
Mitte der 2000er dürfte man den Eindruck von Stefan Raab durchaus ebenfalls gehabt haben. Er erklärte: "Die Zahl der Teilnehmerländer, die eine orientalische Musikkultur haben, ist stetig gewachsen. Und wenn ein Armenier an orientalische Klänge gewöhnt ist, dann findet er natürlich den Song aus Aserbaidschan geiler als den aus Irland.", unabhängig von dem Bergkarabach-Streit, steckt tatsächlich eine ganze Menge hinter dem musikalischen Grundgefühl, dass sich verschiedene Länder wie die Türkei, Israel, Ägypten, Armenien oder Usbekistan teilen.

Eine gewisse Anzahl dieser Nationen hat den Wettbewerb in den letzten Jahren immer wieder mit orientalischen Klängen, die für den gewöhnlichen mitteleuropäischen Gehörgang nicht nach Mainstream-Popmusik klingen, bereichert. Darunter zählt u.a. der "Golden boy" von Nadav Guedj in diesem Jahr aus Israel, der sich souverän im Finale behaupten konnte. Der Refrain und die Melodie im Übergangsteil präsentieren auf softe Art und Weise, wie gute orientalische Musik klingen muss, ohne billig zu wirken.
Solch eine Darbietung lieferte die britische Sängerin Javine 2005 in Kiew ab. "Touch my fire" sollte an die damals sehr erfolgreiche Ethno-Phase in den britischen Charts anknüpfen und gewann auch den britischen Vorentscheid, beim Song Contest stellte sich jedoch heraus, dass so billig produzierte Nummern keine Chance haben, Javine wurde Drittletzte, Grund hierfür dürfte die fehlende Authentizität sein.

"Mr. DJ Superman" ist so ein Titel, der leider mit 144 Punkten nur auf den zweiten Rang in der internen Vorauswahl der IBA landete, später folgte ein Lied namens "Hagiga", das ebenfalls moderne Beats mit orientalischen Klängen mischt. Eine weitere Orientkönigin ist Dana International, die bereits bei den Diven eine große Rolle spielte. Man erinnere sich an den Pausenact des Eurovision Song Contests 1999 in Jerusalem, als sie vor den Toren der Altstadt eine fast schon okkulte Prozession feierte und dabei das Gebetslied "Dror yikra" und eine eigene Version von Stevie Wonders "Free" performte.
2006 nahm beim israelischen Vorentscheid ein Duo namens Oren Han & Stalos teil, der Titel "Oriental dreams", chancenlos. Er unterstreicht jedoch sehr eindrucksvoll, dass man vorderasiatische Klänge durchaus auch in Israel vermuten kann. Trotz anderer Weltanschauung als seine Nachbarn ist Israel musikalisch ähnlich geprägt wie z.B. der Libanon oder Syrien. Musik setzt sich über Grenzen und Konflikte hinweg.

Türkische Beiträge mit orientalischem Charakter der letzten Jahre:
- 1997: Platz 03 - Şebnem Paker & Etnik - Dinle
- 1999: Platz 16 - Tuğba Önal & Grup Mistik - Dön artik
- 2003: Platz 01 - Sertab Erener - Everyway that I can
- 2005: Platz 13 - Gülseren - Rimi rimi ley
- 2009: Platz 04 - Hadise - Düm tek tek

In einigen Ländern, wie zum Beispiel in Großbritannien dehnt sich der Begriff "Orient" auch auf ehemalige Kolonien wie Pakistan oder Indien aus. Nach unserem Verständnis, zählt jedoch eher die arabeske Note zu einem Orienttitel, daher seien Beiträge wie "Rimi rimi ley" von Gülseren oder schwedische Vorentscheidungstitel wie "Mani armani taha (I mina drämmar)" von Sheida nur kurz erwähnt.
Orientalischer ist da schon "Your heart belongs to me" von Hind aus den Niederlanden, ihr Vater stammt aus Marokko, welches sich 1980 mit "Bitakat hob" beim Song Contest einmalig präsentierte. Samira, die damals für Marokko antrat, ist heute ein gefeierter Star in der arabischen Welt und genau wie ihre Kollegen Cheb Mami oder Cheb Khaled Vertreter verschiedenster orientalischer Musikstile. Auch in den deutschen Charts tauchen hin und wieder orientalische Klänge auch, erinnert sich noch jemand an Milk & Honey mit "Habibi"?
Orientalische Popmusik ohne sonderlichen Bezug zur Eurovision:
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Amina - Ya baba

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Bezalel - Tunisia

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Cheb Khaled - C'est la vie

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Cheb Mami feat. Kenza Ferah - Loin

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Diana Karazon - Hebni dom

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Nancy Ajram - Salemoly aleh

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Sofia Essaïdi - Femme d'Aujourd'hui

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Ziyoda - Hayotim bu (Cover von "Without your love", Armenien 2006)


Poll: Welchen Cocktail wir in der fünften Runde servieren dürfen, hängt von euch ab. Ab sofort kann wieder für vier Themen abgestimmt werden. In dieser Woche gibt es keine neuen Mottos mehr, sondern Verlierer aus der Konserve, ich biete an "Schlagerparty", "Rock forever", "Alcohol is free" und "Lambada Night", viel Spaß beim Abstimmen und Samstagabend ist dann wieder Cocktailparty hier im Blog, bei diesen Temperaturen wäre ein Strawberry Frozen Daiquiri auch nicht verkehrt...