Sonntag, 11. Dezember 2011

Eurovision am 3. Advent

 
Schweiz - Das beherrschende Thema dieser Woche war selbstverständlich der Schweizer Vorentscheid, der gestern Abend von Sven Epiney in einer Sprache moderiert wurde, die ich mit normalen Hochdeutschkenntnissen kaum verstehen konnte. Genauso unverständlich war für viele, dass die hochgelobte Lys Assia, ihrereinst erste Song Contest-Siegerin von Lugano es nicht einmal unter die ersten drei schaffte.

Dabei hatte sie zuvor sogar bei Sandra Maischberger PR betrieben und gesagt, wie glücklich sie sei diese Mühen noch einmal auf sich nehmen zu können. Gestern Abend um 22:48 Uhr war dann Schluss mit der Vorfreude auf Baku, denn die beiden Brüder Ivan und Gabriel Broggini aus Losono im Tessin konnten unter dem Bandnamen Sinplus den Vorentscheid für sich entscheiden.

Einen Tag später hallen Überschriften wie "Lys Assia darf nicht erneut zum Grand Prix‎" (Berliner Morgenpost) oder "Wenn der Promibonus nicht zündet‎" 20minuten Online durch die Onlinewelt, über die eigentlichen Sieger und ihren Titel "Unbreakable" redet man nur beiläufig.

Das Lied ist, für meinen Geschmack durchaus in Ordnung, hat aber das gleiche Problem, das bereits viele Schweizer Beiträge hatten: Es stört nicht und fällt nicht weiter auf. Sollte man es ins Finale von Baku schaffen, dürfte man nicht sehr viel besser bedient sein, als Anna Rossinelli die gestern Abend ihre "neue" Single "Joker" vorstellte. 

Aserbaidschan - Ein bisschen in den Hintergrund gerückt ist bei der Auswahl des Schweizer Beitrags in dieser Woche das Ergebnis der aserbaidschanischen Castingshow "Milli Seçim Turu", in der sich nach fünf Liveshows Mariyam Karimova durchsetzen konnte, die sich in dieser Woche u.a. mit Songs wie "Wild dances" von Ruslana und "I will always love you" von Whitney Houston Sympathien beim aserbaidschanischen Publikum ersang.

Sie ist nun die zweite von insgesamt neun Finalisten des Vorentscheids, vergangene Woche qualifizierte sich Orhan Kerimli, ab morgen singen neun weitere junge Talente um einen der begehrten Finalplätze. Aus Aserbaidschan hört man derzeit ebenfalls nicht viel Neues, was die Ausrichtung des Wettbewerbs 2012 in Baku anbelangt. Man habe zwar viele Pläne, aber bislang recht wenig in die Tat umgesetzt. Allmählich könnte die Zeit knapp werden. 

Frankreich - Eine andere Neuigkeit streute der französische Delegationsleiter Bruno Berberes, der immerhin in der Reference Group des Eurovision Song Contest bei der EBU sitzt. Ab 2013 sollen rein interne Vorentscheidungen entgültig verbannt werden. Die Mitglieder verständigten sich darauf, dass man dem Publikum zumindest die Wahl zwischen zwei Songs lassen muss, auch wenn der Kandidat intern ausgewählt wird.

Insbesondere Frankreich wählte unter Berberes zahlreiche Künstler wie Patricia Kaas, Jessy Matador oder auch zuletzt Anggun intern aus, der letzte offene Vorentscheid im Jahr 2007 endete mit dem 23. Platz mit den Les Fatals Picards. Erstmals in der Geschichte des Song Contests mischt sich die EBU somit in die Vorgaben für den nationalen Auswahlmodus ein. Zuvor hatte man sich aus den Selektionsmethoden in den Teilnehmerländern herausgehalten.

Wie verlässlich die Meldung tatsächlich ist, wird sich in der Saison 2012/13 zeigen, nach der Ankündigung, dass marokkanische Fernsehen SNRT hätte die Absicht zum Song Contest in Baku zurückzukehren, sollte man Äußerungen des französischen Delegationsleiters mit Vorsicht genießen. Überfällig ist diese Methode allerdings schon längst, bereits 2012 sollten die rein internen Auswahlen bereits verboten werden, bei der EBU geschieht aber immer alles ein bisschen später.

Russland - Zuletzt der Blick auf die Nationen, die immer noch kein Lebenszeichen von sich gegeben haben, was die Teilnahme in Baku anbelangt: da wären Italien und San Marino um die es zwar diverse Gerüchte aber keine handfesten Meldungen von der RAI bzw. SMRTV gibt. Höchstwahrscheinlich werden beide Nationen wieder mitmachen, San Marino hat ja nach eigenen Angaben auf die Teilnahme am Junior Eurovision Song Contest verzichtet um sich ganz auf die "Adult"-Variante des Wettbewerbs 2012 zu konzentrieren.

Des weiteren wären da noch Armenien, das ohnehin am liebsten auf den ungeliebten Nachbarn Aserbaidschan verzichten würde, die mitteleuropäischen Schnarchnasen aus der Slowakei und Polen sowie überraschenderweise Russland, das eigentliche Kernland der Eurovision in Osteuropa. Weder RTR noch Channel One haben sich bislang explizit für die Teilnahme in Baku ausgesprochen.

Doch auch wenn aus dem Land des Kremls, vor dem im Moment der Pöbel auf die Straßen zieht und gegen Putin, Medwedew und Konsorten demonstiert, noch keine Nachrichten nach außen gedrungen sind, so ist es doch fast selbstverständlich, dass man in Baku dabei ist. Das russische Fernsehen rückte immer recht spät mit Infos zum Song Contest heraus und gerade im Nachbarland wird man sich mit Sicherheit von seiner besten Seite präsentieren.

Ob das nun wieder heißt, dass Dima Bilan reaktiviert wird steht in den Sternen, aber man wird schon wieder alle Hebel in Bewegung setzen um Eindruck zu schinden und das, aus russischer Sicht, miese Ergebnis von Alexey Vorobyov in Düsseldorf wieder auszubügeln. Wir dürfen gespannt sein, auch was Polen und die Slowakei betrifft.