Sonntag, 22. März 2009

Exklusiv: Mira Awad im Interview!


Die für den Eurovision Song Contest zuständige Rundfunkanstalt Israels, die IBA hat Anfang des Jahres die Entscheidung getroffen, die Kandidaten für Moskau intern zu nominieren. Die Wahl fiel auf Noa & Mira Awad, ein israelisch-arabisches Duo, das schon lange Jahre zusammenarbeitet und seit ihrer Nominierung einiges an Kritik in ihrer Heimat gefallen lassen muss.

Dabei zeigt die Zusammenarbeit der beiden erfolgreichen Künstlerinnen, dass auch trotz anhaltendem Nahostkonflikt ein harmonisches Miteinander möglich ist. Im Interview beantwortet uns der arabische Part des Duos, Mira Awad, einige Fragen zu ihrer Zusammenarbeit mit Noa, ihrem Wettbewerbsbeitrag "There must be another way" und der aktuellen Situation in Israel.

Mira, erzähl uns ein bisschen mehr über dich. Wie bist Du zur Musik gekommen?
Ich wurde in einem arabischen Dorf im Norden von Israel (in Galiläa) geboren und habe einen palästinensischen Vater und eine bulgarische Mutter. Ich bin das mittlere Kind und habe noch zwei Brüder.

Ich habe schon früh mit dem Singen angefangen, als ich neun Jahre alt war. Ich habe bei allen Gelegenheiten in meinem Dorf gesungen und als ich ein Teenager war, habe ich angefangen Texte zu schreiben und Songs auf der Gitarre zu komponieren, die ich mir gekauft hatte. Später habe ich zusammen mit einem anderen Jungen aus meinem Dorf und einigen Musikern aus Nazareth eine Rockgruppe gegründet. Wir nannten uns "Samana" ("Unser Himmel").

Als ich die Hochschule abgeschlossen hatte, bin ich nach Haifa gegangen, um dort an der Universität englische Literatur und bildende Künste zu studieren, aber ich habe den Abschluss nicht gemacht, weil ich vorher nach Tel Aviv gegangen bin um an der Rimon-Schule für Jazz und moderne Musik zu studieren. Ich war dort die erste arabische Schülerin.

Wo hast Du deine jetzige Duettpartnerin Noa zum ersten Mal kennengelernt und wie ist es zur Zusammenarbeit mit ihr gekommen?
Ich habe Noa vor acht Jahren kennen gelernt. Sie hat mich gefragt, ob ich ein Duett mir ihr zusammen für ihr internationales Album "Now" singen würde. Das Duett war eine Version des Beatles-Songs "We can work it out" und wir haben ihn bei vielen Auftritten auf zahlreichen Bühnen in Europa gesungen. Die Botschaft, die wir damit vermitteln wollten war, dass es immer eine Chance für die Versöhnung in unserer Region gibt. Später haben wir einen anderen Song ("A word") aufgenommen, den ich für mein Debütalbum "Bahlawan-Acrobat" geschrieben hatte.

Und wie kam es zu der Idee, mit Noa beim Eurovision Song Contest anzutreten?
Das israelische Eurovisionskomitee ist an Noa herangetreten und hat sie gefragt, ob sie Israel in diesem Wettbewerb vertreten möchte. Sie hat unter der Bedingung zugestimmt, dass sie mit mir an ihrer Seite singt, als Fortsetzung unserer gemeinsamen Reise. Und weil wir beide Sängerinnen und Songwriter sind, haben wir uns entschieden unseren Song selbst zu schreiben.

Ihr habt vier Songs beim nationalen Vorentscheid vorgestellt.Ja, wir haben vier verschiedene Lieder geschrieben, die alle etwas mit dem selben Thema zu tun haben: die Notwendigkeit, den Dialog zwischen den zwei Nationen fortzusetzen und den Glauben an die Möglichkeit, eine Lösung zu finden. Es war eine Liveübertragung und das Publikum konnte über ihren Favoriten abstimmen.

"There must be another way" hat den Vorentscheid gewonnen. Bist Du mit dem Ergebnis zufrieden?
Aber natürlich! Wir lieben den Song genauso wie die anderen. Es hat einen stimmigen Beat und eine starke und unmittelbare Botschaft, von der wir hoffen, dass sie so laut und klar wie möglich herüberkommt.

Kannst Du uns etwas mehr über den Song erzählen?
Die momentane Lage in unserer Region ist eine Situation voller Streitigkeiten und Blutvergießen. Aber wir denken, dass diese Strategien geändert werden müssen um dieses Blutvergießen zu stoppen. Und wir schlagen vor, das Denken und die Herzen für eine andere Sichtweise zu öffnen. Eine Option des ehrlichen Dialoges, durch den beide Seiten die Existenz des Anderen anerkennen und jeder die richtige Formel findet, um mit dem anderen ein Leben Seite an Seite zu führen. Es gibt einen Satz in dem Song, den ich sehr mag: "...and when I cry, I cry for both of us, my pain has no name!" Das bedeutet, dass wir uns auch für den anderen betroffen zeigen sollten und nicht nur für uns selbst.

