Sonntag, 8. Mai 2011

Kommentar: Tobias in Düsseldorf (3)


Auch heute [gestern] war ich wieder rechtzeitig im Pressezentrum, um natürlich die schwedische Probe nicht zu verpassen. Was soll ich sagen ... so richtig begeistert war ich nicht. Lag daran, dass ich meine Erwartungen gerade bei Eric Saade zu hoch geschraubt habe. Choreografisch gesehen sind die Schweden wirklich top, da kann man echt nicht meckern, aber gesanglich habe ich doch ein paar Schwachstellen heraushören können. Aber gut, Gesang und Choreo gleichzeitig ist ja wirklich nicht einfach.

In den ersten beiden Durchläufen verzichteten sie auf die Brüche der Glaswände. Eric kam einfach durch einen Schlitz zwischen zwei Glaswänden heraus. Beim dritten Durchlauf ging zumindest die hintere Wand in die Brüche. Finale wird schon drin sein, keine Frage, aber ein Siegerkandidat ist Schweden für mich im Moment nicht. Die Pressekonferenz war richtig gut besucht und die Stimmung recht heiter.

Ein bisschen abfällig hat Eric sich über seinen russischen Kollegen Alex Sparrow geäußert. Auf die Frage einer russischen Journalistin, ob die Choreografie nicht von Russland geklaut wurde, meinte Eric, dass sie bei der Planung der Choreografie noch nie etwas von Alex Sparrow gehört haben und dass Alex Sparrow denkt, er sei ein Künstler, den man international kennt, er ist einfach nur ein Russe. Da ging schon ein leises Raunen durch die Reihen.

Die Zyprioten um Christos Mylordos machten während der Probe auf mich einen guten Eindruck. Souverän und sicher absolvierten sie die Durchläufe. Vor allem die Choreo in den, auf der Bühne befestigten Stiefeln, haben mich beeindruckt. Die Heulboje steht im Vordergund auf der kleinen Satelliten-Bühne und schreit ihren Schmerz, oder was auch immer, heraus. Ehrlich - mir haben die Ohren etwas weh getan. Aber alles in allem ein stimmiger Auftritt. Aber auch bei Zypern fällt es mir schwer, eine Prognose abzugeben.

Am letzten Sonntag hatte Dana International noch die große Diva raushängen lassen, in der zweiten Probe und vor allem in der brechend vollen Pressekonferenz aber war sie bester Laune. Sie sagte, dass es nicht ihr Wunsch ist, den ESC zu gewinnen, sondern einen schwerreichen Scheich kennenzulernen, der ihre ewige Jugend finanziert. Die anwesenden Journalisten und Fans brachte sie gekonnt immer wieder zum Lachen. 

Auf der Bühne überraschte sie bereits heute mit ihrem froschgrünen, geflochtenen Kleid von Gaultier. Die Backgroundsängerinnen sind alle in weiß gekleidet. Ich hatte viel Spaß, ihr zuzusehen! :-)

Den Preis für das schönste Bühnenbild bekommt von mir Frankreich. Wetterlagen von morgens bis abends, die mich immer wieder faszinierten und zuletzt ein wunderschöner Sonnenaufgang in starken Farben. Davor steht Amaury Vasilli mit kraftvoller Stimme alleine auf der Bühne und schmettert "Sognu", dazu wenige kleine Gesten, die großes bewirken - absolut Hammer!!! :-)

Ich würde ja fast schon sagen, dass Frankreich einem Sieg nach 34 Jahren immer näher kommt! Auch sonst ist Amaury stets locker und freundlich, kann aber auch eine gewisse Unsicherheit nicht verbergen. Das habe ich auch auf der Pressekonferenz gemerkt. Er erzählte, dass er von Frankreichs letzter Siegerin Marie Myriam ihren Glücksbringer bekam. Eine kleine Faust an einer Kette. Sie trug ihn bei ihrem ESC-Auftritt und nun soll er Amaury Glück bringen.

Italien brachte eine gute Probe zu Stande. Raphael Gualazzi sitzt wieder am Piano und wird von fünf Musikern begleitet. Einerseits freue ich mich sehr, dass Italien wieder dabei ist, aber ich habe schon eine Weile gebraucht, bis ich mich an diese Nummer gewöhnt habe. Ich stelle mir auch eine Platzierung im guten Mittelfeld vor. Mehr erwarte ich aber auch nicht. Schön ist aber das Hintergrundbild. Eine Pianotastatur wird gezeigt, auf der gespielt wird, hin und wiieder ist auch Rapahael selbst zu sehen.

Ich glaube, zu Blue muss ich nicht viel schreiben. Die vier haben es einfach drauf! In schicken Anzügen in blau-metallic absolvierten sie ihre erste Probe mit Links. Lee Ryan ließ lediglich die hohen Kopfstimmenparts hin und wieder weg, ansonsten aber fand ich alles super! :-)  Für Blue werden noch vier zusätzliche kleine LED-Wände auf die Bühne gestellt, auf denen abwechselnd die Jungs, Matrixbilder und der Titel "I can" gezeigt werden.

Auch die Pressekonferenz hielten die "Blues" sehr professionell ab. Ziemlich gutgelaunt erklärten sie, dass der ESC für sie der “World Cup of Music” sei und dass sie auch schon viel früher einmal angetreten wären, wenn sich die Gelegenheit ergeben hätte. Sie würden vielleicht sogar die Titelverteidigung in Angriff nehmen, sollte es in diesem Jahr mit dem Sieg klappen. Allerdings wollen sie erst einmal abwarten, wie Lena abschneidet.

Natürlich war Lena DER Highlight des Tages. Ich glaube, keine Probe war so voll besucht wie die von Lena. Entsprechend eng und fast kuschelig war es auch in dem, für uns Akkreditierte, abgesperrten Bereich. Am Anfang stehen Lena und die "Silberfischchen", wie die Tänzerinnen in den Latexanzügen hier gerne genannt werden in einem Lichtkreis. Ab Mitte des Auftritts sind auf der großen LED-Wand die Silberfischchen nochmal in Überübergröße zu bewundern. Am Ende werden auch Glasscheiben, zumindest auf der LED-Wand, zerbersten.

Zwei Schrecksekunden, da ich null darauf vorbereitet war. Mein mir entwichenes "Huch!" hat aber niemand mitgekriegt. :D Aber man sieht an dem Auftritt, wie sehr sich Lena seit Oslo doch weiterentwickelt hat. Wie wir letztendlich abschneiden werden, zeigt sich am Samstag! Aber ich bin guter Dinge, dass es zumindest eine gute Platzierung erreicht wird.

Aus Düsseldorf berichtet Tobias Ernst

Eric Saade nach der PK | Und auf der Bühne
Raphael Gualazzi für Italien | Lena beim Kuchen-Verteilen