und osmanischer Liedkultur im 20. Jahrhundert aufstieg. Seine Blütezeit erlebte dieser Musikstil, der auch heute noch großen Einfluss auf viele Popsongs in Griechenland hat, in den 30er bis 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Der Sirtaki, DER angebliche Standardtanz in Griechenland, ist eigentlich keine griechische Erfindung sondern eine Notlösung für den tanzlahmen Anthony Quinn, der im Film "Alexis Zorbas" partout nicht tanzen konnte und für den dieser Tanz kreiert wurde. 

Sirtaki ist aber inzwischen ins griechische Volkstum eingegangen, Helena Paparizou nutzte ihn beispielsweise 2005 bei ihrer Siegerperformance von "My number one". Es gibt so einige Stereotypen, die man mit Griechenland assoziiert, seien es Gerichte auf Gyros-, Knoblauch- und Fetabasis oder blau-weiße Kalkbauten mit Meerblick, die griechische Ländlichkeit porträtieren sollen und sowohl im ABBA-Film "Mamma Mia" als auch in der Bilderabteilung von IKEA eine elementare Rolle spielten. 

Beim Eurovision Song Contest verbindet Griechenland häufig traditionelle Klänge mit modernen Beats, in diesem Jahr gab es mit Maria-Elena Kyriakou und ihrer englischsprachigen Ballade einen Ausreißer. Ein 19. Platz war das Ergebnis, aber auch im Vorjahr konnte Griechenland mit dem Catch Up-Song "Rise up" nur den 20. Platz erreichen, gemessen an der Zahl vor dem Komma gemeinsam mit 1998 die niedrigste Platzierung des Landes. Immerhin: Griechenland hat noch nie den letzten Platz beim Song Contest belegt und war seit der Einführung der Vorrunden 2004 immer im Finale dabei. 

Griechenland, so schwierig die finanzielle und politische Situation auch sein mag, lässt sich den Spaß an der Musik dennoch nicht nehmen. Insbesondere in Mitteleuropa werden die Lieder zu Sommerhits, da sie gute Laune und Urlaubsgefühle erzeugen. Vor einigen Jahren landete so u.a. Michalis Hatzigiannis mit "Cheria psila" einen Sommerhit in Deutschland. Dieser trat zwar 1998 beim Song Contest in Birmingham für Zypern an, aber auch Guildo Horn musste damals zweifelsfrei feststellen: "Der Mann ist gut." Apropos Zypern, früher war der Austausch von zwölf Punkten von Griechenland und Zypern von anderen Ländern verpönt, musikalisch aber ebenso begründbar wie der Austausch zwischen Spanien und Portugal, Serbien und Kroatien, Russland und Weißrussland oder Schweden und Norwegen. 

Und: In den letzten Jahren ist der extreme Austausch von Sympathiestimmen deutlich zurückgegangen. Weder Maria-Elena Kyriakou noch John Karagiannis erhielten aus dem Bruderland zwölf Punkte! Ich bin froh, dass uns Griechenland musikalisch bereichert und sage "Efharisto poly, Ellada!", auf viele schöne Melodien in Zukunft beim Eurovision Song Contest, irgendwie waren die Beiträge ja bisher immer finanzierbar, ob der Sender nun ERT, DT oder NERIT heißt. 


Poll: Fünf Mottos, die sich bisher zu Ladenhütern entwickelt haben, stehen noch zur Auswahl und in dieser Woche stelle ich einfach mal alles zur Auswahl, was ich für diese Saison noch auf Lager habe: "Love Shine A Light", die "Lambada Night", die "Schlagerparty", "Rock Forever" und das "Green Event". Viel Spaß beim Abstimmen! Kalispera!

Welcher Cocktail darf's als Nächstes sein?