Israel hat in der Vergangenheit bereits einige Friedenslieder zum Song Contest geschickt. Kann man euren Beitrag mit diesen Liedern vergleichen?
Ich glaube nicht, dass man eine acht Jahre andauernde Zusammenarbeit mit einem einzelnen Song, der zur Eurovision geschickt wurde vergleichen kann. Wir haben eine Geschichte, eine ernstgemeinten Absicht und eine Botschaft, die wir seit einer langen Zeit vermitteln und außerdem einen Friedensplan der aus drei Teilen besteht: das Existenzrecht des anderen anzuerkennen, sich für den Schmerz, den jeder von uns dem anderen in diesen 60 Jahren zugefügt hat, zu entschuldigen und das Land und dessen Ressourcen zu teilen.

Dein Duett mit Noa wird von verschiedenen Seite her kritisiert.
Na ja, die Kritik kommt von zwei verschiedenen Fronten. Die eine Seite besteht aus den jüdischen Fundamentalisten, die keine Araber als ihre Vertreter haben wollen und die es vorziehen würden, mich als Einwohner Israels loszuwerden. Die andere Seite ist der extreme linke Flügel, vorrangig der arabischen Gemeinschaft. Die Kritik dieser Leute stützt sich auf dem Verdacht, das Duett wäre einfach nur ein zynischer PR-Stunt von den israelischen Behörden, ihr Image vor einer internationalen Kulisse zu beschönigen. Ich kann dieses Misstrauen verstehen und respektieren ihren Gesichtspunkt, aber ich kann ihnen sagen, dass ich weder die Absicht hatte, noch plane ein Aushängeschild für irgendjemanden in diesem Streit zu werden.

Sprechen wir wieder über den Eurovision Song Contest. Haben die Vorbereitungen für euren Auftritt bereits begonnen?
Ja sicherlich, es gibt da noch eine Menge, das getan werden muss. Und wir versuchen uns in bestmöglicher Art und Weise vorzubereiten.

Was können wir in diesem Jahr von Israel in Moskau erwarten? Werdet ihr irgendwelche Gimmicks verwenden?
Ich muss dich leider enttäuschen, das Lied ist ein sehr ernstgemeinter Ruf nach etwas, das sehr wichtig für uns ist. Deshalb finden wir es nicht angebracht von sämtlichen Tricks und Gimmicks Gebrauch zu machen. Wir werden auch keine Backgroundsänger dabei haben, weil wir nur das Zusammenspiel von unseren beiden Stimmen möchte, die sich in ihrer Botschaft "There must be another way" vereinen.

Ihr singt den Song in drei verschiedenen Sprachen, was ist der Grund hierfür?
Wir haben uns entschieden, den Song auf Hebräisch, Arabisch und Englisch zu schreiben. Arabisch ist, für alle die es nicht wissen, die zweite offizielle Amtssprache in Israel, aber es ist das erste Mal, dass beide Amtssprachen Israel beim Song Contest vertreten werden.

Hast Du schon einige andere Kandidaten vom Song Contest 2009 gehört?
Oh ja, natürlich. Es gibt da einige sehr gute Songs und einige wirklich beeindruckende Darbietungen.

Hast Du selbst einen Favoriten?
Ich muss zugeben, dass Dänemark mein persönlicher Favorit ist. Ein gutaussehender Typ, ein gutes Lied und eine tolle Boyband hinter ihm, die einfach cool wirkt. Außerdem muss ich sagen, dass ich mich mit einem Kandidaten angefreundet habe, der gegen Noa und mich antritt. Das ist Krassimir Avramov, der Bulgarien vertritt, meine zweite Heimat. Ich finde es toll, mein Bulgarisch mit ihm über das Internet anzuwenden.

Und wie sieht es mit der Geschichte des Contests aus?
Als ich ein Kind war, habe ich die Eurovision geliebt, es war traumhaft. Ich war besonders vom Liveorchester fasziniert, dass es ja leider nicht mehr beim Wettbewerb gibt.

Erinnerst Du dich an einige Kandidaten aus früheren Wettbewerben?
Ich war völlig begeistert von Johnny Logan, erinnert ihr euch an ihn? Ich glaube er hat zweimal mitgemacht. Von den israelischen Liedern gefällt mir das Lied von Shiri Maimon am besten. Sie ist eine großartige Sängerin.

Werdet ihr vor dem Song Contest noch einige Promotionauftritte in anderen Ländern haben?
Wir haben noch bisher noch nichts geplant, aber das liegt daran, dass unser Zeitplan ziemlich voll ist, insbesondere der von Noa, die fast durchgehend mit ihrer Musik durch Europa tourt. Ich hoffe, dass wir trotzdem die Chance haben werden, ein bisschen Promotion zu betreiben.

Hast Du schon Pläne für die Zeit nach dem Eurovision Song Contest?
Ja, mein Album wird hier in Israel kurz nach dem Wettbewerb veröffentlicht und das Album von Noa und mir wird schon Ende April von Universal Music veröffentlicht.

Möchtest Du unseren Lesern in Deutschland zum Schluss noch etwas mitteilen?
Ich war mit der Theaterfirma für die ich als Schauspielerin gearbeitet habe in Deutschland und das Publikum war immer großartig und die Reaktionen so herzlich. Jetzt hoffe ich, dass ich möglichst bald als Sängerin nach Deutschland und Österreich kommen kann um meine Musik dort vorzustellen.

Ich möchte noch hinzufügen, dass ich das deutsche Lied auch sehr mag; die Fusion zwischen einem modernen Beat und dem Big Band-Sound ist wirklich toll und ich wünsche Alex alles Gute. Er ist ein wunderbarer Künstler.

Danke Mira für das Interview!