Sonntag, 26. Februar 2012

Eurovision am Sonntag (7)


An dieser Stelle möchte ich einen Artikel der Online-Ausgabe des Focus zitieren, der heute über die teilweise zur Staatsaffäre ausartenden Vorkommnisse in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion berichtet. Darum geht es um rassistische Äußerungen in der Ukraine, den Songwechsel in Weißrussland und einen toten Soldaten.

Ukraine - Vergangenes Wochenende gewann die Sängerin Gaitana den ukrainischen Vorentscheid, es schien bislang alles ohne Skandale abzulaufen, wie es in den vergangenen Jahren in der Ukraine selten der Fall war. Bis im Laufe dieser Woche ein Mitglied der Freiheitspartei Swoboda sich rassistisch gegenüber der Sängerin mit kongolesischen Wurzeln äußerte.

"Durch ihre dunkle Hautfarbe wird die Ukraine mit Afrika assoziiert werden.", sagte Juri Sirotiuk, Parlamentsmitglied und forderte das ukrainische Fernsehen auf, das Ergebnis zu annullieren. Von prominenten Ukrainern, darunter Ruslana und Box-Weltmeister Vitali Klitschko gab es Proteste. Ruslana bezeichnete Gaitana als "Freudin und Schwester", Klitschko drohte mit dem Ende seiner Oppositionspartei mit der Swoboda-Partei, sollte Sirotiuk seine Äußerungen nicht zurücknehmen.

Gaitana selbst ließ die Äußerungen des Politikers bislang unkommentiert, das ukrainische Fernsehen NTU wies seine Forderungen ebenfalls zurück und sieht keinerlei Gründe, die Sängerin auszutauschen oder den Vorentscheid zu wiederholen. Aber wie man sieht, geht es in der Ukraine nicht ohne irgendeinen Skandal.

Weißrussland - Ähnlich die ganze Situation im Nachbarland Weißrussland. Beim weißrussischen Vorentscheid setzte sich bekanntlich die Sängerin Alena Lanskaya mit ihrem Titel "All my life" gegen die vier weiteren Superfinalisten des Eurofests durch, obwohl die Gruppe Litesound als Favoriten in Minsk galten. Das Ergebnis wurde von regierungskritischen Medien als Farce und Betrug abgestempelt.

"Nachdem sich in weißrussischen Internetforen, die als letzter Freiraum für Diskussionen gelten, scharfe Manipulationsvorwürfe häuften, schaltete sich Staatschef Alexander Lukaschenko ein.", so der Focus. Nach seiner eingehenden Analyse sei es zu einer unglücklichen Pattsituation gekommen. Für diese Entscheidung werden symbolisch Köpfe rollen, der Kulturminister sowie weitere Staatsdiener sollen für diese Panne nach Focus-Angaben bestraft werden.

Um beim Volk scheinbar nicht völlig in Ungnade zu fallen, nominierte Lukaschenko persönlich die Gruppe Litesound für den Eurovision Song Contest und verzichtete auf den Start der staatstreuen Sängerin Lanskaya. Die Europäische Rundfunkunion verschließt vor diesen Abläufen natürlich die Augen, will sich aus den Vorentscheiden der einzelnen Länder heraushalten und betont immer wieder, wie "unpolitisch" der Eurovision Song Contest sei.

Armenien - Dies führt uns zum letzten Fall, der im Focus angesprochen wird. Armenien soll seine Entscheidung über den Vertreter beim Eurovision Song Contest bis zum 18. März getroffen haben, wie fix die Teilnahme des verfeindeten Nachbarlandes in Baku jedoch ist, ist ungewiss. Ein offener Brief an das armenische Fernsehen von rund 20 Künstlern fordert den Rückzug des Landes vom Wettbewerb in Aserbaidschan mit der Begründung: "Wir wollen nicht in einem Land auftreten, in dem Hass auf Armenier Teil der Regierungspolitik ist."

Andererseits hatten bereits mehrere Intepreten ihr Interesse bekundet, Armenien beim Eurovision Song Contest in Baku zu vertreten. Aufgeflammt war diese Debatte jüngst durch einen Zwischenfall an der aserbaidschanisch-armenischen Grenze, bei der angeblich ein armenischer Soldat von aserbaidschanischen Scharfschützen getötet worden sein soll. Beide Länder provozieren sich regelmäßig, ebenfalls beim Eurovision Song Contest. Die Entscheidung, ob und mit wem Armenien in Baku antreten wird, soll kurz vor der Deadline der EBU fallen.

Aserbaidschan, das sich nachwievor auf den Eurovision Song Contest vorbereitet, der in drei Monaten in der Hauptstadt Baku stattfindet, steht darüber hinaus ebenfalls im Mittelpunkt von ausländischen Medien. Angeprangert werden die Menschenrechtssituation, die Zwangsvertreibung von Menschen im Zuge der Baumaßnahmen für die Crystal Hall und die Unterdrückung von Homosexuellen und der Opposition. In den Staaten der ehemaligen Sowjetunion ist also noch lange nicht alles Gold was glänzt.