Montag, 11. Mai 2015

Tag 1: Armenien schlägt Wurzeln in Wien


Armenien - Die armenische Bühnenperformance ist schon ziemlich bieder. Die musikalischen Ahnenforscher von Genealogy stehen bei gefühlter Windstärke zwölf in Reih und Glied auf der Bühne und müssen ihren mahnenden Song "Face the shadow" alias "Don't deny" im wohl stürmischsten Dreiminüter seit Carola intonieren, wobei sie stimmlich sehr ausgebufft sind und der Schnipsel, den die EBU zur Verfügung stellte, fast schon an die Studioversion erinnerte.
 
Während der "Choreographie" bildet das Sechserpack, das für gewöhnlich auf allen Erdteilen verstreut lebt und musiziert, eine Einheit und stellt sich zusammen, symbolisch für die Einheit ihres Volkes, welches vor 100 Jahren Opfer eines Genozids wurde, wenngleich dies nach offizieller Ansage der armenischen Delegation keinerlei Relevanz auf der Bühne hat. Dennoch ist es schon auffällig, dass der Stammbaum auf der LED-Wand nach und nach seine Blätter verliert.
 
Nicht nur die Bühne ist in ein sattes Violett getüncht, auch die (vorläufigen?) Kostüme der Gruppe orientieren sich an Grau- und Lilatönen. So in etwa habe ich mir die armenische Bühnenshow auch vorgestellt, vielleicht noch mit etwas mehr Pathos und zuckenden Gewitterblitzen im Hintergrund, was weiß ich... So fehlt mir noch ein wenig dieser finale Energetik, um das Lied, so wie es sich eigentlich präsentieren wollte, für voll zu nehmen. Eine schöne Perspektive erhält man jedoch von oben, auf dem Bühnenboden ist eine Weltkarte abgebildet, auf der die sechs Armenier stehen und damit symbolisieren, dass ihr Volk über den ganzen Erdball verteilt wurde.
 
Bevor die Gruppe in der Stadthalle auf die Bühne dufte, wurden sie sogleich von Journalisten befragt. Vahe Tailbian, Teil von Genealogy, aus Äthiopien zugereist erklärte: "Die meisten Menschen in Afrika, mit Ausnahme von Südafrika, haben noch nie vom Eurovision Song Contest gehört, aber seit kurzem ändert sich das zumindest in Äthiopien langsam.", sein Bekanntheitsgrad dürfte wohl dazu beigetragen haben. Aufgrund des bisher Gesehenen gehe ich zunächst einmal von einer Finalteilnahme Armeniens aus, auch wenn das Gebimmel der Kirchenglocken schon etwas an den Nerven zehrt.

Armeniens Delegation wird aus dem Hotel abgeholt und zur Stadthalle gefahren
Leider auf den Bildern nicht zu erkennen, ist die Weltkarten-Einstellung von oben
Aber zumindest die Weite der Bühne ist erkennbar