Sonntag, 27. September 2015

Eurovision am Sonntag (21)



Europa - Der letzte Sonntag im September bietet einen Blutmond, einen Auffahrunfall direkt vor unserer Haustür und einen enorm hohen Taschentuchverbrauch in unserem Haushalt, die Erkältungszeit steht wieder vor der Tür und gleichzeitig auch das Dahinplätschern von Bestätigungen für den Eurovision Song Contest 2016.

In dieser Woche hat die Europäische Rundfunkunion eine elementare Regeländerung durchgesetzt bzw. beschlossen. Ab kommendem Jahr dürfen die Big Five sich auch im Semifinale präsentieren. Bisher hat man sich mit 20sekündigen Schnipseln ihrer Musikvideos zufrieden gegeben, nun besteht mehr oder weniger Chancengleichheit mit den Semifinalisten.

Die Semifinalisten hatten bislang, so nach Ansicht vieler, den Vorteil, dass ihr Beitrag im Finale bereits einen höheren Bekanntsgrad genießt, als z.B. der spanische Beitrag, der erstmals am Finalabend in voller Länge zu sehen und hören ist. Die Big Five, zu denen neben Spanien auch Frankreich, Italien, Großbritannien und Deutschland gehören, haben dafür aufgrund ihrer hohen Finanzeinlage für die Eurovision einen garantierten Startplatz in der Endrunde und mussten bisher nicht durch das Halbfinale.

Nun sollen die Big Five, zumindest mit den Auftritten der Generalprobe, in voller Länge im Halbfinale zu sehen sein und zwar in jenem, in dem sie auch abstimmen dürfen. Diese Regeländerung war auch meiner Meinung nach schon lange überfällig, so kennt man auch diese Beiträge nach dem Semifinale und sorgt vielleicht dafür, dass der ein oder andere beim zweiten Hören erkennt, dass das Lied mehr ausmacht, als bei der dreiminütigen Vorstellung rüberkommt.

Ob das Resultat der deutsch-österreichischen Doppelnull von Wien den Auslöser für diese Änderung herbeigerufen hat ist nicht bekannt, ich denke aber, für alle ist diese Lösung vertretbar. Ob sich die Türkei nun allerdings darüber freuen mag, dass die Big Five nun eine noch breitere Plattform erhalten, ist ebenfalls nicht überliefert. Allgemein hält sich der türkische Sender TRT mit seine endgültigen Song Contest-Entscheidung noch ziemlich bedeckt. 

Nach dem Eurovision Song Contest in Baku war vorerst Schluss mit der Nominierung von Beiträgen für den Wettbewerb, der Sender forderte u.a. mehr Einfluss bei der Europäischen Rundfunkunion sowie die Abschaffung der Big Five-Regelung. Auch das Juryvotum stieß in der Türkei sauer auf, man hätte bessere Platzierungen bei reinem Televoting erreicht, hieß es damals. Zudem hätte die Türkei gemessen an der Einwohnerzahl von 79,4 Millionen eine bedeutende Rolle im europäischen Musikgeschäft.

Den Erfolg der türkischen Beiträge hat die Jury faktisch tatsächlich geschmälert, allerdings in einem bedeutenden Maße, dass man sich darüber gekränkt fühlen könnte. Mazedonien beispielsweise flog 2008 und 2009 aus der Wertung, weil die Juroren einen anderen Favoriten hatten und die Republik unglücklicherweise beide Male auf dem 10. Platz lag. Sie nehmen seit 2004 dennoch durchgängig am Eurovision Song Contest teil. In diesem Jahr wurde ihre Jurywertung annulliert, es soll zu viele Auffälligkeiten gegeben haben.

Wer sich über die Annullierung aber noch mehr aufregt ist der montenegrinische Sender RTCG. Der kleine Balkanstaat, der in Wien seine zweite Finalteilnahme feiern durfte, brüskiert sich über den Ausschluss der Juroren nach der EBU-Entscheidung. Diese hat sich bis heute nicht eingehend zu diesem Thema geäußert, weshalb es bisher noch keine fixe Zusage aus Podgorica gibt. Man werde die Deadline bis zum 10. Oktober scheinbar auch ausreizen, ähnlich wie Bosnien oder Bulgarien, die allerdings eher auf ihren Etat achten müssen.

Zudem gibt es auch nun noch ein paar Nationen, von denen es noch keine Reaktion zu Stockholm 2016 gibt. Kroatien werde sich in Kürze mitteilen, hieß es aus Zagreb, Moldawien, Portugal, Russland, Serbien und die Slowakei haben bisher allerdings noch keinen Mucks von sich gegeben. Bei Portugal und Serbien überrascht dies schon, beide verzichteten aber auch 2013 auf die Teilnahme, weil die Sender RTP und RTS kein Geld für die Teilnahme zur Verfügung hatten. Wir hoffen das Beste. Bei Russland darf man von Kalkül ausgehen, eine Last Minute-Zusage erscheint hier wahrscheinlich.

Russland ließ sich mit seinen Zusagen in den letzten Jahren meist Zeit, die Benennung eines Interpreten und eines Songs fand auch meist in den letzten Tagen vor der Deadline statt. Überlegungen aus dem Contest auszusteigen soll es Gerüchten zufolge zwar geben, allerdings sind es, wie oft beim Eurovision Song Contest, nur Gerüchte ohne Hintergrund oder offizielle Quelle. Insofern dürfte es auch 2016 bei der Punktevergabe "Moscow calling" heißen und vielleicht sind ja dann auch ein paar Punkte für die Big Five dabei.