Sonntag, 1. März 2015

Kommentar: Die DDR und die Eurovision


DDR - Russische Organisatoren streben im Herbst die Wiederauferstehung des Intervision Song Contests an. Während der kommunistischen Ära war der Wettbewerb das osteuropäische Pendant zur beliebten Eurovision im Westen. Mit diesem Beitrag wollen wir einmal die Sichtweise der DDR und ihrer Bevölkerung auf beide Wettbewerbe analysieren. Viele Bürger der DDR verfolgten West-Fernsehen, obwohl sie es nicht durften.

Zwar gab es für Privatpersonen in der DDR nie eine gesetzliche Verordnung, dass den Empfang und das Schauen von Westfernsehen verbot, jedoch musste mit Konsequenzen gerechnet werden, so man in der Öffentlichkeit zugab, eine Sendung aus dem Programm der BRD gesehen zu haben. Ab den späten 70er Jahren wurde der Westfernsehen-Konsum von der SED-Führung bis 1990 geduldet, blieb jedoch dennoch untersagt.

Der Empfang dieser Sender in staatlichen Einrichtungen wie Wohnheimen und Kasernen blieb weiterhin offiziell untersagt und wurde auch teilweise mit Hilfe von Sperrfiltern oder Siegeln bzw. mit mechanischen Sperren an den Kanalwählern unterbunden. Lediglich zwei Regionen in der Deutschen Demokratischen Republik, die zu weit von den Sendemasten des ARD-Rundfunks entfernt lagen, auch als "Tal der Ahnungslosen" betitelt, empfing trotz größter Bemühungen kein Westfernsehen, die waren die Region um Dresden sowie im Nordosten des Landes, sowie auf den Inseln Rügen und Usedom, siehe roter Bereich der Grafik.

So kamen auch die Bewohner der DDR in den Genuss, den Eurovision Song Contest im Fernsehen verfolgen zu können. Die heutige ZDF-Moderatorin Andrea Kiewel erklärte u.a. einst beim deutschen Vorentscheid, dass sie gemeinsam mit ihren Eltern abends frisch gebadet die Eurovision schauen durfte und von ABBA begeistert war. Der Song Contest war mit seiner modernen, westlichen Musik ein sehr beliebtes Programm. Den kommunistischen Machthabern in Ost-Berlin, Warschau und Moskau war er jedoch ein Dorn im Auge.

So etablierte sich bei der Intervision, dem Zusammenschluss der Rundfunkanstalten des Warschauer Paktes und seiner Satellitenstaaten ab 1977 der Intervision Song Contest. Dafür erhielt das Festival auf der Waldbühne im polnischen Sopot einen neuen Namen. Hier war die DDR mit eigenen Interpreten vertreten, konnte jedoch nie einen Intervision Song Contest für sich entscheiden. Bei der ersten Ausgabe belegte Frank Schöbel (im Bild mit Aurora Lacasa) mit dem Song "O Lady" den fünften Platz, es gewann Helena Vondráčková für die Tschechoslowakei.

1978 holten 4PS mit dem Titel "Nachtigall" die Silbermedaille in Sopot, 1979 wurden Michael Hansen & Nansis mit "Sommer, komm wieder" den fünften Platz und 1980 belegte Ute Freudenberg mit "Wie weit ist es bis ans Ende der Welt" den vierten Platz. Auch nicht-europäische Länder wie Kuba und später auch Kanada oder Marokko durften an der Intervision teilnehmen. Für die Entsendung der Teilnehmer war der Deutsche Fernsehfunk (DFF) zuständig. Ab 1980 herrschte in Polen das Kriegsrecht und der Intervision Song Contest musste der staatlichen Zensur weichen.

Die Platzierungen ostdeutscher Teilnehmer bei der Intervision:

1977  Platz 5 - Frank Schöbel - O Lady 
1978  Platz 2 - 4PS - Nachtigall 
1979  Platz 5 - Michael Hansel & Nansis - Sommer, komm wieder 
1980  Platz 4 - Ute Freudenberg - Wie weit ist es bis ans Ende der Welt

Der Intervision Song Contest erreichte allerdings nie die Popularität, die sich die staatliche Führung wünschte. Hinzu kam bei der Übertragung von Intervisions-Mitgliedern das Problem, dass die Technik nicht den Standards gerecht wurde, die man sich erhofft hatte. Heinz Adameck, damaliger Chef des Deutschen Fernsehfunks (DFF) jubelte bereits früh, dass "eine Direktübertragung von Fernsehprogrammen aus Peking in greifbare Nähe rückt.", stattdessen haperte es oftmals bereits daran Verbindungen von der Russischen SSR in die Nachbarstaaten herzustellen.

Erst mit notwendiger westeuropäischer Technik, was gern unter den Teppich gekehrt wurde, konnte Neues Deutschland vermelden: "Der Deutsche Fernsehfunk wird auch künftig Originalübertragungen aus Moskau in sein Programm aufnehmen.", als Relaisstationen dienten später u.a. auch Sendemasten im deutsch-deutschen Grenzgebiet, sodass von hier aus auch permanten westdeutsche Signale empfangbar waren und der Eurovision Song Contest in vielen DDR-Haushalten zu sehen war. Primär organisierte der DFF jedoch Eigenproduktionen und sendete von Sportveranstaltungen, darunter Leichtathletik, bei der die DDR stets erfolgreich war und zensierte Nachrichten. Nur wenige, westeuropäische Serien wurden in der DDR adaptiert.

Es gibt nicht viele Aussagen von DDR-Bürgern über den Eurovision Song Contest, Fakt ist, dass er in der 40jährigen Geschichte des Landes von vielen Familien verfolgt wurde, obwohl man sich in der DDR darüber nicht austauschen durfte und wollte und man sich mit der Technik, die zur damaligen Zeit zur Verfügung stand, behelfen musste. Die Intervision ging mit dem Ende des Kalten Krieges in der Eurovision auf, nur wenige Aufnahmen und Informationen haben bis heute überlebt, so wie dieser Zusammenschnitt des Intervision-Schlagerwettbewerbs der DDR, bei dem auch die Intervisionshymne zu hören ist.