Dienstag, 15. Mai 2018

Israel: Die Eurovision und der Sabbat



Israel - Neben der Suche nach einem möglichst unpolitischen Austragungsort und einer Zeitspanne, die nicht von europäischen Sportevents oder israelischen Feiertagen blockiert wird, um die Proben und die drei Liveshows des Eurovision Song Contests zu veranstalten, gibt es noch eine weitere Hürde zu meistern. Orthodoxe Juden fordern die Einhaltung der Sabbat-Grundsätze während der Eurovisionswochen.

Der frühere Gesundheitsminister Yaakov Litzman richtet sich mit Forderungen, die Heiligkeit des Sabbats auch während des Eurovision Song Contests aufrecht zu erhalten. Damit seine Forderungen berücksichtigt werden können, tritt er damit bereits am dritten Tag nach Nettas Sieg in Lissabon an die Öffentlichkeit. In einem Brief an das Ministerium für Tourismus, Kommunikation, Kultur und Sport ruft er dazu auf, die religiösen Gesetze nicht unter die Eurovision zu stellen.

Darin heißt es: "Im Namen von Hunderttausenden (...) für die die Einhaltung des Sabbats wichtig ist, frage ich bereits jetzt in diesem frühen Stadium, noch bevor die Produktion oder andere Einzelheiten der Veranstaltung beschlossen wurden an, sicherzustellen, dass die Heiligkeit des Sabbats nicht untergraben wird (...)." Konkret beginnt der Sabbat am Freitag nach Sonnenuntergang und endet mit Einbruch der Dunkelheit am Samstag. 

Während des Sabbats sind zahlreiche Geschäfte in Israel geschlossen und der öffentliche Nahverkehr liegt brach. Diese Umstände würden die mehrwöchigen Vorbereitungen in der Halle und letztlich auch die Proben beeinträchtigen. Während es für die Liveshows nicht betroffen sind, könnte z.B. das Juryfinale am Freitag nicht abgehalten werden. Dr. Frank-Dieter Freiling, Leiter der EBU-Reference Group wird am Donnerstag nach Israel reisen und erste Vereinbarungen treffen.

Den Dialog führt die Europäische Rundfunkunion allerdings nicht mit der Regierung oder anderen staatlichen Organen, sondern mit dem israelischen Sender IPBC. Lediglich die Reference Group kann Ausnahmen bzw. Änderungen des generell gültigen Vorbereitungsplans beschließen. Als der Eurovision Song Contest 1999 zuletzt in Jerusalem stattfand gab es aufgrund des wesentlich kleineren Rahmen und der späten Bekanntgabe des Ausrichtungsplans weniger Probleme.

Die Europäische Rundfunkunion wird es in den kommenden Wochen und Monaten nicht leicht haben, sich mit dem israelischen Fernsehen zu arrangieren, um den Eurovision Song Contest wie gewohnt durchzuführen. Zudem gibt es aus mehreren Ecken Europas von verschiedenen Institutionen und Parteien Forderungen, den Song Contest 2019 aus Solidarität zu den Palästinensern zu boykottieren. So sprach sich etwa der Bürgermeister von Dublin dafür aus, dass Irland nicht an der Eurovision in Jerusalem teilnehmen solle.

Am Ende entscheiden die nationalen Rundfunkanstalten darüber, ob ein Land zum Eurovision Song Contest fährt oder, aus welchen Gründen auch immer, nicht. Yaakov Litzman, der Wahrer der Werte des Sabbats trat im übrigen im November 2017 von seinem Amt als Gesundheitsminister zurück, nachdem die israelische Staatsbahn während des Sabbats Instandhaltungsarbeiten durchführte und dies nach seiner Auffassung die Heiligkeit des Sabbats verletzt habe. Mittlerweile ist Litzman wieder als Gesundheitsminister im Amt, danke für den Hinweis!

Die potentielle Nominierung von Jerusalem als Austragungsort würde zusätzlich noch Öl ins Feußer gießen. Es verspricht keine schlagzeilenarme Saison zu werden...