Freitag, 7. März 2008

Kommentar zum deutschen Vorentscheid


Deutschland - Das Endergebnis vom gestrigen Vorentscheid steckt einem immer noch irgendwie in den Knochen. Im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg siegten gestern die comeback-missglückten No Angels mit ihrem netten Popsong "Disappear" (siehe Video). Mehrere Quellen, unter anderem Spiegel Online berichten, dass sich Sandy, Nadja, Jessica und Lucy mit lediglich einem Prozentpunkt Vorsprung (50,5% vor 49,5%) vor Musicalsängerin Carolin Fortenbacher nach Belgrad retten konnten.

Ob die deutsche Grand Prix-Bilanz mit diesem Lied allerdings aufgebessert werden kann, mag arg bezweifelt werden. Zweifelsohne waren die No Angels eine erfolgreiche Casting-Girlband, die allererste, die durch so ein Format wie Popstars deutschlandweit bekannt wurde. Jedoch ist "Disappear" nicht mehr als ein schwaches Anknüpfen an frühere #1-Hits wie "Daylight in your eyes", "Something about us" oder "There must be an angel". Auf welchem Platz der Song heute in die deutschen Singlecharts einsteigen wird, erfahren wir um 12 Uhr.

Die Konkurrenz gestern war stark, es saßen vielleicht nicht alle Töne (bei Cinema Bizarre wohl auch der ein oder andere Ton mehr, man hatte ja krankheitsbedingt nicht die volle Leistung bringen können), aber ein Tommy Reeve am Klavier, ein bisschen Sommer-Feeling aus Hannover und eine starke Vorstellung, wie Grand Prix-Traditionsfans sie lieben, mit Windmaschine und purem Drama der erfahrenen Carolin Fortenbacher, werteten die Vorstellung insgesamt auf.

Der Zuschauer am Fernseher, insgesamt gab es davon rund 3,47 Millionen (im Vergleich zum Vorjahr ein Verlust von über einer Million Menschen), sah eine Show in angenehmer Umgebung, mit dem laut tobenden Carolin-Fanclub auf dem Rang und interessanten Gästen, die Paten für einen der fünf Beiträge spielten. Kim Fisher schmachtete Tommy Reeve hinterher, Katja Ebstein berichtete über ihre Erlebnisse bei drei Grand Prix-Teilnahmen und feuerte nebenbei Carolin an und Olli Pocher, nun, war Pate für Marquess, dennoch aber irgendwie so fehl am Platz wie ein Uncle Sam im Irak.

Schillernde Grand Prix-Stimmung kam ohne Frage beim Beitrag "Hinterm Ozean" auf. Man muss kein Musical-Fan sein um festzustellen, dass Carolin Fortenbacher, die für den Vorentscheid kurzerhand ihren Vornamen ablegte, einen souveränen und grandiosen Auftritt hinlegte, das Saalpublikum in Grund und Boden sang und dabei noch gegen die Windmaschine kämpfte, wie es bereits die großen Damen der jüngeren ESC-Geschichte (Anna Vissi, Carola, ...) taten und damit nicht schlecht abschnitten.

Es reichte letztlich dann doch nicht für das große Drama, sondern für die No Angels. Nun möchte man auf Punkte aus Bulgarien spekulieren, da Lucy ja Bulgarin ist, nun möchte man Punkte aus Frankreich, Polen, Finnland, Albanien, weil man ja früher auch internationale Erfolge feiern konnte. Doch ob das alles realistisch ist, möchte man bezweifeln. Am Outfit muss etwas getan werden, sonst endet man wie einst diese fröhliche Gruppierung aus Portugal im Semifinale 2006, unter "Ferner liefen...". 

Vielleicht rede ich das Ergebnis der Vorentscheidung auch einfach nur schlecht. Allerdings darf man jetzt schon davon ausgehen, dass die No Angels in Belgrad kaum größere Chancen als Roger Cicero und Texas Lightning in den Vorjahren haben werden und Osteuropa in diesem Jahr nichts dafür kann. Wir sollten uns mit einer Platzierung um Rang 20 begnügen und hoffen, dass es "Disappear" nicht ganz so schlecht ergeht wie 2005 "Run and hide", deren Interpretin, so sehr ich sie ja auch mag, auch aus einer Castingshow hervorgegangen ist und die Finalrunde beim Vorentscheid knapp gewann.