Sonntag, 3. Januar 2016

Eurovision am Sonntag (30)


Europa - Der erste Sonntag im neuen Jahr ist bitterkalt, es wird Zeit, dass die europäischen Vorentscheide mal wieder etwas Feuer in die Saison bringen. Und wir warten immer noch auf Neuigkeiten vom Norddeutschen Rundfunk, der sich scheinbar wirklich sehr schwer damit tut, auf die Schnelle einen Wettbewerb zu initiieren, der das Prädikat einer guten Vorentscheidung verdient. Nach dem Desaster im vergangenen Herbst ist dies auch verständlich, ein paar Informationen, die mit der Flut der Gerüchte aufräumen, wären aber prima.

Es bleibt abzuwarten, was Deutschland in diesem Jahr aufbietet, um den anderen europäischen Ländern und Australien die Stirn zu bieten. Ich hoffe auf etwas Frisches, dass den Song Contest nach dem Ende der Ära Raab wieder wieder belebt. Auffällig ist, nicht nur in Deutschland, dass das Interesse an der Eurovision jährlichen Schwankungen unterworfen ist. Je mehr geworben und versprochen wird, umso größer das Interesse der Zuschauer, das ist in Slowenien genauso wie in Österreich, den Niederlanden oder Lettland. Der NDR hat die Chance, neu durchzustarten, ich fürchte jedoch, dass für 2016 nicht allzu viel zu erwarten ist.

Damals noch aufregend:
die Finalisten von DSDS 1
Bekannt ist, dass sich Mehrzad Marashi, vor einigen Jahren Sieger bei "Deutschland sucht den Superstar" sich beworben hat. Gestern startete RTL auf hohem Quotenniveau mit der neuen Staffel der Show. Gesucht werden u.a. von HP Baxxter und Michelle Nachwuchstalente, die das Erbe von Alexander Klaws und seinen Nachfolgern antreten. Dass der kommerzielle Erfolg der späteren Finalisten aber ebenso unbedeutend geworden ist, wie der die Frage, auf welchem Programmplatz man arte hat, spielt eine untergeordnete Rolle. Seit Jahren zündet RTL mit seinem Castingwettbewerb quotenstarke Shows, etwas, das sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk hierzulande bei der Suche nach einem Konzept für den Vorentscheid, gerne abschauen darf. 

TVP-Zentrum in Warschau
Ein anderer öffentlich-rechtlicher Rundfunk, nämlich der polnische, steht hingegen vor einer massiven Umstrukturierung. Nachdem die Regierung unseres östlichen Nachbarlandes ein umstrittenes Mediengesetz verabschiedet hat, wächst die Sorge bei der Europäischen Rundfunkunion, dass die Unabhängigkeit seines Mitgliedes TVP abhanden kommen könnte. Generaldirektorin Ingrid Deltenre richtete sich an den polnischen Präsidenten Andrzej Duda: "Wir sind bestürzt, dass ein solches Gesetz angenommen werden konnte. Es ist eine Attacke auf eine Institution, die nicht länger unabhängig sein wird, sobald die Maßnahmen wirksam werden."

Telewizja Polska stünde die Umwandlung in ein "nationales Medium" bevor, dass sich womöglich der Vermittlung von Patriotismus widmet, statt unabhängig zu berichten. Als ähnliches Beispiel wird immer wieder Ungarn genannt, in dem die Regierung einige Jahre zuvor ein bezeichnendes Gesetz verabschiedete. Dabei lässt sich die Europäische Rundfunkunion, die sich immer wieder als unpolitisch darstellen möchte, gerne neue Mitglieder ins Boot, die keinesfall die Kriterien einer demokratisch gestellten Rundfunkanstalt erfüllen. Zum Jahreswechsel begrüßt die Organisation in Genf das kasachische Fernsehen Khabar als assoziiertes Mitglied in ihrem Kreis. 

Zwei Ansichten von
Demokratie
Regelmäßig taucht das zentralasiatische Kasachstan im Index für Menschenrechte, Meinungsfreiheit und Demokratie auf. Regelmäßig wird unliebsamer Journalismus mundtot gemacht, etwas was vor vier Jahren bereits bei der Austragung des Eurovision Song Contests in Baku bei Aserbaidschan von unabhängigen Medien kritisiert wurde. Die Europäische Rundfunkunion muss sich früher oder später an die eigene Nase fassen. Pauschal lässt sich Osteuropa aber nicht als undemokratisch verurteilen, weder auf politischer Ebene noch beim Eurovision Song Contest. 

Welchen Einfluss die Regierung in Polen auf ihren Rundfunk nehmen wird und ob dies langfristig Auswirkungen auf den Song Contest haben wird, bleibt abzuwarten. Wir werden die Situation in Warschau jedoch weiter im Auge behalten. Ebenso harren wir der Meldungen aus Deutschland zum Song Contest 2016 aus. Der NDR kann sich nicht ewig Zeit lassen, aber solange nichts Zeigbares im Auswahltopf zu finden ist, sollte man sich tatsächlich lieber in Schweigen hüllen, spontanes Davonpreschen hat bisher selten funktioniert. Immerhin hat man sich hier am Willen den Volkes orientiert und ein demokratisches Auswahlverfahren angekündigt, was heuer auch viel wert ist.